Weinguides 2023: Der Feinschmecker

Dünn ist er, leicht ist er: Der Feinschmecker verzeichnet im bei ihm üblichen handlichen Format „Die 500 besten Weingüter in Deutschland“. Das Heft ist eine der Beilagen, die mit dem Feinschmecker geliefert werden – man bekommt ihn also nicht solo, sondern nur mit dem Magazin. Das macht den kleinen Weinguide zum preisgünstigsten Weinguide. Aber: 500 Weingüter sind nicht viel, die Frage ist: wie gut ist die Auswahl?

Nun ja: die einen sagen so, die anderen sagen so! Am besten formuliert es die Redaktion selbst in der Einleitung zum Weinbaugebiet Saale-Unstrut: „Die kleine Region ist nur mit zwei Weingütern vertreten. Leider!“ Nun ja: wie kann man leider schreiben, wenn man selbst die Redaktion ist? Ah, ja: Wahrscheinlich weil mehr Weingüter nichts hingeschickt haben, weil sie es nicht für relevant genug hielten! Aber wenigstens gönnt der Feinschmecker diese Transparenz den Lesenden („Wir … beschreiben nur Betriebe, die sich … aktiv beteiligen. Wer seine Weine nicht einschickt, taucht in diesem Guide nicht auf“). Warum man die Weinbauregion allerdings zwischen Leipzig und Weimar verortet, erklärt das nicht (warum eigentlich nicht gleich zwischen Erfurt und Gera?).

Für Sachsen (nicht so groß wie Saale-Unstrut) findet man vier Betriebe. Wackerbarth, Proschwitz, Schwarz und Fourré. Das ist ja erst mal nicht schlimm und sogar fein: die machen alle guten Wein! Frédéric Fourré hat seine Weine offensichtlich nur hier angestellt, denn er taucht bei den Mitbewerbern nicht auf. Mit zwei von fünf möglichen Punkten (gute bis sehr gute Weinqualität) wird der Winzer zufrieden sein. Aber dass er besser sein soll als Martin Schwarz (Feinschmecker: 1,5 Punkte – der Rest der Szene zählt ihn zur Gebietsspitze) oder  Schloss Wackerbarth (auch 1,5 Feinschmecker-Punkte – der Rest der Szene sieht das Staatsweingut auf Augenhöhe mit Martin Schwarz, meist nur ein My weniger gut), kann man getrost anzweifeln. Und Schloss Proschwitz ist nur hier als bestes Weingut der Region bewertet – was so sonst auch kaum einer mehr glaubt (hier wäre ein leider übrigens auch angebracht).

Die im Heft beschriebenen Weingüter werden ansonsten nach Schema F vorgestellt: Name, Adresse, Inhaber, Größe, Probiertipps, ca. 16 Zeilen Beschreibung des Weinguts und der Weinstilistik. Bei den Probiertipps werden die insgesamt auf dem Titelblatt angekündigten 1.500 Weintipps für jedes Budget“ genannt – ohne jegliche Wertung, Ob es dann wirklich zusammen 1.500 sind? Bei einigen Weingütern sah ich nur zwei Empfehlungen, beim Schmökern (also nicht systematischen Suchen) aber keins mit vieren. Aber egal.

Die Weingüter sind nach Anbaugebiet und dort dann nach Orten angeordnet. Wenn man vor Ort ist, ist das Prinzip praktisch, zumal ein Register alle Weingüter alphabetisch auflistet und auch ohne geografische Kenntnisse aus der Ferne auffindbar macht. Kompliziert wird’s dann allerdings, wenn man den Winzer Frédéric Fourré in Dresden unter der angegebenen Adresse sucht: da wohnt der Winzer, aber Weinberge gibt es dort weit und breit nicht. Um die Weinberge des (immer noch) weingutsfreien Winzers zu sehen, sollte man lieber nach Radebeul in die Hoflössnitz fahren… So richtig angestrengt gut scheint die Redaktion eh nicht zu arbeiten: Martin Schwarz hat im Redaktionstext 2,2 ha – im tabellarischen Teil sind es dann 3 ha. Na was denn nun?

Eine App gibt es nicht, aber im Netz stehen die Infos zu den Weingütern – und sie sind frei verfügbar.

Feinschmecker Weinguide
208 Seiten, 115 x 190 mm
Redaktionsschluss 10. Oktober 2022
Jahreszeiten-Verlag, Beilage zum Heft 1/2023 (Preis 13,90 €)

[Alle Rezensionen der Weinguides 2023]

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