Was uns heute so vortrefflich schmeckt, weil eine Vielfalt der feinsten und erlesensten Zutaten sich zum Genuss mit dem Mehl verbinden, begann vor Jahrhunderten eher karg als Fastengebäck: Stollen wurde im Mittelalter (und teilweise bis hinein ins 18. Jahrhundert) lediglich aus den drei Grundzutaten Mehl, Wasser und Hefe hergestellt. Kein Grund also, das Rezept vom Dresdner Stollen in Kochbücher aufzunehmen oder sonstwie weiterzugeben!
So nimmt es auch nicht Wunder, daß die erste schriftliche Erwähnung des Stollens in Dresden auf einer Rechnung des christlichen Bartolomäi-Hospitals auftaucht. Der so schlicht gebackene Stollen war auch als Striezel bekannt und gab dem Dresdner Striezelmarkt, der erstmals 1474 in der Chronik benannt ist, seinen Namen.
Ob Striezel oder Stollen: Das fade Fastengebäck war nicht so recht für den Geschmack. Fanden sogar der Fürst und seine Söhne, die sich an den Papst wandten und um die Erlaubnis baten, auch tierische Produkte nehmen zu dürfen. Den guten Geschmack wollten sich die Sachsen sogar etwas kosten lassen: Sie spendeten für den Erhalt des Freiberger Domes oder gaben Geld für den Bau einer Brücke aus Stein über die Elbe bei Torgau.
Nachdem 1550 die einst verbotenen Speisen für die Fastenzeit freigegeben wurden, ging es geschmacklich endgültig bergauf mit dem Stollen. Immer üppiger, immer größer, immer feiner wurde der Dresdner Stollen. August der Starke ließ 1730 von der Bäckerzunft Dresden einen Riesenstollen für die 24.000 Gäste des Zeithainer Lustlagers backen. 1,8 Tonnen soll das Prachtstück gewogen haben… An diesen Riesenstollen erinnert noch heute das jährlich in Dresden stattfindende Stollenfest.
Im Laufe der vergangenen beiden Jahrhunderte wurde der Stollen dann zu dem Weihnachtsstollen, wie wir ihn kennen und lieben gelernt haben – mit besten Zutaten wie Butter, Mandeln, Milch und Rosinen. Wieviel wovon? Das ist und bleibt das Geheimnis dessen, der den Stollen bäckt!
Die Kunst, den Dresdner Stollen zu zelebrieren…
Als August der Starke im Rahmen des „Zeithainer Lustlagers“ sein legendäres Fest feierte, ahnte er nicht, was er für den Dresdner Tourismus über 250 Jahre später tun würde: Riesenstollen und dazu passendes Messer sind touristische Attraktionen geworden, und wenn dann 6.000 Pfund Stollen vom Zwinger zum Striezelmarkt gefahren werden, sind den Akteuren anerkennendes „Aah!“ und „Ooh!“ der Zuschauer sicher. Und natürlich wird der Riesenstollen mit einer Nachbildung des Riesenstollenmessers von 1730 angeschnitten – die dann wieder sehr handlichen Portionen können die Besucher des Stollenfestes kaufen.
Die kleinere Ausführung des Messers für den häuslichen Gebrauch wird Dank der Unterstützung bedeutender Dresdner Museen nach einer historischen Vorlage aus der Hofsilberkammer des Dresdner Schlosses von 1730 handwerklich gefertigt. Die hochwertige und sehr schneidfähige Edelstahlklinge wird aus einem Stück geschmiedet, sorgfältig geschliffen und kunstvoll verziert, bevor sie in das barocke Heft eingesetzt wird. Das edle Tafelgerät eignet sich hervorragend zum Teilen und gepflegten Vorlegen des Dresdner Stollens und natürlich auch zum Schneiden und Servieren feiner Back- und Konditorwaren.
Ulrich van Stipriaan
Veröffentlicht in TaschenbergNews 5/1997
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