Kombinationen unterschiedlichster Geschmäcker

Kochsternstunden im Restaurant VEN

VEN

Nichts ist beständiger als der Wechsel, schon gar nicht in der Gastronomie und Hotellerie. Die einen gehen, die Neuen kommen. Wir gingen, das muss ich einfach mal so schreiben, mit gewissem Zweifel ins VEN – war doch Christoph Mezger ein Garant für zielsicheren Geschmack. Nun gibt’s (seit Januar) einen Neuen: Marcus Danner. Den wollten wir kennenlernen – und das geht im VEN ja nicht nur übers Essen, sondern traditionell auch persönlich, denn nach wie vor gibt’s den Gruß aus der Küche in der Küche. Also genossen wir den appetizer am Pass, schwatzten ein wenig (es war früh am Abend, noch nicht viel los – da mussten keine Gäste drunter leiden!) und machten dann am Tisch weiter.

Da hatte unsere Lieblingsbedienung vom Besuch 2012 schon mal frisches Brot gebracht, das in einem Glas auf heißen Steinen liegt, was verrückt klingt, aber praktisch ist: warmes Brot macht sich gut, zumal wenn dazu ein gutes Öl und eine fantastische Kräuterbutter mit Salz gereicht werden. Über das bis zur Grenze der Unnutzbarkeit gestylte Besteck hatten wir uns ja schon früher aufgeregt, das lassen wir dann und erfreuen uns eher daran, dass wir so überaus freundlich-charmant und wissend bedient werden. Und so kamen wir dann auch in den Genuss von passenden Weinen zum Kochsternstunden-Menü (3-Gang 36€, 4-Gang 46€), und zwar durch die Bank ordentliche!

Los ging’s, weinmäßig, mit einer 2012 Cuvée nur fürs VEN von Schloss Proschwitz in Meißen/Sachsen. Grauburgunder und Müller-Thurgau (0,15l für 7,50 €), sehr frisch und ein perfekter Begleiter zur Vorspeise: Frühlingsboten: Spargel-Rhabarbersalat, Ziegenquark & Kamenzer G´röstl. Diagonal über einen (irgendwie merkwürdig anmutenden) schwarzen Teller gelegt war dies eine Kombination unterschiedlichster Geschmäcker – wobei so wirklich kräftig nur die Kamenzer schmeckte. Zwei von drei Rhabarberstückchen waren jahreszeitlich dünn im Geschmack, der grüne Spargel gab sich auch sehr zurückhaltend. Da geht noch mehr! dachten wir – und sollten Recht behalten, denn Winterkabeljau konfiert in Lausitzer Leinöl, Spinat & Brandade, Leinsamen waren ein erstes Highlight. Da passte alles: Skrei richtig gegart, Spinat sehr sehr würzig (so einen brauchen die Kinder, dann lieben sie ihn!), gutes Leinöl und auch Dank des Schaums mit den Leinsamen obenauf optisch nett anzusehen (wieder ein außergewöhnlicher Teller: So eine Art Brücke. Gefiel uns!). Der dazu empfohlene 2012 Oak & Steel Chardonnay vom Weingut Lergenmüller in der Pfalz (0,15l für 8€) versetzte uns ein wenig in Wallung und wir schwärmten: Das Zeuchs müsste nicht Tschardon-nee, sondern eindeutig Tschardon-ja! heißen. Die Brüder Lergenmüller, die sich mit diesem Wein als Pirates of the Palatinum andienen, sind auf jeden Fall be-merkenswerte pfälzische Piraten!

Zum Hauptgang: Weide & Lamm – Lammhüfte: Sauerbraten, Lammrücken: Bautzner Senf & Liebstöckel-Kruste, Pilze: mariniert & roh, Frühlingsgemüse (ja, so heißt der!). Aus dem Lammrücken genossen wir zwei zarte, wahrscheinlich im Sous-Vide-Verfahren gegarte Stücke (anders ist das so zart kaum hinzubekommen). Perfekte Kruste, auch optisch mit dem Liebstöckelgrün ein feiner Kontrast zum Lammrot. Beim Sauerbraten gingen die Geschmäcker auseinander. Sie: Etwas zu trocken. Er: feine Säure – und gegen die Trockenheit helfen doch Sauce und Wein. Der kam aus Südafrika und gehört in die Schublade: Netter Begleiter, aber den müssen wir nicht nachkaufen (2013 Cabernet Sauvignon Drostdy Hof, fürs Archiv des guten Geschmacks. 0,15l für 7,50€).

Beim Dessert erlebten wir binnen kurzem nun schon den zweiten Versuch, den Inbegriff Dresdner Kuchenkultur neu zu erfinden. Es gab Eierschecke – Dekonstruktion & Interpretation eines Klassikers. Zum Original merkte Erich Kästner – ein Dresdner, natürlich – einmal an: „Die Eierschecke ist eine Kuchensorte, die zum Schaden der Menschheit auf dem Rest des Globus unbekannt geblieben ist.“ Das ist einige Zeit her, nun also sind die Spielereien auf dem Vormarsch. Im VEN schlängelten sich die Bestandteile, fein säuberlich voneinander getrennt, diagonal über den Teller – und schmeckten erfrischend. Kann man so machen, zumal im Zusammenklang mit 2011 Kalk.Stein.Scheu, einer Scheurebe Auslese vom Weingut Uwe Spies, Rheinhessen (5 cl für 5€). Zum Espresso danach gab’s dann zum Vergleich ein Stück der echten Eierschecke. Auch nicht schlecht…

Als wir gingen, waren wir uns einig: Der Neue macht’s anders als sein Vorgänger, eher mit mehr Bodenhaftung. Aber unsere Bedenken hatten sich zerstreut. Preis-Genuss-Verhältnis: Durchaus in Ordnung. Lediglich die Wein-Preisgestaltung im Haus muss ich leider immer wieder geißeln. Bis sie besser wird: Einen ganz normalen Wein, den ich als Endverbraucher in Dresden für 5,99 € die Flasche bekomme, im überschaubaren 0,15l-Glas für 7,50 € anzubieten, erscheint mir ein wenig zu üppig kalkuliert.

VEN restaurant & bar
INNSIDE by Meliá Dresden
Rampische Straße 9
01067 Dresden

Tel.: 0351 | 795 151 021
www.ven-dresden.de

Öffnungszeiten:
täglich von 18.00 Uhr – 22.30 Uhr

[Besucht am 20. März 2014 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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