
Die große Geste mit nach vorne gedrückter Brust, weit offenen Armen und diesem zackigen Hals-recken und Augen aufreißen: das können so nur die Artisten aller Geschlechter im Zirkus! Und natürlich lächeln sie dabei ihr strahlendstes Lächeln ins Rund! Es ist also wieder Zirkus-Zeit. Aber nicht irgendeine, sondern die des Dresdner Weihnachtscircus in seiner 26. Auflage, in der alles wie immer und doch vieles anders ist, und wo es bei der Premiere Riesenbeifall gibt – gar nicht mal so wenig sogar für Artisten, die gar nicht aufgetreten sind.
Was also ist gleich? Na klar, der Dreiklang von Menschen! Tieren! Sensationen! Zwei Menschen fliegen mit dem Schwung ihrer Kollegen übereinander hinweg (Truppe Ethiopia), zwei Aras brettern durchs große Chapiteau, landen wie vereinbart auf den Armen von Laura Urunova und brauchen dafür keine externe Hilfe. Manchmal sind Tiere den Menschen eben überlegen. Dem dankbaren Dresdner Publikum ist das wurscht: es gab für alle den verdienten Beifall! Und, was besonders angenehm auffiel, das auch, wenn mal etwas nicht 100prozentig klappte. Also nicht bei den Papageien, die fliegen ja als wenn es nüschte wäre. Aber bei den fliegenden Menschen, die auf einer dann doch manchmal etwas wackligen Menschenpyramide zu landen hatten. Fehlerverzeihend geht also – sollte man sich merken, auch außerhalb der Manege!
Die Zirkusstadt auf dem Volksfestgelände ist eine nette Zeltlandschaft: Vorzelt, Erlebniszelt, natürlich das Grand Chapiteau, neuerdings auch ein Toilettenzelt (also: eins, in dem die Örtlichkeiten sind, keine(r) muss Angst vor Open Air haben!). Ins Hauptzelt passen 2.400 Menschen – und alle können wenigstens auf Schalensitzen Platz nehmen (früher, als es noch Bänke gab, musste man gegebenenfalls ganz schön die Rückenmuskeln trainieren – ob man wollte oder nicht. War eben doch nicht alles besser!). Je teurer das Ticket, desto besser sitzt man. In den Premium genannten Kategorien (Loge, Parkett oder Sperrsitz) sitzt man auf gepolsterten Stühlen und hat seinen nummerierten Platz, was sehr stressbefreiend wirken kann. Pro-Tipp: Online gibt es die Tickets, und sie kosten an unterschiedlichen Tagen und Zeiten unterschiedlich viel. Ein wenig Geklicke hilft da ggf. Geld sparen!
Über 37 Künstler, Artisten und Tierlehrer aus zehn Nationen gestalten den Abend in 14 unterschiedlichen Darbietungen, umrahmt und begleitet von einem Orchester mit 10 Musikern. Mit dabei sind über 20 Tiere: Papageien und Hunde (beides Laura Urunova), Pferde (die Gionas aus Italien)und Elefanten (Elvis Errani and Cvetomira Kirova-Errani) – und es geht bei den Tiernummern betont sanft und legere zu. Manch Hund oder Katze zu Hause haben es wahrscheinlich nicht so gut… Und ja, natürlich geht es im Zirkus (und bei anderen Artisten-Shows) gerne an die Grenze des Machbaren. Wer trägt seine Partnerin denn im wirklichen Leben® an einem Seil, das er im Mund hat? Flash of Splash machen das, und auch sonst ist das alles sehr spektakulär da oben unterm Zirkuszelt. Oder wer läuft schon in reichlich 15 Metern Höhe kopfunter von Schlaufe zu Schlaufe? Alex Michael macht das – und dass er mal eine Schlaufe verpasst, erhöht durchaus den Nervenkitzel. Kopf nach unten und oben unterm Zirkuszelt kann auch Romy Michael, und sie jongliert dabei, als ob es nichts wäre – unsereiner könnte das nicht mal aufrecht stehend auf sicherem Boden schaffen. Auch sollte man außerhalb der Manege und mit reichlich Training nicht versuchen, mit dem Messer auf die Frau zu werfen – wobei das Geheimnis des Duos The Jasters ja eben darin besteht, dass Jacomo Sterza gezielt neben seine Partnerin Elena Busnelli zielt und dieses Neben auch trifft. Eigentlich gab’s nur eine Nummer, die für die eigenen vier Wände geeignet ist: Josefine Richter sang Weihnachtslieder. Dusch- und Badewannensängern ist doch egal, ob sie die Qualität der jungen Sängerin erreichen.
Es ist eben: Zirkus!
Dresdner Weihnachtscircus, seit dem 15. Dezember und noch bis zum 07. Januar 2024
Volksfestplatz an der Pieschener Allee, gegenüber dem Ostragehege
PS: Die Artisten, die nicht auftraten und dennoch Beifall erhielten, waren die Flying Royals aus Amerika – sie waren da, aber ihr Equipment kam erst knapp vor der Premiere. Mittlerweile sind sie dabei.
PS2: Alle Fotos von Michael Schmidt (lieber gute als eigene, gell?)
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