Feine Gaumenkitzeleien

Kochsternstunden-Menü im Stresa, das jüngst Einjähriges feierte

Stresa KSS14

Ach ja, der Volksmund: „Willst du dein Leben genießen, zieh nach Striesen. Willst du dein Glück verdoppeln, zieh nach Goppeln!“ Uns zog es nach Striesen, denn obwohl sich das streng genommen gar nicht auf das scharfe ß in genießen reimt, ist der Stadtteil ja nicht arm an Genussorten. Vor gut einem Jahr hatte mit viel Marketingtamtam das Stresa eröffnet, aber wie wir (und etliche andere) schnell merkten, können die nicht nur trommeln, sondern auch gut kochen.

Wir waren noch während der Kochsternstunden dort, und weil wir uns wieder mal nicht entscheiden konnten, was wegzulassen sei, gab’s das volle Programm: Vier Gänge (42,50 €, mit Weinbegleitung 59,00 €). Im Vorprogramm (dem Gruß aus der Küche) erhielten wir eine Miniaturausgabe eines Hauptganges der aktuellen Karte: Kurz gebratenes Thunfischfilet mit Sesam und Orangenschaum auf Bärlauch-Graupenrisotto und geschmortem Baby Pak Choi könnte nach der kleinen Gaumenkitzelei einen eigenen Besuch lohnen (auch wenn wir’s als Amuse in leicht veränderter Beilagenausstattung hatten).

Da die Bestandteile des Menüs alle auch auf der Karte stehen, sind die Einzelpreise hinter den Gerichten notiert. Falls mal jemand nicht das volle Programm möchte! Tramezzini-Sandwich vom Beelitzer Kaninchenrücken mit Brennnesselpesto und Dijon-Senfeis (9,50 €) offenbarte zwei Überraschungen. Erstens stolperten wir natürlich schon beim Lesen der Karte über das Eis aus Senf – aber es schmeckte viel besser als gedacht. Und zweitens müssen wir, nachdem wir das schon bei den Karpfen dieser Teichwelt getan haben, uns nun auch noch bei den Kaninchen entschuldigen. Die können offensichtlich auch nichts dafür, dass sie meist so dröge und fad angeboten werden. Hier kam richtig Geschmack durch, und trocken war da auch nichts. Ob die schon jungen Spargel genascht hatten, von dem man ja sonst Beelitz so kennt? Zur Begeisterung trug auch der Blanc de Noir vom VDP Weingut Bassermann-Jordan (Pfalz) bei. Jahrgangslos steht der auf der Karte, was schade ist – aber er ist wunderbar schlonzig zu süffeln und passte mit seiner Fruchtigkeit ganz hervorragend.

Nun waren wir so richtig angefixt und freuten uns auf mehr Geschmack. Der kam dann auch als Schaumsüppchen von der Brunnenkresse mit hausgemachtem Garnelenmaultäschchen (7,50 €). Wenn’s das gäbe, würde ich jetzt schreiben: Sattes zartes Grün und eine fantastische Nase. Und dann beim Löffeln ein Maul voll Geschmack. Brunnenkresse ist für jeden Bärlauchsammler ja ein willkommenes Nebenprodukt – die wachsen gerne nahe beieinander. Und wenn die Kresse nicht so geschmacklos gezüchtet ist, bringt sie ein tolles Aroma mit. Die Maultasche war farblich und geschmacklich eine treffliche Ergänzung. Große Spannung, was da für ein Wein zu passen könnte? Einer von Tim Strasser: Scheurebe Spätlese, natürlich trocken. Die Weine des Rothen Guts in Meißen sollten uns den Abend weiter begleiten (zumindest im weißen Bereich), was einen spannenden Einblick in das Angebot des vor kurzem zum besten Nachwuchswinzer nominierten Winzers gab.

Beim Hauptgang konnte/musste man sich zwischen Fisch und Fleisch entscheiden. Wickel vom Schönfelder Saibling und Spitzkohl mit gebratenen Austernpilzen, cremiger Polenta und Paprikaemulsion (18,50 €) sorgten für Stetigkeit beim Wein: ein Grauburgunder trocken von Tim Strasser. Optisch kam dieser Gang dem mit dem Kaninchen sehr nahe – wieder eine Farce im Mantel. Pilze und Polenta übertrafen die Geschmackserwartungen schon wieder und schmeckten zuvorderst nach sich selbst – also so, wie es sein sollte! In der Fleischabteilung gab es Rosa Gebratenes und Geschmortes vom Riesaer Büffel mit Rote Bete-Jus auf buntem Rübenragout und feinem Erbsenpüree (25,50 €), bei dem wir korrekten Gargrad beim Büffel notierten und uns am Tisch lange über das gelungene Erbsenpürree unterhielten. Irgendwas war da drin, was es aus der Langweiligkeit abhob. Ob es Erbsensprossen waren? Keine Ahnung. Dazu gab’s einen Wein aus Apulien: „Tiranno“ Malvasia Nera von der Cantine San Giorgio. 

Das Menü sah zum Abschluss Sächsische Quarkkeulchen und Eierschecke mal anders (8,00 €) vor, also nahmen wir das (und nicht das Dunkle Schokoladenmalheur mit flüssigem weißen Kern). Die Eierschecke hätten wir wahrscheinlich lieber nicht noch mal anders gegessen, aber die Quarkkeulchen kamen uns in ihrer pfannenfreien Zubereitung sehr entgegen. Zusammen mit der edelsüßen Solaris Auslese (wieder von Tim Strasser) ein perfekter Abschluss eines rundrum schönen Menüs.

Restaurant Stresa
Augsburger Straße 85
01277 Dresden

Tel.: 0351 | 656 157 30
www.restaurant-stresa.de

Geöffnet:
täglich von 17 – 24 Uhr

[Besucht am 9. April 2014 | Zu den Restaurantkritiken für Dresden und Umgebung]

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