Sex and Drugs, no Rock’n’Roll…

Im RedLightDestrict

Man hört ja immer wieder, dass Leute nur nach Amsterdam fahren, weil es dort alles geben soll von diesem Sex, diesen Drugs und zur Entspannung wohl auch Rock’n’Roll. Dabei muss man gar nicht deswegen nach Amsterdam fahren – man stolpert schnell über all die Dinge, die die Stadt kribbeln lassen. Zuerst schlenderten wir, völlig unvorbereitet, ins Rotlichtviertel. Und das kam so: Wir waren gerade angekommen und gingen vom nahe gelegenen Hotel Richtung Zentrum. Kurz vorm Neumarkt fanden wir einen Thailänder: Song Kwae Thai. Als wir (so gegen 21 Uhr) ankamen, war es rappelvoll, aber der wieselflink durchs Restaurant huschende Service signalisierte schon: Da wird gleich was frei.

SongKwaeThaiRestaurantDer Zufallsfund entpuppte sich als gute Wahl: Seit 1995 gibt’s das Restaurant, die Karte liest sich sehr authentisch. Hinten, am Ende des schlauchartigen Restaurants, kann man in die offene Küche sehen – Geheimnisse scheinen die Köche nicht zu haben. Einen guten Einblick verschaffte die gemischte Vorspeisenplatte Song Kwae Mix Lek (9,25 Euro) mit Satéspieß vom Huhn, Frühlingsrolle, Garnele und Gehacktem. In bester Erinnerung blieb die Sauce, die dazu gereicht wurde!

Moe Himmaplaan war ganz harmlos Schweinefleisch, Cashewkern und Gemüse: lekker lekker, wie die Niederländer sagen, wenn’s ihnen schmeckt. Gar nicht harmlos, weil rattenscharf, brannte sich Kaeng Daeng Kai (xx Euro) ins Gedächtnis ein: Huhn, Bambus, Bohnen – und das alles in rotem Curry. O-ha!

Im Red Light DestrictNoch während unseres Essens leerte sich das Restaurant: In den Niederlanden geht man eher früh essen und macht sich dann auf, was anderes zu erleben. Wir starteten den Verdauungsspaziergang am Neumarkt entlang und kamen ins chinesische Viertel, wunderten uns noch voll naiv, warum es links in den Seitenstraßen so voll war und liefen immer weiter, bis wir den Bahnhof erblickten. Da wollten wir aber nicht hin, also links ab – und waren dann mittendrin im Rotlichtviertel. Die Damen in ihren Verrichtungszellen sind blöde Touris nicht nur gewöhnt, sie leben davon. Gleich gruppenweise – nein, nicht was Sie jetzt denken: laufen die Leute vorbei. Aber manchmal wird dann eben doch einer reingeschickt, die draußen geiern sich halb scheckig, der drin hat sein Vergnügen und hinterher beim Bier was zu erzählen.

Im RedLightDestrictEs gibt Abteilungen für jeden Geschmack: Unglaublich Dicke und unwahrscheinlich Dürre, Farbige und Blasse, Blonde und blond Gefärbte. Was den Touristen Spaß bereitet, schafft hinter den Kulissen Ärger – von Menschenhandel ist die Rede und anderen unschönen Dingen. In der englischsprachigen Wikipedia steht der Satz einer ehemaligen Amsterdamer Prostituierten, die jetzt im Stadtrat sitzt: „Es gibt Leute, die wirklich stolz auf das Rotlichtviertel als Touristenattraktion sind und es für einen wunderbaren fröhlichen Ort halten. Aber es ist eine Jauchegrube. Es gibt eine Menge von schwerer Kriminalität. Es gibt eine Menge von Ausbeutung von Frauen und viel soziales Elend. Das ist nichts, worauf man stolz sein kann.“

Priscilla JourdanVor den Kulissen freilich ist alles eben rosapuffrot und heiter. Fotografieren ist, aus verständlichen Gründen, nicht erwünscht – außer bei den zu Modeläden oder Galerien wie der von Priscilla Jourdan umfunktionierten Schaufenstern (ihr Il Gioiello, sagt sie, sei die kleinste Galerie der Welt). Denn als vor einigen Jahren das Geschäft mit der Prositution überhand zu nehmen drohte, ließ die Stadtverwaltung des liberalen Amsterdam einige Schau-Fenster mit Hinterland zwangsweise schließen und stellte sie einem Projekt zur Verfügungt, dass auf ganz andere Weise dem Voyerismus entgegen kommt: Mode-Designer stellen jetzt dort ihre Puppen aus, die Red Light Fashion soll dem 6.500 Quadratmeter großen Viertel einen weniger anrüchigen Anstrich geben. Nach unseren Beobachtungen interessierten sich die herumtrollenden Heerscharen der Touristen aber nicht für Mode.

ErsatzteillagerTagsüber sind alle Fenster grau, aber Farbe kommt dennoch ins Viertel durch viele bunte Geschäfte. Ein Sexshop hier, Fetische dort, nebenan eine bunte Mischung aus Augenlidern, Ersatzgliedern und Brüsten, eine wundersame Ausstellung von Plaste und Elaste aus Schkopau- Zwischendurch finden sich Coffeeshops, in denen es für „positive people with good vibes“ (Schild gesehen am Barneys) Gras und Haschisch a la carte gibt. Der süße Duft bleibt natürlich nicht in den Coffeeshops, so dass, wer nur mal schnuppern will oder unter 18 ist, auch genüsslich draußen langschlurfen kann.

Magic TrufflesAuch legal in Amsterdam: Kahlköpfe. Also nicht die extrem dummen Jungs, sondern Psilocybe. Magic Mushrooms, halluzinogene Pilze – oder, wie die Österreicher es charmant nennen: Narrische Schwammerl. Nicht meine Welt, weswegen wir dran vorbei gegangen sind…

Song Kwae Thai Food
Kloveniersburgwal 14a
1012 CT, Amsterdam
Tel. 020 624 2568
www.songkwae.nl
Geöffnet: täglich 13 bis 22.30 Uhr

Eintrag bei facebook am 25. Juni 2021: Song Kwae is niet meer…

[Besucht am 6. Januar 2012 | Lage]

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