Vielfalt der Aromen und Texturen

Kochsternstunden 2017: Restaurant Moritz

Restaurant Moritz

Es klingt ja erst einmal wie ein Wortspiel, wenn man im Kochsternstunden-Begleitheft liest, dass „Chefkoch Roger Alliger und sein Team [die Gäste] mit kreativen Gerichten der gehobenen regionalen und internationalen Küche“ verwöhnt. Gehoben klingt gut, schließlich ist das Restaurant das am besten versteckte in Dresden: Man muss wissen, wo es ist und kommt selbst mit dem entsprechenden Wissen nicht einfach so hoch in die fünfte Etage vom Hotel Suitess, sondern muss am Empfang um Begleitung zum Fahrstuhl bitten: Nur das Personal hat den entsprechenden Schlüssel. So was macht es dem Team des Restaurants nicht leicht, Laufkundschaft ist da ja nahezu ausgeschlossen. Aber offensichtlich sind die Dresdner (und die Gäste der Stadt) clever genug: das Restaurant war gut belegt – und wie wir sehr schnell merken sollten, könnte man es erstaunlich knapp mit wohl verdient zusammenfassen.

Wir sind ja an so Abenden schnell glücklich zu machen. Allein die Frage, ob es ein Glas Champagner zur Begrüßung sein dürfe, zaubert ein Leuchten in die Augen, wenn es dann noch ein guter ist, entspannen sich alle Sorgenfalten des Alltags und Geist wie Körper sind bereit, sich fallen und verwöhnen zu lassen. Diese Haltung wurde sogleich belohnt mit einem ganz zauberhaften Gruß aus der Küche. Geflämmte Jakobsmuschel auf Chorizo mit Chorizo Schaum offenbarten ganz feine Geschmäcker, mit einer (wie wir später erfuhren: unter dem Rotlicht des Passes gegarten!) Jacobsmuschel und kräftiger Chorizo, die jemand mit viel Geduld miniaturiert hat. Dazu ein Schaum – das alles sehr pikant, aber keineswegs die Jacobsmuschel zerdrückend.

Der erste von vier Gängen (Menüpreis: 48 €, inkl. Weinbegleitung 72 €; man kann auch nur drei Gänge bestellen (41 €/60 €) nannte sich Wildgarnele | Rübe | Graupe | Feldsalat | Kaviar und war, was die Vielfalt der Aromen und Texturen anbelangte, die perfekte Fortsetzung des Auftaktes. Was aussah wie Pistazieneis, war Feldsalat – das hatten wir so noch nicht und fanden es bemerkenswert geschmacksintensiv und schmelzig! Jemand am Tisch sprach von Geschmacksexplosion und meinte damit aber nicht die kleinen knackigen Kaviarkügelchen, sondern das Gesamtensemble. Dazu gab’s einen Grünen Veltliner, und zwar einen ausgesprochen schön-kräftigen mit laaaangem Abgang: 2013 Rabenstein | Dürnberg
 Grüner Veltliner | Falkensteiner Weinviertel | Österreich.

Nach der farbenfrohen rot-grünen Vorspeise überraschte die Suppe mit nahezu farbiger Tristesse. Shades of Brown mit grünem Klacks stand aber gar nicht auf der Karte, sondern Gerösteter Blumenkohl | Lamm | Erbse | Schalotte. Auch hier ein angeregtes Spiel der Texturen mit kräftig-würzigem Lammbällchen auf konfierten Schaloten und zarter Erbse. Unser Wein dazu war ein VDP-Ortswein von Stefan Winter, der 2014 Dittelsheim 
Weißburgunder | Weingut Winter | Rheinhessen. Ein Weißburgunder, der zu einem Drittel im Holz gereift ist und der kräftig genug war, der Suppe Paroli zu bieten – und dabei ungeheuer Spaß machte. Großes Trinkvergnügen mit hohem Nachschenkpotential!

Der Hauptgang gab uns ein Rätsel auf. Kalb | Topinambur | Karotte | Pompom Blanc | Granny Smith hatte eine Zutat, die uns nichts sagte: Pompon Blanc. Klingt wie ein Weißwein, ist aber ein Pilz („Ein Pils? Im Essen?“ fragte jemand am Tisch und musste lange über die Antwort: „Ein [pɪlts], nicht ein [pɪls]!“ nachdenken). Auf jeden Fall klingt es so französisch besser als die auch gebräuchlichen Begriffe Affenkopfpilz oder Löwenmähne für diese äußerst gesunde Pilzart aus der Ordnung der Täublingsartigen (Wikipedia). Mir sagte der Geschmack nicht so zu, obwohl ich das mit dem gesund noch gar nicht wusste… Die Essensdiagonale auf dem Teller war reichlich dicht gepackt, weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen. Dazu tranken wir einen sehr gradlinigen 2013 Spätburgunder
 Weingut Battenfeld- Spanier | Rheinhessen – ein Bio-Wein, der im Holzfass gereift ist.

Zum Dessert gab es eigentlich eine Vielfalt von Kürbis – und uneigentlich noch einiges mehr, nämlich Kürbis | Kokos | Guanaja Schokolade | Dresdner Kaffee | Veilchen. Die Tellerdiagonale war dieses Mal in anderer Richtung genutzt, aber wieder arg voll gepackt. Dresdner Kaffee kam in einer Spritze, was man mögen kann, aber nicht muss. Aufs Dessert gespritzt wusste der Kaffee jedenfalls nicht, wo er sich reindröppeln sollte, direkt in den Mund gespritzt machte auch nicht gerade eine super Figur. Kann man den Gang vielleicht etwas entschlacken, um sich aufs Wesentliche zu konzentrieren? Die Küche ließ sich bei der Frage nicht lange bitten und stellte – aufgeräumt und nicht einmal diagonal arrangiert! – Variationen vom Kürbis zusammen. Und siehe da: das gefiel uns deutlich besser! Alte Indianerweisheit: KISS. Keep it simple, stupid… Ach ja, der Vollständigkeit halber: Der Dessertwein war ein hiesiger, ein 2012 Meißner Kapitelberg 
Riesling Auslese | Weingut Steffen Schabehorn | Sachsen. Für eine fünf Jahre alte Riesling-Auslese nach unserem Geschmack ein wenig dünn.

Restaurant Moritz im Hotel Suitess

An der Frauenkirche 13
01067 Dresden

Anfahrt über Rampische Straße 1

Tel. +49 351 / 417270
www.moritz-dresden.de

Geöffnet: täglich ab 17.30 Uhr

[Besucht am 9. März 2017 | Zu den Restaurantkritiken für Dresden und Umgebung]

Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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