Fritz Eckenga, der Dortmunder Kabarettist und Autor für die kulinarische Kampfschrift „Häuptling eigener Herd“ der Herren Vincent Klink und Wiglaf Droste, schrieb bekanntlich das Gedicht „Der Wein war ein Gedicht“. Man kann es nachlesen – oder aber es vorgetragen bekommen von Axel Biesler. Der ist gelernter Winzer und Journalist sowie Moderator bei Veranstaltungen, in denen der Wein ein Gedicht ist, nicht war. Im Gedicht wird die alte Köche-Weisheit, wonach man für die Realisierung eines tollen Rezeptes einen guten Wein nehme und den in den Koch schütte, persifliert – bis eben hin zu jener Zeile: Der Rote macht mich lall und lüll!
Axel Biesler war aber weder lall noch lüll, und seine Gäste an diesem Sonntag-Nachmittag im Gasthaus zur Post in Ladbergen auch nicht. Zwar hätte es eine veritable Chance dazu gegeben, denn die Sonne hatte es sich trotz meteorologischen Herbstbeginns noch einmal vorgenommen, sie schien heftigst vom Himmel. Das war aber gut so, denn beim diesjährigen Weinlunch waren mallorquinische Weine das Thema. Da tut ein bisschen Umgebungswärme ganz gut!
Zum Empfang hatte das Team um Chefkoch Oliver Lisso verschiedene Tapas vorbereitet – und zur Einführung in die Weinwelt Mallorcas gab es einen 2010 Albaflor Rosado, Vins nadal DO Binissalem auf die Hand. Ein Rosé, aber einer, der von der Farbe auch als Roter durchgehen könnte. Manto-Negro, Merlot und Cabernet stecken drin – und schmecken sommerlich fruchtig. Der Empfang im Garten des Gasthauses dehnte sich, weil immer wieder Wein und Tapas (Thunfisch mit Olive, Kichererbsen mit Fenchel und Orange, Blätterteig mit Birne und Blauschimmelkäse, Gemüsefladen mit Ziegenkäse und Thymian) nachgereicht wurden und alle dachten: Wer weiß, ob die Sonne es in diesem Jahr noch einmal so gut mit uns meint…
Zum Lunch ging es allerdings hinein in den Biedermeier-Salon, was aber lediglich die Hummeln und ihre Kolleginnen im Garten traurig stimmte. Im Glas: ein 2010 OM Blanc, Oliver Moragues Pla i Llevant – ein Durstlöscher, bei dem neben der autochthonen Rebsorte Prensal (die nur auf Mallorca vorkommt) auch Sauvignon blanc enthalten ist. „Ein Wein, der zur bäuerlichen Küche passt!“ meinte Biesler – aber aus der Küche kam allenfalls eine bäuerliche Inspiration, denn Oliver Lisso hatte schlichte Vorbilder verfeinert und zusammengefügt: Lauwarmes Gazpacho-Gelee mit Chorizokompott und Kräutersalat war die erste Überraschung und eine Herausforderung, denn so ein kleines Geschmacksbömbchen macht Lust auf Mehr.
Wie schön, dass das Wünschen manchmal hilft: Kaninchen gibt’s oft auf Mallorca, aber es ist meist arg trocken, manchmal faserig, oft totgeschmort. Hier war’s anders, ganz anders. Geschmortes Kaninchen mit Zitronen-Sherryessig, Kürbis und Tortilla war saftig, das Kaninchen als Roulade mit einer würzigen Farce geradezu pikant. Der dazu gereichte 2008 Golos Negre, Vins Micquel Gelabert Pla i Llevant ist ein Silbermedaillengewinner, aber nicht mein Fall. Vielleicht, weil hier mit den regionalen Rebsorten Callet, Manto Negro, Fogoneu „und anderen“ (Webseitentext zum Wein) so gar nichts Bekanntes im eigenen Speicher probierter Weine war. Auf jeden Fall für mich weder lall noch lüll, sondern der Entschluss: genug Gelabert.
Also gab’s zum Dessert – Karamellisierte Feige mit Ziegenfrischkäse, Peta Zeta und Lavendel – wieder den Rosado vom Anfang des Weinlunchs (aber Andere haben andere Geschmäcker und blieben beim Roten oder nahmen den Weißen, war ja genug da von Allem!). Und siehe da: Der harmoniserte ganz vorzüglich mit dem Ziegenfrischkäse-Eis, das (zu meiner großen Freude) überhaupt keinen Anlass zum Meckern gab, also nicht zu zickig schmeckte…
Gasthaus zur Post
Dorfstr. 11
49549 Ladbergen
Tel.: +49 5485 93 93 0
www.gastwirt.de
Disclaimer:
Das Gasthaus zur Post ist Kunde von mir – dieser Text aber außerhalb der Aufträge entstanden.
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