Es ist ja immer wieder bemerkenswert, dass die rund 1.000 Gäste (m/w/d) an den Tischen vom Leipziger Opernball sich auf die Kochkünste eines Dresdners aus Bayern (gerne auch: eines Bayern aus Dresden) einlassen. Aber nach zehn erfolgreichen Caterings von Gerd Kastenmeier und seinem Team steht dem elften am 24. September in der Oper Leipzig natürlich nichts im Wege – und wenn man als lauschender Journalist am Nebentisch beim Probeessen im Kastenmeiers im Dresdner Taschenbergpalais das allfällige Gemurmel richtig deutet, waren’s die Opernballmacherinnen und -macher wieder zufrieden.
Wobei Sinn des Probeessens ja ist, dass auch konstruktive Kritik geäußert werden darf. Denn wenn das Motto des Opernballs feststeht, muss sich der Koch Gedanken machen. In diesem Jahr feiert man das Leben (Bienvenue à la vie – was vielleicht ein arg optimistischer Slogan ist in Tagen wie diesen, aber was soll’s: Hauptsache französisch!), und da hat es ein Spitzenkoch natürlich leicht. Frankreich! Da kann man ja aus dem Vollen schöpfen! Es soll ja guten Wein in Frankreich geben, und beim Essen kann man sich sowieso austoben.
Kastenmeier hat sich für drei Gänge entschieden, die Edelfisch, das zu Recht berühmte Bresse-Huhn und beim Dessert Äpfel und Créme fraîche in überraschender Kombination auf den Teller bringen. Und wenn schon Frankreich, dann auch beim Brot vorweg – das waren in diesem Fall eigentlich Brötchen, denen im Teig einmal etwas Cremant und einmal etwas roter Bordeaux zugesetzt wurde. Damit wurden die Spiele sozusagen eröffnet (Salzbutter und Pistou ergänzten das. Wobei man Pistou hierzulande besser als Pesto kennt, der italienische Cousine des provenzalischen Klassikers).
Bei der Vorspeise fanden sich Steinbutt, Garnele und Lachs zu einem Edelfischsoufflé zusammen, das auf einem Gemüse-Julienne mit Champagnervinaigrette platziert war. Das Soufflé hatte das Zeug, zum Dessert nochmal nachgeordert zu werden, vielleicht zusätzlich zum eigentlich vorgesehenen. Am Tisch waren jedenfalls alle des Lobes voll (und unter uns: beim Ball stehen die Chancen schlecht, das nochmals als Dessert nachgereicht zu bekommen – da ist ja alles durchorganisiert!). Bei den Garnelen besteht der Herr Kastenmeier übrigens völlig zu Recht darauf, solche aus dem Salzwasser zu nehmen, weil die eben besser passen als die aus Süßwasserteichzucht. Alte Schule eben.
Beim Hauptgang muss man deutsche Essgewohnheiten wahrscheinlich ein wenig zurecht rücken: es ist eben kein Broiler, der da serviert wird, sondern das Supreme eines Bresse-Hühnchens, dem man obendrein etwas Trüffel-Tapenade untergejubelt – pardon: unter die Haut gespritzt – hat. Es muss eben nicht immer Kaviar sein, hatte ja schon Johannes Mario Simmel festgestellt. Trüffel mit Bresse-Huhn passt auch schon…
Wer bei der Vorspeise schon „Hammer“ gesagt hatte (Hammer ist ja das neue lecker…), kam beim Dessert vielleicht in Wortfindungsschwierigkeiten. Denn das Eis… also, dieses Créme-fraîche-Eis: das war einfach superduper. Und wenn man das gewusst hätte, hätte man ja vielleicht schon mal ein Eis als Zwischengang bestellen wollen. Aber ein Opernball ist kein Wunschkonzert. Und Dessert ist Dessert – wobei man der Vollständigkeit halber erwähnen sollte, dass das Eis nicht alleine auf dem Teller lag, sondern erstens auf einem Himbeercoulis und zweitens neben einer Apfeltartelette. Coulis, für die, die es nicht auf Anhieb wissen, ist eine feine Sauce – und die Apfeltartelette entpuppte sich als eine Wundertüte, die den Apfel erst nach dem Öffnen freigab.
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