Drei Wanderungen für Kurzentschlossene

Windberg bei Freital / Moritzburg / Kaitzbach

Am Windberg

Die Tage, sagt man, seien kürzer im Winter. Mathematisch ist das natürlich Schwachfug, der Tag hat immer 24 Stunden. In etwa. Was der Volksmund allerdings haarscharf beobachtet und gut auf den Punkt gebracht hat: Sonnenaufgang (in Dresden zur Weihnachtszeit) kurz nach acht, Sonnenuntergang kurz nach 16 Uhr – da bleiben theoretisch nur acht Stunden Zeit, in denen es helle ist. Praktisch kann’s aber sein, dass es immer ein wenig nebulös-düster bleibt. Da tut es doch gut, wenn man knackige kurze Wanderungen kennt, bei denen man den mittäglichen Sonnenhöhepunkt voll nutzen kann.

Windberg

Lieblingsmotiv am OstersonntagDer Windberg bei Freital ist unser Lieblingsort für Wanderspaziergänge im kleinen Schnee. Im Dezember 2009 zum vierten Advent bei strahlendem Sonnenschein, im Jahr davor zu Ostern – weil es vorher nicht geschneit hatte und just am Ostersonntag Petrus dem ollen Goethe ein Schnippchen schlagen wollte. Dieses Jahr rieselte es leise erst am zweiten Weihnachtsfeiertag, aber am Tag drauf ging’s schon ganz ordentlich. Also auf zur Windbergrunde! Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, diese Runde zu beginnen – wir wählten eher zufällig eine, die auch mit den Öffentlichen erreichbar ist (zum Busbahnhof 800 Meter).

WindbergDer Windberg ist nicht so arg hoch – 353 Meter. Und der Weg hoch zieht sich gemütlich einmal halb um den Berg auf nahezu gleicher Höhenlinie, dann gibt’s ne Kehre und es steigt gemächlich an. Das Tierheim, am Kläffen unschwer zu überhören, war mal das zentrale Verwaltungsgebäude (das Huthaus) des Windberg-Schachts: Im 19. Jahrhundert gab es hier Steinkohlebergbau – ach was, nicht nur da: in der Gegend wurde von 1542 bis 1967 der Erde das schwarze Gold entnommen. Am Denkmal zu Ehren von 276 Bergleuten, die in der Zeche Segen Gottes am 2. August 1869 ums Leben kamen, gibt es eine Übersichtstafel, europäisch gefördert und mit laxem Umgang der Jahreszahlen, damit das Jubiläum rund wird. (Auf unserem diesjährigen Rundweg kamen wir da nicht vorbei, aber auch dort kann man starten. Rund ist rund…)

Das schönste des Wanderspaziergangs um und auf den Windberg ist die relative Ruhe: Meistens ist man allein unterwegs. Auf dem Gipfel (naja, oben auf der Kuppe) allerdings ist man quasi nie allein: Das König-Albert-Denkmal, das den Windberg noch einmal um 17 Meter erhöht, ist erklärtes Ziel aller hier Rumspazierenden. Aber man muss ja nicht lange dort verweilen: Zwar rühmen viele Quellen die hervorragende Aussicht in nahezu alle Himmelsrichtungen außer Osten – aber sie wirklich schön zu nennen traut sich kaum jemand. Freital ist halt geprägt durch nicht so viele hübsche Bauten in ansehnlicher Landschaft.

Wir machen uns von hinnen und wählen einen etwas steileren Abstieg, damit der Weg eine Rundwanderung wird. Und natürlich sind wir, mit Ausnahme zahlreicher Vögelchen, wieder allein unterwegs…

Kleine Windberg-Runde

 

Moritzburg

Schloss Moritzburg am Feiertag ist etwas für Menschen, die sich in einer Sprottendose wohl fühlen würden. Aber die Teichlandschaft rund ums Schloss und der weitläufige Park hinterm Schloss sind deutlich weniger überlaufen. Unsere Rundtour beginnt (und endet: rund!) nahe der Churfuerstlichen Waldschaenke – da gibt’s einen öffentlichen (und kostenfreien!) Parkplatz. Nicht weit ist es bis zum ersten Hingucker, dem Fasanenschlösschen. Im Winter fehlt freilich einiges: Geöffnet ist das Jagdschlösschen von August dem Starken nur vom 1. Mai bis zum 1. November, und selbst dem Mandarin oben auf dem Dach scheint’s zu kalt zu sein – er ist nicht da.

Frosty the SnowmanAber der Leuchtturm steht natürlich noch! Seit er 1775/76 mitsamt Mole gebaut wurde, ist er eine sächsische Merkwürdigkeit: Ein Leuchtturm mitten im Land. Na gut, es gibt hier andere Verrücktheiten, da ist ein Leuchtturm ja noch was Positives. Ein kleiner dicker Schneemann begrüßt uns (Achtung: den nach Tauwetteranbruch nicht mehr suchen, da verdünnisiert er sich!), und nicht weit weg lodert ein Korbfeuer: Die Ausspanne organisiert hier Glühwein, alkoholfreie Heißgetränke sowie Bratwurst und derlei Dinge. Wir lieben ja Pausen gleich zu Beginn unserer Unternehmungen! Der Wasserstand an der Mole war übrigens mal deutlich höher: 1910 senkte man ihn um anderthalb Meter – unter anderem der Fischzucht wegen. Aber so erhaben überm wenigen Wasser macht sich der Leuchtturm ja noch skurriler – außerdem haben wir an der Nordsee ja auch mal Ebbe…

Nun aber genug der Menschen, lasset die Natur mal herein! Der Teich mit dem Leuchtturm heißt Niederer Großteich Bärnsdorf, und den umrunden wir jetzt! Ein Damm trennt den „niederen“ vom „Großteich“ ohne Atribut, dann geht’s ab in den Wald – und wir sind fast allein. Ein Pferd kommt uns entgegen (mit Reiterin), das war’s. Außerdem gibt es statt richtiger Schiffe nur noch Schwäne auf dem Teich, weil Fregatten wie anno 1776 ja nicht mehr genug Wasser unterm Kiel haben (die Geschichte dazu kennt die Wikipedia).

LössnitzdackelMit etwas Glück ereilte uns aber die Begegnung mit jenem Dampf speienden fauchenden und schnaubenden Ungeheuer, das sie hier verniedlichend Lößnitzdackel nennen. Die Schmalspurbahn in der Spurweite von 750 mm verkehrt zwischen Radebeul Ost und Radeburg mit prominentem Halt in Moritzburg – und in Bärnsdorf. Da der Wanderweg hier parallel zu den Gleisen verläuft, kann man sich auf das am Bahnhof wartende Motiv einschießen. Man kann natürlich auch die Zeit damit verplempern, unbeabsichtigt am Rad zu drehen und die ISO-Zahl der Digitalkamera unbeabsichtigt auf sensationelle 25.600 hochzuschrauben, was zu körnigen Ergebnissen führt.

Verlassen wir am Bahnhof (der heute nur noch ein Haltepunkt ist) die Schmalspurbahn, erreichen wir auch gleich die Teichwirtschaft Moritzburg, den Herren über Karpfen, Schleie, Hecht, Wels, Stör, Barsch, Forelle und Lachsforelle. Still ruht hier der See, so richtig Hollebolle ist aber immer am letzten Wochenende im Oktober, wenn beim Fisch- und Waldfest in Moritzburg das Wasser zu einem Großteil abgelassen wird und die Karpfen abgefischt werden. Wobei: Verzehrsaison ist jetzt zum Jahresende. Meine Oma pflegte jedes Jahr zu Silvester einen Karpfen zu essen und sich eine Schuppe ins Portemonnaie zu legen – „damit es nie leer ist“ war ihr Argument. Bekanntlich stinkt Geld nicht, aber wie das wohl mit Karpfenschuppen ist?

VogelflugMit schönen Ausblicken übern Teich zum Fasanenschlößchen und Leuchtturm linker Hand und übers Feld zu Vogelflugformationen (große Freude und Überraschung: vor blauem Himmel!) geht’s weiter Richtung Frauenteich, den wir rechts liegen lassen. Ein Aussichtspunkt (Beobachtungskanzel genannt) animiert zur Beobachtung des reichhaltig vorhandenen Lebens am Teich: Zu den Brutvögeln gehören Kranich, Rohrdommel, Rohrschwirl, Bartmeise, Beutelmeise und Schilfrohrsänger, regelmäßig werden hier See- und Fischadler beobachtet. Aber im Dezember ist keine Brutzeit, so dass es beim Blick gen Bärwalde bleibt, dessen Kirchturm gelb aus der nun wieder milchigweißen Landschaft herausragt. (Und ja, da war noch was in Bärwalde – müssen wir mal wieder hin!)

Der nun einsetzende Rückweg zum Ausgangspunkt der Tour ist unspektakulär, es sei denn, dass man die umzäunte Ruine des Hellhauses, zu dem alle Alleen im Park führen, als einen Höhepunkt bezeichnet, nur weil sie ein wenig höher liegt. Früher war hier wirklich mal ein Mittelpunkt: Bei Parforcejagden stand auf dem Dach ein Beobachter und zeigte den Jägern, in welche Richtung das Wild floh. Auch ohne Jagd könnte man sich das Haus von 1787 an so markanter Stelle schöner vorstellen als eingezäunt…

Moritzburger Teiche

 

Kaitzgrund

KaitzbachDer Kaitzbach war mal ein ganz wichtiges Gewässer für Dresden: Hier stand die Münze der Stadt, es gab zahlreiche Mühlen (und auch Dreck aus dem Bergbau bei Coschütz fand seinen Weg hier entlang Richtung Elbe). Der Kaitzbach ist unser Hausfluss, da Altmockritz an seinen Gestaden liegt. Also stiefeln wir mal bachauf, mal bachab für kurze Runden hier gerne lang. Aus diesem Grund lief das GPS auch erst mal nicht mit, als wir in Altmockritz starteten – bis wir einen eher seltenen Teil der 1001 Möglichkeiten für Kurzwanderungen begannen. Am Zschaukebach sind nämlich neue schöne Wanderwege entstanden, als die Autobahn A17 nach Prag die Landschaft veränderte.

Gimme some blueAuf dem Weg nach Boderitz lohnt sich immer mal ein Blick zurück: Dresden im Tal und dann wieder aufsteigend das Schönfelder Hochland, das bei unserer Wanderung zuerst Neid aufkommen ließ: dort schien die Sonne, bei uns nicht. Das sollte sich allerdings kurzfristig (und nur für kurze Zeit) ändern, so dass auch mal Fotos in Farbe und nicht in grau-weiß entstanden. Man hört leider das Rauschen der Autobahn, die hier oberirdisch verläuft, mehr als das Rauschen der beiden Bäche (zumal der Kaitzbach hier unter dem Monte Scherbelino, der renaturierten Coschützer Abraumhalde, entlang geführt ist).

Man sieht die sehr stimmungsvolle Bebauung von Kleinpestitz: Einfamilienhäuser vor einer Reihe von Fünfgeschossern vor einer Reihe von Sechsgeschössern. Sehr adrett und mittlerweile wenigstens nicht mehr im Einheitsbraungrau. Da loben wir uns den alten Dorfkern von Altmockritz, den wir nun wieder ansteuern (und wer nicht das Glück hat, hier zu wohnen: Es gibt eine Einkehrmöglichkeit und auch ÖPNV-Verbindung mit der 63 und 66 (vier Minuten Anmarschweg runter zum Bach).

Am Kaitzbach

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