Kochkurs im Stadion

Kochkurs mit Torsten Beyer

Kann es sein, dass man in Dresden nichts mit Dynamo am Hut hat und dennoch mit großer Vorfreude ins Stadion des Vereins (das seinen Namen je nach Sponsor wechselt, so ist das in modernen Zeiten) geht? Na klar kann das sein: Denn im Stadion gibt es eine VIP-Lounge. Klingt wichtig popichtig, aber ist nicht schlimm. Denn erstens waren wir es nur, und wir sind nicht so richtig wichtig, und zweitens wartete oben bereits Torsten Beyer. Der ist Koch und hatte sich vorgenommen, es uns an diesem Abend zu zeigen. Hinter „uns“ verbargen sich neben dem Autor dieser Zeilen, der für sich plus (eine) Begleitperson den Kochkurs mit Torsten Beyer in der VIP-Lounge des Stadions bei einer Verlosung von Onkel Franz bei deren Geburtstagsfeier gewonnen hatte, noch fünf Freunde, die dankenswerterweise auch zum Sonderpreis mit lernen durften. Und weil eh alles vom Setting her anders als normal war, haben wir unsere Weine auch gleich selbst mitgebracht. Normale Kochkurse gibt’s bei Lounge Cooking natürlich auch, dann zahlt man zum Beispiel für den am 30. November demnächst 90 Euro pro Person.

In der langen Reihe subjektiver Berichte ist dieser also durch und durch in der Wolle gefärbt, weil wir eingeladen, begünstigt und bekannt waren. Aber als stolzes Mitglied der Lügenpresse ficht uns das ja nicht an, wir berichten natürlich dennoch wie immer streng subjektiv und rundum ehrlich. Zuerst natürlich muss man was zur Location sagen: die ist schon klasse. Gute Ausstattung, nette kleine Tafel, genialer Blick ins Stadionrund (man kann auch raus, um frische Luft zu schnappen oder wie das heißt…). Unser Koch hatte sich (die meisten) Zutaten bei oder über Onkel Franz besorgt. Wer die nicht kennt und oben nachlässigerweise dem Link zur Geburtstagsfeier nicht gefolgt ist: die Jungs sind sowas wie der Tante-Emma-Laden für Gastronomen. Morgens sammeln sie die Ware bei Erzeugern rund um Dresden ein, danach verteilen sie das Gejagte an ihre Kunden. Wer nicht Gastwirt ist, hat dennoch kein Pech, denn es gibt auch einen Laden oben auf dem Weißen Hirsch, wo man als Normalo sich die Dinge auch besorgen kann.

Drei Gänge sollten es sein – klingt nicht viel, macht aber erstens auch satt und ist zweitens halbwegs in der zur Verfügung stehenden Zeit bis zum gefühlten Verhungern zu schaffen. Denn der Herr Beyer ließ arbeiten – so formulierte er es jedenfalls süffisant: „Ein Traumjob: Ich lasse Euch arbeiten und bekomme es bezahlt!“. Stimmte natürlich nicht ganz, denn auch wenn wir gehörig schnippelten und filierten und Gräten zupften: Torsten Beyer hatte natürlich schon was vorbereitet. Beispielsweise vorher eingekauft und auch schon die Hirschkeule 24 Stunden bei 60 Grad mürbe gemacht. Das hätte uns echt zu lange gedauert, da zuzusehen. Angebraten haben wir sie aber live!

Kochkurs mit Torsten Beyer making ofEine Erkenntnis des Abends: es macht zwar Spaß, das alles selbst zurecht zu schnippeln, es ist beim Essen auch extrem hilfreich, Forelle oder Saibling (den hatten wir) grätenfrei zu haben. Aber bis dahin ist das doch ’ne arge Plackerei. In der ersten Ableitung der Erkenntnis bedeutet das vielleicht aber ein wenig mehr Ehrfurcht vor den Köchen, die derlei Arbeiten ja vor dem großen Ansturm am Abend Tag für Tag zu erledigen haben, wenn sie sich wirklich handgemachter und frischer Küche verschrieben haben. In der zweiten Ableitung meckert man dann vielleicht auch nicht mehr über höhere Preise, weil man ja weiß, wieviel Aufwand auch hinter schnell verputzten Vorspeisen steckt bzw. stecken kann. Der Kochkursvorteil: Man steht nicht allein in der Küche und man hat mit dem Herrn Lehrer einen, der im Ernstfall aus der Patsche hilft oder einen Trick verrät, wie man es besser macht. Torsten Beyer tat nicht nur das, er schubste mit seiner lockeren Art auch genervte Kürbiskleinstückler so an, dass sie wieder Vergnügen hatten.

Vergnügen oder Spaß ist dann übrigens das Hauptschlagwort, unter dem der ganze Abend ablief. Teils war das Vergnügen natürlich auch selbstgemacht, denn wir waren ja Selbstversorger bei den Getränken, und wir hatten feine Sachen im Gepäck: eine Magnum Puro rosé vom Weingut Movia. Jahrgang 2003, aber noch taufrisch – Dank der Hefe, die noch in der Flasche war. Wir haben sie nicht, wie der Winzer Aleš Kristančič bei unserem Besuch bei ihm, mit dem Schwert geköpft, sondern mit Spezialwerkzeug unter Wasser. Das ist nicht so spektakulär, aber auch weniger gefährlich. Zum Fisch – den es geräuchert (mit Spezialmethode, mehr verraten wir hier nicht) und als Tatar gab, passte was Junges (Jahrgang 15): Weisser Hey. Gesprochen klingt das übrigens mehr nach Fisch als geschrieben, aber wir hatten trotzdem großes Vergnügen mit dieser Cuvee von Matthias Hey, dem Staryoungster der Saale-Unstrut-Winzer. Den Hirsch begleitete auch ein Gewinn: Bei einer WeinFunatiker-Vertikale in der Cordobar hatten vier der jetzt Anwesenden bei einer Versteigerung zu Gunsten der Berliner Krebsgesellschaft als Bietergemeinschaft für eine Doppelmagnum „Memoriam“ den Zuschlag bekommen. Der Cabernet aus der Pfalz (Schneider und Hensel, wenn ich mich nicht irre, stecken als Produzenten dahinter) aus der Doppelmagnum war ein sehr würdiger Wein – und nein, die Flasche wurde nicht leer. Denn zum Dessert (auf Wunsch eines einzelnen Herrn was mit Cranberry, aber ungefragt und dennoch perfekt passend auch mit lauwarmer Schokolade) sollte es nochmal blubbern mit einem Cava: Juvé y Camps, Reserva de la Familia

Lounge Cooking | Onkel Franz | Torsten Beyer

[Besucht am 12. Oktober 2016]

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