Eine Wein-Manufaktur entsteht

Besuch in der noch nicht ganz fertigen Weinmanufaktur am Mariaberg

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Man kann sich leichtere Dinge vorstellen als die Renovierung eines alten Hauses, um da drin etwas ganz Modernes zu machen – wobei sowohl alt wie auch modern natürlich relative Begriffe sind. Wir werden sehen, wie es sich mit ihnen verhält und klopfen schon mal vorsichtig an bei Martin Schwarz, Grit Geißler und Anja Fritz, die das Projekt der Weinmanufaktur am Mariaberg gemeinsam stemmen und schon recht weit fortgeschritten sind – wenn’s auch mit der Eröffnung zu den Tagen des offenen Weingutes noch nicht ganz geklappt hat. Aber: Es war offen dort, so dass wir eigentlich gar nicht anklopfen mussten, sondern einfach reinkommen, um schon mal Wein zu trinken – den Rosarot von Martin Schwarz (den wir schon mal bei der Weinernte begleitet hatten). Für eine Weinwanderung mit Weingutbesuch an einem dann doch noch überraschend sonnigen Spätsommertag ist diese Cuvée aus Regent, Spätburgunder und etwas Dornfelder perfekt!

Die letzten Tage seien stressig gewesen, hört man von den Protagonisten immer wieder – aber sie lassen es sich nicht anmerken: Sie lachen! Sie erklären! Sie bedienen die Gäste! Grit Geißler, die sich mit Martin Schwarz seit Anfang des Monats vollzeitlich der Winzerei widmet, scheint an allen drei Verkaufsfenstern gleichzeitig zu sein und hat trotzdem immer mal wieder Zeit für ein Schwätzchen. Und Anja Fritz pendelte immer zwischen ihrem Weingut Mariaberg und der neuen Manufaktur hin und her. Hier in der Manufaktur werden die Weine von Schwarz und von Fritz gemeinsam ausgebaut – aber die beiden Weingüter bleiben bestehen, die Weine werden als die von Martin Schwarz und die vom Mariaberg in eigenen Linien angeboten.

Weinmanufaktur am MariabergNa, als erstes lesen wir auf einem Plakat, dass man schon auf alten Stichen das Gebäude sehen könne – und man höre und freue sich: Dort war es „unter dem Namen Otto Geißler’s Weinberg zu finden“ – steht da so, Deppenapostroph inklusive. Von Otto zu Grit Geißler war’s dann aber ein langer Weg, und ein wenig der Geschichte erzählt uns Martin Schwarz bei einer kleinen Privatführung. Sie beginnt da, wo wir gerade stehen und viele andere Besucher sitzen: im zukünftigen Pressraum. Von außen ist der sehr markant gestaltet, aus alten Fassdauben. Man sieht also gleich, worum es hier geht. Die Weinpresse wartet derweil draußen auf ihren Einsatz vor Ort: Die Edelstahlpresse kommt ohne mechanischen Druck aus, die Schwerkraft erledigt den Job des Entsaftens. „Wir wollen ja so schonend wie möglich arbeiten!“ meint Martin Schwarz. Edelstahl-Tanks finden wir dann auch im ersten Kellerraum – mit Zetteln dran, die verraten was drinnen reift. Es sind sogenannte „Immervolltanks“, deren Deckel auf der Weinoberfläche schwimmt und – natürlich luftdicht abgeschlossen – dafür sorgt, dass auch geringere Mengen Wein in größeren Tanks nicht mit Sauerstoff in Berührung kommen.  Abgefüllt wird dann wohl in den kommenden Wochen – um Platz zu schaffen für die neue Ernte.

RandnotizenDie Holzfässer haben ihren eigenen Raum – ein dunkles Gewölbe, mit Kerzen beleuchtet. Eichefässer der Fassbinderei Stockinger in Österreich, wenig getoastet und dennoch mit gerade dem Hauch Holzton, den die Liebhaber der Weine von Martin Schwarz so lieben und ihnen den gewissen Kick geben. Oben im Gewölbe entdecken wir den Schlussstein mit der Jahreszahl 1857 – offenbar wurde da dieser Teil des Kellers erweitert und den vorhandenen Räumlichkeiten angegliedert. Noch hat der Raum ein Fenster – aber das soll weg: Wein liebt die Dunkelheit und ein konstantes Klima.

Wieder draußen gehen wir in die oberen Stockwerke des Hauses: Bis zu sieben Schichten mit Farbe und Tapete waren hier an den Wänden, so richtig erhalten geblieben nichts. „Aber wir haben Anregungen für die neue Ausgestaltung bekommen!“, sagt Schwarz. Was aus den Räumen wird? Da könnten Wohnungen rein – aber derzeit ist zumindest eine als Lager gewidmet. Man wird sehen. Klar ist, dass ganz oben ein Veranstaltungsraum eingerichtet wird, auch da wird man sehen. Was ja auch gehen könnte, wäre ein Museum für alte Werbeplakate oder so: Einen ganzen Stapel recht lustiger Aufsteller und Poster gab es im Haus, von Essenzen für Kräuterzubereitung über Wanzen-Fluid Tod und Teufel bis zu Reichels Hustentropfen. Da kann man auch Sütterlinschrift lesen lernen! Später im Garten auf dem Weg zu den Ferienwohnungen sehen wir dann noch etliche Lithografiesteine aus den 30er Jahren – auch mit Anzeigen für Fünffarbdruck.

Die Ferienwohnungen sind auch noch nicht fertig, aber wir sind schon mal drinnen herumgekrabbelt. Die große mit einer Badewanne, von der aus man direkt auf die Elbe sehen kann, hat’s mir schon im unfertigen Zustand angetan. Wer weiß, vielleicht sollte man da mal Urlaub machen. Wein gibt es ja.

Weinmanufaktur am Mariaberg
Anja Fritz und Martin Schwarz
Dresdner Straße 71
01662 Meißen

[Besucht im Rahmen der Tage des Offenen Weinguts am 30. August 2014]

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