Vulkanrutschen, Glücksfelsen und Spazierstock

Eine Inselrundfahrt von Filicudi mit dem Boot

Grotta del Bue Marino

Einmal eine Inselrundfahrt Filicudi mit dem Boot: das ist eine Pflichtübung, wenn man mehr als einen Tag auf der Insel ist. Die Frage ist natürlich: mit wem macht man’s? Wir wurden zu Monica geschickt. Die Empfehlung von Guido (der das date praktischerweise auch gleich am Telefon festmachte!) erwies sich als Volltreffer, denn Monica ist Gründerin und Präsidentin der Filicudi WildLife Conservation, die sich primär nicht um Touristen kümmern, sondern um die Rettung von Meeresschildkröten sowie die Forschung zum Schutz von Walen und Meeresschildkröten im Äolischen Archipel.

Die Exklusiv-Tour nur für uns war also voll gespickt mit Informationen, wobei sich der Notizblock dem bei kleinem Seegang rund um Filicudi hüpfenden Schiff krittelnd entzieht. Ist ja auch egal, denn was bleibt, sind eh die Höhepunkte und die Gesamtzusammenfassung in einem Wort: grandios.

Luftbild Filicudi Giro dell'isolaStart der Tour ist im kleinen Hafen Pecorini Porto. Das malerische Fischerdorf ist mit dem Hauptort der Insel mit einer Asphaltstraße verbunden, die sich im weiten Bogen mühsam die Steilküste herunter schlängelt – die haben wir natürlich nicht genutzt, sondern die noch steileren Pfade für Esel und Fußgänger. Aber die Wegbeschreibung runter zum Hafen ist eine andere Geschichte.

Wir umrunden die Insel im Uhrzeigersinn. Das bedeutet, dass wir uns zuerst den jüngeren Teil der Insel anschauen, denn Filicudi ist nicht mit einem Schwups aus dem Meer gewachsen. Der älteste Teil entstand vor rund 246.000 Jahren mit den Eruptionen des Fossa Felci, des Monte Guardia (oberhalb von Filicudi Porto) und des Monte Terrione (bei Valle Chiesa). Auch die Halbinsel Capo Graziano, die vor 5.000 Jahren im Bereich der Landbrücke erstmals besiedelt wurde, hat dieses Alter. Die Insel wuchs mit Eruptionen und dem Aufbau der Vulkane Montagnola (vor ca. 64.000 Jahren) an den Südhängen und Zucco Grande (vor ca. 56.000 Jahren) an den Nordhängen. Noch jünger ist die Felsgruppe rund um die Canna, die etwa einen Kilometer westlich von Filicudi im Meer liegt: sie entstand vor rund 29.000 Jahren.

Grotte di StimpagnatoDie Grotte di Stimpagnato ist die erste click-and-ship-Station, die wir also im Vorbeifahren erleben. Spektakuläre Wasserfärbung (50 shades of turquise) und interessante Gesteinsformationen rund um die beiden Höhlen sieht man vom Boot aus. Wenn man zu Fuß unterwegs ist und weiter oben auf der Steilküste am Belvedere di Stimpagnato vorbei kommt, sollte man dort bis zum Sonnenuntergang bleiben. Der soll, las ich, gigantisch sein und mit ein wenig Glück zusätzlich vom Monduntergang begleitet werden. Auf jeden Fall dabei: La Canna im Vorder- und Alicudi im Hintergrund. Es sei keine schlechte Idee, eine gute Flasche gekühlten Wein und Gläser mitzubringen, lautet die nachvollziehbare Empfehlung auf Wikivoyage.

Grotta del Bue MarinoVorbei geht’s an La Sciara, der Rutsche der Vulkanlava des Fossa Felci zum ersten Höhepunkt der Tour: die Grotta del Bue Marino. Sie ist benannt nach den Mönchsrobben (ital. Seeochsen, bue marino), die es in der Höhle schon lange nicht mehr gibt. Wir stören also nicht, wenn wir da von der Vorhöhle durch einen Bogen ins Innere der 30 m breiten Höhle mit ihrem Gewölbe von 20 m hineinfahren und uns – vor allem am Nachmittag mit einfallendem Sonnenlicht – am vielfältigen Sonnenreflexfarbspiel erfreuen.

Il perciatoNun geht es Schlag auf Schlag. Gleich hinter der Bue Marino überrascht uns Il perciato, ein wundervolles Basaltlava-Portal, das zu Durchblicken einlädt. Man müsste mal die mannigfachen Triumpfbögen der Natur zusammentragen!

Scoglio della FortunaDie Scoglio della Fortuna (die Glücksfelsen) sind ein Biotop besonderer Art, ganz knapp überm Meeresspiegel und manchmal auch umflutet – und mit einem Binnensee, der dann wiederum 23 Meter mit kristallklarem Wasser in die Tiefe geht. Wer was taucht, sollte es hier tun!

La Canna | Scoglio Montenassari | AlicudiVon nun an geht’s westwärts gen Alicudi. Ziel ist der Felsen, der das Wahrzeichen von Filicudi ist und den man auch vom Linienboot nach Alicudi aus der Entfernung sehen kann – was kein Wunder ist, ragt doch der Scoglio La Canna 71 Meter aus dem Wasser empor. Wir hatten La Canna, den Spazierstock der Inseln, sogar bei einem Anflug auf Catania erkennen können – ebenso wie den mit 14 Metern Höhe deutlich flacheren Felsen Montenassari, der dafür aber einen weit größeren Durchmesser hat. Wie viel vom Felsen man sieht, hängt vom Wetter ab – wenn es mal etwas mehr windet (wir sind schließlich auf den Inseln, die dem Aiolos gewidmet sind), schwappen die Wellen komplett über den Felsen. Beide Felsformationen bilden zusammen ein Naturreservat und dürfen nicht betreten werden, was den arg seltenen Eleonorenfalken ebenso erfreut wie die Äolische Mauereidechse.

Punta la Zotta | Scoglio GiafanteDie Punta la Zotta bildet den nordwestlichen Punkt der Insel – aber so richtig spannend ist eigentlich der Felsen gegenüber, der Scoglio Giafante. Der sieht zwar nicht aus wie ein Elefant, sondern allenfalls wie ein abgehackter Fuß des selben – aber egal: imposant anzusehen ist er schon, egal ob im Nachmittagslicht von vorn (wo man auch die Punta deutlich erkennt) oder im Gegenlicht (wo es schöne Schattenrisse zu beobachten gibt).

Filo del BancoDer kommende Teil der Küste heißt Filo del Banco und ist einerseits sehr schroff, andererseits aber auch ungeheuer spannend, weil sich allerlei Gestein in roten und weißen Bändern dort entlang zieht. Mit dem Wasser, das hier wieder im klarsten Türkis funkelt, ergibt das ein geradezu malerisches Bild. Nach einer weiteren Rutsche, der Sciara di Cordonello, wird die Küste wider grün und auch sanfter. Wir nähern uns der Punta dello Zucco Grande, können aber das tags zuvor besuchte verlassene Dorf von unserem Boot aus nicht sehen.

Monica Francesca BlasiVorbei an Filicudi Porto, das wir ja bei jeder Schifffahrt vom Meer aus erleben, fährt uns Monica rund ums Capo Graziano zum schönsten Badestrand der Insel. Le Punte hat zwar – ortsüblich, muss man sagen – nichts von von einem feinen Sandstrand, aber die dicken runden Kiesel lassen sich mit geübten Füßen oder mit passenden Badeschuhen austricksen.

Il cavallo – der PferdekopfAus der Serie: Felsen, die gerne etwas Besseres geworden wären… erleben wir dann noch ein besonders schönes Exemplar: Il cavallo, der Pferdekopf. Macht sich von unten aus dem Boot aus ganz gut – aber als wir bei der Abreise von unserem neuen Bekannten von der Località Monte Terrione zum Hafen gefahren wurden, hielt er unterwegs an, um uns was zu zeigen. Auch nicht schlecht, il cavallo von oben, wie er so aufs offene Meer schaut…

Turtle Point Filicudi
Piazzetta Pecorini Mare
Filicudi

Tel, +39 349 440 2021
http://www.filicudiconservation.com

[Tour am 19. Mai 2017]

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