Am Abend eines schönen Tages lief ein Fuchs in Moritzburg los. Er war auf dem Weg nach Radeburg. Wie der Zufall es wollte, startete in etwa zu gleicher Zeit – also ebenfalls „eines Tages Abend“ – in Radeburg ein Hase. Als sie sich begegneten, verfielen sie in ein Schwätzchen und beschlossen, sich erst einmal auszuruhen. So wünschten sie einander eine „Gute Nacht!“ – und dort, wo das geschah, steht seit 1840 der „Gasthof Bärwalde“. Hier werkeln seit gut drei Jahren Olav Seidel und seine Frau Manuela, und sie setzen dort, wo sich Fuchs und Hase „gute Nacht“ sagen, ein bemerkenswertes Konzept um: Olav Seidel verarbeitet nur frische Produkte aus der Gegend. Das ist so leicht nicht, denn die Ansprüche an die Qualität sind hoch – und das ist, man muss es so sagen, für die Erzeuger hierzulande erst einmal eine Herausforderung. Allerdings eine, der sie sich offensichtlich mit Erfolg gestellt haben: Bei unserem Besuch heute Mittag war das Haus gut gefüllt, und wenn man sich umsah, erkannte man viele alte Bekannte: einen Spitzenwinzer aus Meißen, eine Somelliere und eine Servicekraft aus Dresden, einen Weinhändler aus Pirna, zwei Köche aus Umbrien, zwei Food-Journalisten. Gut möglich, dass unter den Unbekannten noch weitere fachnahe Feinschmecker waren…
Es hat sich also herumgesprochen, dass Olav Seidel in der Küche am holzbefeuerten Herd und seine Frau im Service (und, bevor die Gäste kommen, in der Patisserie des Hauses) Sachen zaubern, die den Weg lohnen. Zum Beispiel „Rohmarinierte Steinbacher Forelle mit feinen Kräutern“, die man glatt zum Dessert noch einmal hätte haben wollen (was aber ein Fehler gewesen wäre, aber dazu später mehr, wenn’s um das Dessert geht!). Die „Gemüsesuppe mit Rosmarinbutter“ räumte mit allen (Vor-)Urteilen auf, die man je über Gemüsesuppen angehäufelt hat. Allein wie die roch! Na klar: Rosmarin! Und so wie sie schmeckte, war der Butteranteil kein geringer. Noch ein Kandidat für ein Dessert, aber wer kann schon alles zweimal essen?
„Gebratenes Steinbacher Forellenfilet in Kaiserstühler Weißburgunder“ birgt den Stoff für zwei Geschichten, die hier ganz kurz nur angerissen werden, bevor wir in Erinnerung an den Gaumenkitzel ins Schwärmen geraten. Zweimal Forelle, höre ich schon die Kritikaster sagen, auf einer Karte – gibt’s denn nichts anderes? Klar doch: Im Großmarkt schon, aber nicht im Steinbacher Fischteich. Produkte der Gegend heißt auch immer die der Jahreszeit – und da ist die Auswahl naturgemäß (im wahren Sinne des Wortes) eben eingeschränkt. Aber bei drei Vorspeisen, vier Hauptgerichten und drei Desserts kann man schon so kombinieren, dass es nicht langweilig wird! Anmerkung Nummer zwei bezieht sich auf den Wein, in dem die Forellen posthum schwimmen: Olav Seidel hat nämlich sieben Jahre im Schwarzen Adler bei Franz und Fritz Keller gearbeitet, was einerseits den handwerklichen Anspruch des geborenen Moritzburgers ganz gut erklärt, andererseits aber auch die Beziehung zu den fantastischen Weinen des Kaiserstuhls. So, und nun, bevor das alles abkühlt, ran die Forellen, die mit einem extrem cremigem Kartoffelbrei serviert wurden. Ich sage nur: Butter! Oder Sahne. Oder beides…
Ein Muss im Gasthof Bärwalde ist das „Kotelett vom Landschwein mit glaciertem Wurzelgemüse“, hatte ich mir vorher sagen lassen. Und der Tipp war richtig! Nichts für Vegetarier, die Fleischmenge – aber auch nichts für Leute, die ihr Fleisch beim Discounter kaufen. Sie würden entsetzt sein, wie intensiv und würzig ein Schweinekotelett schmecken kann! Ich durfte Olav Seidel am Herd besuchen, als er die beiden Koteletts für unseren Tisch zubereitete. Dafür, dass zu dem Zeitpunkt etwa 20 Leute auf ihr Essen warteten, sah es recht aufgeräumt aus in der Ein-Mann-Küche: Der Mann hat die Ruhe weg und scheint eins nach dem anderen abzuarbeiten (und die Essen für die beiden Tischgesellschaften kamen zwar nicht gleichzeitig, aber doch zügig. Organisation ist offensichtlich alles!).
Da ist es also, das Kotelett. Riesig, zwei Finger dick, in der Pfanne angebraten, in den Ofen geschoben, in der Pfanne fertig gebraten. Glückliche Schweine produzieren tolles Fleisch! Und da fragt man sich doch, warum nicht mehr Köche (oder Metzger oder KundInnen) danach verlangen und das Einfache (Pfanne, Butter, Kräuter, Fleisch) so köstlich zubereiten. Und bevor jetzt jemand mit der Preisdiskussion anfängt: dieser Gang war mit 14,80 Euro wirklich seinen Preis wert! Das Preisgefüge im Gasthof Bärwalde ist insgesamt so freundlich – man kann da also durchaus noch einmal hin……und sei es, um noch einmal das Dessert zu ordern! Es gibt nur drei Positionen auf der Karte, aber wahrscheinlich täten es auch zwei oder nur diese eine: „Leichter Weißkäse mit Tahitivanille“, erfreulicherweise im paarfreundlichen Doppellöffelpack serviert, ist ein schmelzender Traum im Mund – und so kurz vorm Espresso noch einmal ein schöner Beweis, wie man aus Einfachem ganz Bezauberndes kreieren kann.
Gasthof Bärwalde
01471 Bärwalde
Kalkreuther Straße 10a
Tel. 035208 / 342901
Geöffnet
Donnerstag – Montag ab 18 Uhr
Sonntags auch 12 – 14 Uhr
Reservierung empfohlen
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