Mottokochen ist immer ein gewagtes Ding – weil man sich als Koch ja in das selbst gewählte Motto so dolle verlieben könnte, dass es dem Gast keinen Spaß mehr macht. Als ob man sich im Restaurant Alte Meister der Gefahr bewusst wäre und oder selbst nicht ganz sicher ist, steht auf der Karte (bitte anfassen: fühlt sich an wie Holz und sieht auch ein wenig so aus!) für das diesjährige Kochsternstunden-Menü: Auf dem Holzweg? Mit vorsichtigem Fragezeichen. Soviel vorab: das Fragezeichen kann man sich sparen, denn das Motto trägt.
Das Menü gibt es wahlweise mit vier Gängen (48 €) oder drei Gängen (40 €), die Getränkebegleitung mit Aperitif und Wein schlägt mit 27 € zu Buche. Wir wählten (und empfehlen, wie gleich klar wird) das volle Programm. Und das brachte uns in den Genuss eines Aperitifs, in dem erstmals die Karte mit dem Holz ausgespielt wurde: BETULA FUMI vereint im Glas Bourbon | Amaretto | Zitrone | Honig | Fichtenessigeiswürfel. Als die Bedienung Fichtenessigeiswürfel sagte, entfuhr mir ein: hat das schon jemand überlebt? Sie lachte: alle! Ich hab’s nicht nur überlebt, sondern musste zugeben: ja, der ging sogar. Mir zu süß, aber das ist ja reine Geschmacksache.
Die Vorspeise brachte uns rein holzmäßig in den Buchenwald, denn es gab Salsiccia, leicht geräuchert im Buchenrauch und gebraten | Sellerie | Cranberries | Walnüsse. Auf einem fettem Holzbrett kommt eine Art kleiner Waldorfsalat mit einem Stück Salsiccia auf den Tisch. Ein Hauch von Buchenrauch und die Röstaromen vom Anbraten bekamen der Wurst gut. Der Wein dazu: ein 2015 Oberrotweiler Grauburgunder RS vom Weingut Salwey, Kaiserstuhl – in Eiche und nicht in Buche ausgebaut, prima. Wahrscheinlich sogar, weil er in Eiche und nicht in Buche ausgebaut wurde…
Zur Rottannenholzsuppe mit Venusmuscheln empfahl der Kellner: denken Sie dabei unbedingt an einen Waldspaziergang! Ich so: wegen der Venusmuscheln? Er lachte. Nein, die seien drin, weil die Suppe auf Basis eines Fischfonds hergestellt sei, in den man dann die Rottannenessenz infusiert habe. Ich schloss mehrfach die Augen und dachte intensiv an alle Waldspaziergänge der jüngsten Vergangenheit, hörte aber mehr Meeresrauschen und dachte an den fabelhaften Spaziergang entlang der Algarveküste, wo, wenn ich mich richtig erinnere, wir gerade Meeresfrüchte genossen hatten und den Schatten der Bäume beim Verdauungsspaziergang entlang der Küste sehr zu schätzen wusste. Rottannen waren das aber nicht! Also: Suppe hat geschmeckt, aber mehr nach Meer als nach Wald. Aber wahrscheinlich war das auch gut so.
Das nächste Holz erinnerte an das Vorjahresmotto, wo die Alten Meister viel mit viel Wacholder und anderen Gin-Aromen gekocht hatten: Saibling, leicht geräuchert in Wacholderholz und pochiert | Agaven Beurre Blanc | Linsengemüse mit verkohlter Zitrone. Mit der (nicht wirklich verkohlten) Zitrone konnte ich nicht viel anfangen, mit der Tomate auf dem Teller auch nicht. Aber der Saibling: à la bonne heure. Der Wacholder war deutlich zu schmecken, wirkte aber nicht überbordend – gerade passend zum Fisch, der uns perfekt erreichte, also innen saftig. Der Wein dazu war eine feine Granate, ein Pinot Blanc Barrique von Kurt Angerer aus dem Kamptal. Eine schöne Art des Auf-dem-Holzweg-sein!
Mit dem Dessert verließen wir diesen Holzweg ein wenig, denn Haselnussküchlein | weißes Heu-Schokomousse | Kumquats | Cassis-Kürbiskernöl brachte wenig Haselnuss und reichlich Rote-Bete-Geschmack im Küchlein mit, was aber durch die sehr gelungene Geschmackskombination der restlichen Komponenten mehr als ausgeglichen wurde. Die Mousse haben wir in unsere private Liste der Besten aufgenommen! Der Süßwein zum Dessert war ein Recioto di Gambellara der Cantina Cavazza. Die Trauben werden im Dachstuhl der Cantina etwa ein Vierteljahr angetrocknet, dann gepresst und vergoren. Das Ergebnis: süß, aber nicht klebrig. Und mit attraktivem Säuregerüst, um die Süße zu bezwingen.
Alte Meister
Theaterplatz 1a
01067 Dresden
Tel. +49 351.4810426
www.altemeister.net
Öffnungszeiten
täglich ab 12 Uhr
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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