Der Flughafen von Korfu liegt stadtnah und noch näher am beliebten Foto- und Postkartenmotiv des (ehemaligen) Klosters Vlacherná. Wer beim Anflug rechts sitzt, rauscht nur wenig über der Bucht mit Kloster- und Mäuseinsel ein und kann schon mal fotografieren, wie es von oben aussieht. Einige Tage später sitzen wir unten im flisvos, einem kleinen feinen Restaurant, das man so ambitioniert an diesem touristischen Hotspot nicht unbedingt erwartet – aber hey, es geht doch!
Den Weg zum Kloster kann man von der Inselhauptstadt Kerkyra (wie die Korfioten Korfu nennen) als kleine Wanderung gestalten, aber selbst die Rother-Wanderspezialisten empfinden den langen Streckenabschnitt auf der Straße als öde und empfehlen den Linienbus. Wir nahmen also gleich den Mietwagen und kurvten durch die engen Gassen zum Stadtteil Kanoni. Das Navi beliebte uns den Berg hoch zu scheuchen und uns an einer Abzweigung geradeaus statt leicht rechts zum großen Parkplatz zu leiten. Wir also hoch, um direkt vor dem Café Kanoni einen von vier oder fünf Plätzen zu ergattern.
Das Café liegt in der Beletage – also oben auf dem Berg. Es geht touristisch zu, die Bedienungen laufen hin und her und schauen genervt, ohne wirklich unfreundlich zu sein. Sie haben es aber auch nicht leicht, mit einer nicht bemerkenswerten Qualität des Angebots im Hintergrund und nervigen Touristen im Vordergrund. Das Flugwesen auf Korfu im Juni ist nicht sehr dicht getaktet, es entwickelt sich aber. Alle Naselang kommt ein Flieger, der sich den Weg zwischen Mäuseinsel und Inselfestland bahnt, um dann Sekunden später zu landen. Obwohl das laut ist und die Inselruhe eher stört, sind alle begeistert und zücken die Fotogeräte, zu 99% also ihre Smartphones, um das Spektakel zu filmen bzw. zu fotografieren. Viel lauter sind übrigens die Starts, aber die sind nicht fotogen: da geht’s schnell steil ab in die Luft, während bei den Landungen die Flieger sozusagen auf Augenhöhe vorbei rauschen.
Als wir genug gesehen und den griechischen Café aus hatten, stiegen wir die Stufen runter auf Meeresebene. Die Treppe beginnt quasi im Café und endet praktischerweise im flisvos. Der Autor des Müller-Wanderführers Korfu nennt es eine gemütliche Taverne und lobt die Sandwiches und Grillgerichte für 10 Euro. Das können wir so nun gar nicht bestätigen – weder, noch. Das flisvos ist eher ein modernes fine dining – mit entsprechenden Preisen (bei entsprechender Qualität). In einem Bar-/Loungebereich kann man auch nur auf einen Drink vorbei kommen, die Plätze direkt am Haus vis-a-vis vom Kloster (oder, um die Ecke, mit fast offenem Meerblick) sind den Restaurantgästen mit Essenswunsch vorbehalten.
Die Tische sind chic eingedeckt, türkis ist aus gutem Grund die Lieblingsfarbe – die passt sehr harmonisch zum Wasser rund um die Insel. Etliche Weine gibt es offen, einige mehr in Flaschen – darunter auch einen 2019 Tenuta San Guido Sassicaia für 750 €. Viel zu jung, sowieso, aber wir wollten eh was Lokales… Unsere Wahl fiel auf einen 2021 Kakotrigis vom Weingut Pontiglio (7,50 €/Glas). Das liegt in Lefkimmi im schmalen südlichen Zipfel der Insel, die Weine wachsen dort auf lehmig-tonigen Böden. Die meisten Weinberge liegen in der Nähe von Wasserrinnen mit fruchtbareren Böden als Schwemmland. In diesen Böden gibt es einen beträchtlichen Anteil an Sand. Spannende Terroirs mit autochthonen Reben wie die Kakotrigis (die so heißt, weil ihr Stiel so hart ist)! Aber die Sorte ist interessant, denn sie kann mit unterschiedlichen Weinbereitungsmethoden oder verschiedenen Erntezeitpunkten jeweils andere Ergebnisse liefern. Wie auch immer: der Wein passte bestens zum Essen (wir waren aufmerksam geworden und – Tage später – im Weingut).
Wir starteten mit einer Wolfsbarsch-Ceviche / Süßkartoffelcreme / Kumquat / Schnittlauchrouille / Crispy Trahana (19 €). Ein hübsches Bild, der Teller. Aber so viel Dinge auf einer Ceviche müssen nicht jedermanns (m/w/d) Sache sein. Wir hatten uns die Vorspeise geteilt und auch zwei Meinungen: zu viel des Guten, meinte die Frau, geht doch, sagte der Mann. Am Ende ward alles gegessen und besonderes Lob fiel auf den Wolfsbarsch und die Schnittlauchrouille – wahrscheinlich hätte das so auch gereicht.
Das Meeresfrüchte-Risotto mit Muscheln / Garnelen / Calamari / Bisque (22 €) war keine Enttäuschung. Vor allem, weil wir uns schon gedacht hatten, dass es nicht ans beste je gegessene Risotto heranreichen würde, und wohl auch nicht ans zweitbeste. Aber: es schmeckte! Das Risotto am Rande des Reises war gut gewürzt, die leichte Schärfe in der Bisque machte sich gut. Die Meeres-Komponenten hätten sich nicht ganz so rar machen müssen, aber wir sind ja nicht zu Hause!
Wolfsbarsch Bianco waren Filets in einer sehr erfrischend-leichten Zitronen-Knoblauch-Sauce (mehr Zitrone als Knoblauch – hier war der Wein mit seinen zitrischen Noten in seinem Begleiter-Element!). Dazu hauchdünne Kartoffelscheiben, geschichtet und als Kartoffelterrine außen knusprig und innen sahnig-cremig serviert. Ein nicht nur schön anzusehender Gang, der vom frischen Fisch wie von der köstlichen Sauce lebte. Der Gang erhielt das größtmögliche Lob: „Müssen wir mal versuchen nachzumachen, auch das mit den Kartoffeln!“
Der Verdauungsspaziergang führte über die Brücke zur nicht-mehr-Insel und dem nicht-mehr-Kloster, das weder m noch w und schon gar nicht d ist, sondern schlicht t wie touristisch. Ein Souvenirshop nimmt den meisten Platz ein, zwei kleine Räume erinnern an die christliche Vergangenheit des Gebäudes (es wurde im 18. Jahrhundert erbaut und diente bis 1980 als Kloster). Ansonsten muss man da natürlich hin und einmal ums Haus rum, schon um sagen zu können: wir haben die Klosterinsel umrundet.
Flisvos – The Seaside Experience
Kanoni Blaxerena
Kerkira 491 00
Tel. +30 266 104 6191
flisvoscorfu.com
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