Im Land der Trabucchi

Apulische Augenblicke (18)

Die Bilder für diesen Beitrag waren auf der Plattform Ipernity gehostet und wurden dort gelöscht.
Wir sind dabei, die Fotos neu einzubinden, aber das kann etwas dauern – sorry.

Trabucco

Da schlenderst du mit nur dem einen Ziel, kein Ziel zu haben, die Küstenpromenade von Vieste entlang – und plötzlich steht da so ein Holzding vor dir. Einer gigantischen Spinne gleich stakst das Etwas ins Wasser, und du fragst dich: Wat is denn ditte?

Det is’n Trabucco! Ein Trabucco ist ein Pfahlbau (die Spinnenbeine!) zum Fischfang, der Dank einer ausgeklügelten Technik das Fangen „zufällig vorbei schwimmender Fische“ (Wikipedia) ermöglicht. Trabucchi (so die Mehrzahl) gibt es an der Adria schon lange – und was muss ich da lesen? Das erste Teil haben im 14. Jhr. in San Vito Chietino ein Franzose und ein Deutscher gebaut!

Trabucco und LeuchtturmWarum diese Bauten so filigran im Meer herumstehen, hat Franco Laner, Professor für Technologie in der Architektur am „iuav“ Venedig, in einem feinen Beitrag aufgeschrieben. Ich fasse mal sinngemäß kurz zusammen (obwohl der Originalartikel lesbar wie verständlich ist): Um den gewaltigen Kräften von Wind und Wasser zu trotzen, sind die Trabucchi so schlank und beweglich wie möglich gebaut. Nägel (und damit feste Verbindungen) kommen nicht vor: Seile halten die zierlichen Holzstangen zusammen. Insgesamt eine elastische Angelegenheit, was den Professor den schönen Satz schreiben ließ: Der Trabucco „widersetzt sich den Kräften nicht, sondern biegt sich, verformt sich, beugt sich, um seine ursprüngliche Gestalt anzunehmen, wenn sich das Meer wieder beruhigt hat.“

Punta della TestaSowohl die Wikipedia als auch Prof. Laner nennen nur die Abruzzen-Küste in ihren Trabucco-Beiträgen – es gibt sie jedoch auch im Gargano. 16 Trabucchi sind auf der Tafel verzeichnet, die an der Punta S. Croce in Vieste angebracht ist. Es scheint sich um eine Art Aufforstung zu handeln: der Nationalpark des Gargano hat ein Projekt finanziert, Trabucchi neu entstehen zu lassen – als Denkmal oder zur Nutzung. Und während sich Prof. Laner (wahrscheinlich völlig zu Recht) darüber mockiert, dass einige Trabucchi an der Abruzzen-Küste im Rahmen der touristischen Erschließung offensichtlich sehr blauäuigig restauriert wurden, scheint man sich im Gargano mehr Mühe zu geben: Sogar beim offensichtlich kommerziell genutzten Trabucco am Monte Pucci beobachteten wir zum Beispiel die gewünschten Verbindungen mit Seilen.

Bei Rodi GarganicoHier, weil es so schön ist, das Zitat aus Laners Beitrag über die „Fischermaschinen an der adriatischen Küste“: „Um Sicherheitsstandards einzuhalten, wurden … ungeeignete Sekundärstrukturen aufgesetzt, die sie ihrer ursprünglichen Natur beraubt haben, was den Schluss zulässt, dass Restaurierungen nur dann vorgenommen werden sollen, wenn man das Wesen und die Idee einer Struktur verstanden hat. Was den Trabucco so einzigartig macht, ist eben nicht nur das Erscheinungsbild, sondern das inhaltliche Konzept, das Zusammenspiel von Beobachtungen und Gedanken, die sukzessive in ihrer Materialisierung Realität wurden und zu höchster funktioneller und architektonischer Ausdruckskraft führten.“

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