Alles Bio – oder was?

Goldenes Fass

Die geschätzte Kollegin war Anfang des Jahres in einem Restaurant, was ihr außerordentlich gefiel, und so lobte sie es. Im Blatt sowieso, aber auch im persönlichen Gespräch. Also mussten wir da auch hin – zumal das Goldene Fass das erste Bio-zertifizierte Restaurant in Meißen ist. Auf der Karte signalisieren etliche Gerichte mit dem vorangestellten „BIO“, dass hier jede Zutat nachweislich biologisch erzeugt und dokumentiert ist. Wenn’s dann auch noch schmeckt, wäre das ja perfekt!

Der Test am Tisch ließ sich gut an: Es gab selbst gebackenes Brot und offensichtlich ebenfalls hausgemachtes Entenschmalz. Beides von der Sorte süchtig machend, und unsere Hoffnung, nach zwei Scheiben Brot nicht länger verführt zu werden, löste sich mit der Frage „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ im bauchfeindlichen Sinne auf.

Die Weinkarte listet hauptsächlich Sächsisches, und mit dem Angebot Prinz LippeSchuh und Hanke fährt man nicht schlecht. Viele Weine werden auch offen angeboten, was uns vor allem bei besseren Qualitäten immer besonders freut. Lediglich bei Rotweinen ist die Auswahl mager – zu einem Entrecôte wollte keiner so recht passen. Aber der bestellte Kerner vom Weingut Hanke passte zu Beginn des Abends erst einmal ganz gut!

Der „Ziegenkäse im Schinkenmantel vom Meißner Schwein zart angebraten an einem frischen Frühlingssalat mit unserer Preiselbeervinaigrette“ war fein und harmonisch im Geschmack. Zum Meißner Schwein, das aus der nahe gelegenen Lommatzscher Pflege stammt und – so lange es noch lebt – ein großrahmiges Schwein mit Schlappohren ist, hatten wir uns schon in der sehr informativen Menükarte schlau gemacht. Dass der Schinkenmantel kross und schmackhaft war, stand da nicht, aber das wissen wir nun auch.

Unsere beiden Hauptgänge waren beide als bio klassifiziert: „Gekräuterte Schweinefiletspitzen in Kamut-Campanelle-Nudeln mit Frühlingslauchröllchen und frisch gehobeltem Bergkäse“ (12,90 €) boten eher solides Mittelmaß, nichts Besonderes. Kräuter an den Filetspitzen habe ich definitiv nicht geschmeckt und dort auch nicht gesehen.

„Rosa gebratenes Entrecôte vom Biohof Vorwerk Podemus an grünen Bohnenbündchen und Korianderrahmkartoffeln dazu unsere hausgemachte Kräuterbutter“ (19,90 €) riss den Gesamteindruck auch nicht hoch: Schwer zu sagen, ob es am Entrecôte spendenden Tier, dem Metzger oder dem Koch oder an allen Dreien lag: Es war zäh und auch nicht von jener zarten rosa Beschaffenheit, die bei schonendem Garen erreicht wird, sondern eher außen kross und ganz im Innern rot, dazwischen ein Farbverlauf. Das Bohnenbündchen kam nicht als Bund auf den Teller – was nicht weiter schlimm ist, wenn die gelieferten Bio-Bohnen nicht die richtige Länge haben. Aber warum dann derlei Küchenpoesie? „Was soll das ganze Gerede um Bio, wenn die Qualität nicht stimmt?“ fragte neulich jemand im ganz anderen Kontext. Darüber mussten wir lange reden an diesem Abend. Notierenswert allerdings die gute Reaktion des Service, der zwischendurch routinemäßig fragte, ob alles in Ordnung sei – und nach der ehrlichen Antwort anbot, ein anderes Fleischstück zu bringen.

„Hausgemachter Apfelstrudel von der Liegauer Streuobstwiese mit einer Kugel von Neumann´s Bratapfeleis und Sahnetupfer“ (5,20 €) versöhnte nur bedingt, weil der Strudel alles andere als hauchdünn und knusprig die köstlichen Liegauer Streuobstäpfel umschlang – und bei den drei Tupfern hegten wir übelsten Sprühsahneverdacht. Das Bratapfeleis freilich war ein Gedicht.

Apropos Gedicht: Nebenan feierte Ursel mit der Familie ihren 60. Geburtstag, und wir durften uns mehrere Reden anhören – alle in Reimesform, so in der Art von „Kaum zu glauben aber wahr: unsere Ursel wird heut 60 Jahr“. Na toll!

Goldenes Fass
Vorbrücker Str. 1
01662 Meißen

Tel: +49 3521 719200
http://goldenes-fass-meissen.de

Geöffnet
montags bis samstags ab 17.00 Uhr, Sonn- und Feiertage ab 11.00 Uhr

[Besucht am 13. März 2010 | Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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