San Trovaso

Venezianische Impressionen (8)

Wir kamen vom anderen Ufer. Da war’s auch sehr schön, aber wir hatten ein Ziel – bzw. korrekter: zwei Ziele. Zum einen wollten wir bei langsam blau werdendem Himmel noch einmal eine der übrig gebliebenen fünf alten Gondelwerften der Stadt ansehen, die ein sehr idyllisches Bild abgibt: Squero, die Werft, also Squero San Trovaso.

San TrovasoDie klassische venezianische Gondel ist schwarz, etwas mehr als zehn Meter lang und 1,50 Meter breit. Eine Menge Handarbeit steckt drin, bis die 280 Teile einer Gondel korrekt verbaut sind, und der Preis von irgendwo zwischen 15.000 und 25.000 Euro lässt sich auch nicht unbedingt aus der Portokasse bezahlen. Allerdings scheint die Rendite hoch genug zu sein: 80 bis 100 Euro für eine Gondeltour sind ja auch nicht gerade wenig, und die viel besungene Romantik ist in diesem Preis garantiert nicht inbegriffen: Eine Fahrt mit la Gondola ist so individuell wie eine Kirmesfahrt in der Raupe. Wer Glück hat, bekommt einen hübschen Gondoliere, oder wenigstens einen der coolen Sorte mit schwarzer Brille und so. Aber einen singenden, der einen mutterseelenallein in den Sonnenuntergang hineinsteuert, dürfte man nur im Traum oder romantisierenden Berichten finden.

Cantine del Vino gia SchiaviZiel Nummer zwei liegt schräg gegenüber der Gondelwerft und ist eine der typischen Bars, in denen es immer sehr angenehm zugeht. Cichetti und Ombra – kleine (und wenn man’s richtig gefunden hat: feine) Leckereien und ein (leider auch kleines…) Glas Wein gibt es – wobei man die in der Regel sehr netten Menschen hinter der Theke, an der man zum Bestellen steht, durchaus um ein größeres Glas bitten darf. Sie bekommen dann glänzende Augen, und wenn man dann auch noch einen richtig guten Wein bestellt, hat man einen neuen Freund!

Cantine del Vino gia SchiaviWir haben viele neue Freunde gewonnen – und ich wüsste nicht, wo es nun wirklich am schönsten war. Aber zur „Cantine del Vino gia Schiavi“ würde ich immer wieder gehen. Dafür gibt es genau drei Gründe. Die Lage ist der erste: Direkt am Kanal mit Blick auf eine Brücke, eine Kirche und eine Werft – mehr Venedig kann man sich kaum wünschen. Bei gutem Wetter steht man draußen und blickt aufs (ins…) Wasser, schwatzt miteinander und den anderen, die hier zwangsläufig ähnliche Einstellungen zum Leben haben. Sie haben etwas mit Genießen können zu tun, mit Zeit haben, mit miteinander reden.

Cantine del Vino gia SchiaviDer zweite Grund ist die Qualität der Cichetti. Da liegen sie in der Theke und – nein, Quatsch, sie lächeln einen nicht an: Essen lächelt nicht. Aber die Verkäuferin lächelt. Der Laden brummt (auch so ein komisches schräges Bild, wenn man drüber nachdenkt. Bären brummen, Läden tun das, was Cichetti tun – sie sind einfach da!) – also, der Laden ist rammelvoll. Also sollte es, rein umsatztechnisch, schon ein wenig vorangehen. Aber Senorina lächelt und gibt auch uns eine Chance, die wir am liebsten von allem etwas hätten, dann aber platzen würden, weswegen wir es vorziehen, kontrovers zu diskutieren. Aber was soll man nehmen, wenn es mehr als 30 gut aussehender Häppchen gibt: Fisch, Käse, Wurst – alles! Auf Brot und in der Not auch einfach so.

Cantine del Vino gia SchiaviDanach wird’s nicht einfacher – das Weinangebot ist ebenfalls gigantisch. Hier bleibt aber immer noch die Möglichkeit (nein, nicht: alles durchzuprobieren…), den Hauswein zu verlangen. Das ist eigentlich für zwischendurch nie eine schlechte Wahl… So haben wir es dann also auch gemacht, was eine gute Idee war.Italiener kommen übrigens zu den lustigsten Zeiten hierhin: Vor dem Essen, beispielsweise. Um zu entspannen, wahrscheinlich. Um zu schwatzen, offensichtlich. Und bei vielen hatte ich den Eindruck: Einfach nur so, weil es nett ist…

1 Trackback / Pingback

  1. S. Giorgio Maggiore | STIPvisiten

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*