Weniger ist oft mehr. Ein schönes Beispiel dieser Binsenweisheit, angewandt auf den Bereich Restaurants, findet man vor den Toren Dresdens unweit von Moritzburg: Dort kocht in einem über 170 Jahre alten Gasthof Olav Seidel und pflegt einen reduzierten Stil: Die Karte ist klein, Lieblingsbeilagen sind Kartoffelstampf und (zumindest in der kalten Jahreszeit) glaciertes Wurzelgemüse.
Aber vielleicht ist ja genau dieses das Geheimnis, denn Olav Seidel verarbeitet erstens nur frische Produkte und zweitens nur solche aus der Gegend. Was es im Umland nicht gibt, kommt nicht auf den Tisch. Sodann widmet er sich mit Hingabe der Zubereitung. Gekocht wird am holzbefeuerten Herd (zwei Schubkarren Holz täglich!), und wenn man seine Gerichte probiert, merkt man schnell: fettarm geht’s hier nicht zu!
Der lauwarme Lauterbacher Ziegenfrischkäse schwimmt in reichlich feinem Olivenöl, und unser Favorit „Meine Gemüsesuppe mit Rosmarinbutter“ bezieht einen Großteil ihres Geschmacks eben aus der Butter. Ansonsten liefert die Suppe Stoff für ein freundliches Streitgespräch am Tisch: Ist das denn hier die so oft zitierte „gutbürgerliche Küche“ oder sind wir – nur weil es Stoffservietten, Porzellan mit Monogramm und viele sehr gute Weine gibt, hier in einem Feinschmecker-Tempel? Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns für „bürgerlich“, das aber „extrem gut“ (womit der Begriff extremgutbürgerlich zur Aufnahme in den Duden vorgeschlagen wird).
Während wir bei einem Glas Wein aus dem Weingut Schwarzer Adler noch darüber sinnieren, warum nicht mehr Restaurants ihre Karten zu Gunsten der Qualität in der Quantität reduzieren, kommen die Hauptgerichte: Eine (mit Schweinebrät) gefüllte Wachtel hier, ein Kotelett vom Stubenküken mit Bärlauch dort. Beides auf den Punkt gegart, mit zartem und würzigem Fleisch. Dazu: Viel Sauce, nicht nur der Hauch einer Andeutung. Am Ende wird davon nichts übrig sein, weil Kartoffelstampf trotz hoher Sättigung mit Butter sehr tunkfreudig ist!
Noch Platz für ein Dessert? „Leichter Weißkäse mit Tahitivanille“ ist ein schmelzender Traum im Mund – und so kurz vorm Espresso noch einmal ein schöner Beweis, wie man aus Einfachem ganz Bezauberndes kreieren kann.
Gasthof Bärwalde
01471 Bärwalde
Kalkreuther Straße 10a
Tel. 035208 / 342901
Geöffnet
Donnerstag – Montag ab 18 Uhr
Sonntags auch 12 – 14 Uhr
Reservierung empfohlen
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