Weil es so kalt sei, erklärte die Dame in der Biglietteria von di Maso & Figlio in einem deutsch-englisch-italienischem Sprachgemisch, habe man den Badestopp aus der Tour gestrichen und fahre eine halbe Stunde später ab, komme dafür aber auch schon eine halbe Stunde früher zurück. Am Preis freilich hatte man nichts geändert: 13 Euro pro Person für faktisch dann eineinhalb statt drei Stunden, denn es ging noch schneller zurück als angekündigt. Und der Bootsführer, da bin ich mir sicher, ist auch nicht die volle Tour gefahren, denn der Grottenplan der Kommune und die einschlägige Literatur verweisen auf deutlich mehr, als wir gesehen haben.
Was soll’s, trotz garganischem Wetter (mit blauem Himmel und Sonne beginnen und dann schlagartig eintrüben zu apulischem Grau in Grau) hat die Tour sich gelohnt. Auch wenn wir anfangs argwöhnten, allein mitfahren zu wollen, waren letztendlich etwa 40 Leute an Bord, woraus man einen guten Stundenlohn für den Skipper ausrechnen kann. Wir saßen ganz hinten: Eine gute Wahl zum Fotografieren (weil ja nach hinten immer freie Sicht ist), eine windige Angelegenheit bei voller Geschwindigkeit des Bootes.
Schon der Beginn der Tour ist bemerkenswert: Man sieht kurz nach der Ausfahrt aus dem Hafen den Leuchtturm, der ja bei geschickter Motivwahl in Vieste nahezu immer auf dem Bild ist, von der anderen Seite. So, wie ihn vom offenen Wasser kommende richtige Fischer, Kreuzfahrtensenioren oder Entdecker sehen: Mit der Aufschrift „Vieste“ – damit man weiß, wo man ist! Ebenso spektakulär und ungewohnt ist die Ansicht auf den Felssporn von Vieste, die man nach einem Rechtsschwenk des Bootes genießen kann. Der Skipper, ein eher lustlos drein blickender Italo-Macho mit Sonnenbrille, entpuppte sich als netter Ansager mit einem Hang zum beschleunigten Feierabend – „aber egal“, wie Sylke sagen würde…
Die Kalkstein-Küste bietet vom Meer einen grandiosen Anblick, mit bizarren Formen und (wenn die Sonne scheint, wie es ja sein sollte) einem prächtigen Farbenspiel von weiß über alle Schattierungen des Gelben bis hin zu nahezu schwarzen Streifen. Gerne hat das Wasser auch Höhlen in den Fels gefressen, und die Menschen haben dem Drang nachgegeben, diesen Grotten Namen zu geben. Oh Mann, wenn das Wetter nicht langsam ungemütlicher geworden wäre, hätte das richtig Spaß gemacht und Stoff für eine Geschichte gegeben: Die Höhle der zwei Augen! Die Grotte der Sirenen! Die der Schlange, die der Fledermäuse, der Schmuggler – wenn jemand Stoff für einen Roman sucht, hat er hier schon mal ein paar Locations.
Manchmal fährt dieser Wahnsinnstypi mit der Sonnenbrille auch in so eine Grotte hinein, und die 40 Leute im Boot stehen dann alle auf und machen Bilder. Lustig, wie es da aus den kleinen Kameras herausblitzt! Vor allem das Fotografieren 20 Meter entfernter Höhlendecken mit Blitz kommt gut – so wie das des Mondes, in etwa. Ob mit oder ohne Foto: Was die Natur da so hingezaubert hat, ist schon beachtlich. Aaaahhh! und Ooooohhhhh! sind garantiert, und wie so oft hätte ich jetzt gerne einen Fachmann (oder eine Fachfrau) dabei gehabt, um diese Phänomene mit eine wenig fundiertem Wissen zu erklären. So blieb’s beim rein optischen Genuss.
Wir passieren einen Punkt, der Testa del Gargano, der Kopf des Gargano, genannt wird. Unser Bootsführer erklärte: Der sieht aus wie ein Spitz. Naja, aus einer Position und mit einiger Phantasie kann man das durchgehen lassen. Wir sind auch noch an der „Tomate“ vorbei gefahren, aber das habe ich nun gar nicht verstanden. Wie eingangs schon erwähnt: Das Wetter wandelte sich zum Miesen, das Boot drehte (wie ich denke: früher als geplant) um und brachte uns schnell zurück. Wahrscheinlich hatte unser Bootsfahrer es eilig, seinen Caffee in der Hafenbar zu bekommen. Aber, ätsch, die hatte zu.
[Karte mit Ortsmarken und der Reiseroute | Alle Apulischen Augenblicke]
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