Das Beste im Nirgendwo

Ente im Gasthof Bärwalde

Eine der am schwersten zu beantwortenden Fragen von Freunden ist diese: „Wo soll ich denn mit meinem Freund / meiner Freundin / meinen Eltern essen gehen?“ Meist mit dem Zusatz: „Du kennst dich doch aus!“

Pustekuchen. Na klar, wir sind manchmal unterwegs und machen ja auch kein Hehl daraus – aber wo es uns schmeckt, muss es ja anderen nicht gefallen, und nur weil wir die Bedienung nett fanden, kann sie an einem anderen Tag anderen Gästen ja ganz anders kommen. Oder gar eine andere sein!

Trotz aller Rumeierei („Wieviel willst Du denn ausgeben?“ – „“Welche Richtung soll’s denn sein?“) ist allerdings ein Name gesetzt: Der vom Gasthof Bärwalde. Hier kocht Olav Seidel, was seine Frau Manuela im Service an den Tisch bringt. Das muss ja schon besonders sein, wenn man den Gasthof Bärwalde als das Lieblingsrestaurant in Dresden bezeichnet…

Wir waren neulich wieder da, und das Geschehen an diesem Abend zu erzählen mag begründen, warum man (von Dresden aus) bis hinter Moritzburg fährt, um im Nirgendwo das Beste zu finden. Die Geschichte beginnt beim Besuch im März. Da lasen wir in der Menü-Karte auf einem Extra-Blatt, was man so alles bekommen kann, wenn man nur rechtzeitig mit dem Koch redet. „Auf Vorbestellung und je nach Saison bereite ich für Sie zu“ stand da, und etwas weiter unten: „Bärwalder Bauernente aus dem Ofen – serviert in zwei Gängen (2011 limitiert auf 20 Stück)“. Das fanden wir toll und reservierten schon mal eine!

Im November erhielten wir einen Anruf: Die Enten seien dann so weit! Wir könnten einen Termin ausmachen, aber bitte nicht für sofort, denn zehn Tage müssten sie nach der Beförderung ins Jenseits noch abhängen! Kein Problem für jemanden, der sich seit März freut, sich dann auch noch auf einen Termin im Dezember zu freuen!

Eine Ente aus Bärwalde (aufgewachsen und einige glückliche Tage hatte sie zwei Häuser und einen Garten weiter quer gegenüber vom Gasthof) reicht, um vier Leute glücklich zu machen und lässt dann auch noch Platz für Vorspeise und/oder Dessert. Das „Süppchen vom Muscade de provence mit steirischem Kürbiskernöl“ war eine schaumig aufgeschlagene cremig-gelbe Einstimmung in den Abend, auf die zu verzichten doppelt dumm gewesen wäre. Einerseits, weil man schon einmal einen ganz fantastischen Geschmack im Mund hat und andererseits auch, weil sie eine gute Überbrückung bis zur Ente ist. Denn die war noch im Ofen als wir kamen, und gut Ding will bekanntlich Weile haben. Aber mit dem zuvor gelieferten (wunderbar frischen) Brot und der Suppe gab’s keinerlei Ohnmachtsanfälle!

Manuela Seidel präsentierte uns die Ente auf dem Silbertablett – sie (also in diesem Fall die Ente, über Servicepersonal würde ich ja so nie schreiben) machte einen guten Eindruck: braun und weihnachtlich verziert. Dann verschwand sie (also die Frau Seidel, die Ente war ja aktiv dazu nicht mehr in der Lage) und kam wenig später zurück: Vier reichliche Portionen mit durchgehend rosa Entenbrust auf einem Wirsinghügel im Saucensee. Das Gespräch am Tisch, bis dahin munter und auf gewissem intellektuell vertretbaren Niveau gehalten, glitt flugs ab: Aaaaahhhhh! Oooohhhh! Hhhhhmmmm! und derlei mehr, manchmal auch ein „Waaahnsinn!“ oder „Feinfeinfein“. Sogar ein schlichtes „lecker!“ war zu hören, was zu schreiben mir die verehrte Kollegin nachgeradezu verboten hatte, sich aber nun, da es gesagt wurde, nicht vermeiden ließ. Kartoffelgratin und eine Sauciere mit noch mehr von der figurschaffenden Sauce waren zusätzlich zum schon ansehnlich gefüllten Teller serviert worden, eine durchaus köstliche Kombination!

Eigentlich waren wir danach satt. Und so war es nicht weiter schlimm, dass die Reste der Ente – zwei Keulchen, aufgeteilt auf vier Leute, klein und leider auch nicht ganz so fein gerieten: Das zarte Rosa der Brust ist nicht gut für das Laufwerk, das hätte mehr – viel mehr – Zeit benötigt und war uns allen ein wenig zu wenig durch sowie (wohl auch daher) zu bissfest. Aber mit dem mitgelieferten Salat und seinem Seidelschen Dressing (sahnig, sag ich!) gab das einen akzeptablen Zwischengang her. Außerdem muss man die Teller ja nicht immer so blitzsauber zurückgeben, dass sie wie frisch aus der Vitrine aussehen. Offensichtlich teilte die Küche – ohne dass wir was gesagt hatten – unsere Einschätzung und berechnete die Keulen nur als „warmen Zwischengang“ mit 5 Euro pro Portion, was mehr als fair war (die Brust war mit 16,50 Euro schon fast unterbezahlt, so wie sie uns mundete).

Hatte ich gerade geschrieben, dass wir eigentlich schon vor dem Keulengang satt waren? Ja, hatte ich. Aber im Gasthof Bärwalde auf das Dessert zu verzichten, ist Frevel. Und Frevler sind wir nicht, schon gar nicht im Advent. Also gab’s was es immer gibt für uns: „Crème d’Anjou mit marinierten Kumquats“. Und bevor jemand sagt: Damals hattet ihr doch diesen bezaubernden „Leichten Weißkäse mit Tahitivanille“ – das ist das gleiche Gericht, nur mit anderem Namen…

15 Punkte erhielt Olav Seidel im jüngst erschienen Gault Millau – ein hoher Einstiegswert. Das werden nun die Redakteure der anderen Restaurantführer lesen, auch hingehen und ihn ebenfalls gut bewerten. Dann wird es voll werden in Bärwalde, was schön ist – gönnen wir doch jedem Gastronom ein volles Haus. Aber vorsichtshalber haben wir für Mai 2012 schon einen Tisch reserviert!

Gasthof Bärwalde
01471 Bärwalde
Kalkreuther Straße 10a
Tel. 035208 / 342901

Geöffnet
Donnerstag – Montag ab 18 Uhr
Sonntags auch 12 – 14 Uhr

Reservierung empfohlen

[Besucht am 12. Dezember 2011 | Besuche März 2011 und Februar 2010]

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