„Wenn’s gärt, muss ich dabei sein!“

Podcast "Auf ein Glas", Episode 91: Bernard Pawis, Saale-Unstrut

Bernard Pawis

„Wir müssen erfolgreich sein durch Fleiß, Akribie und ein gutes Produkt!“, sagte Bernard Pawis seiner Frau Kerstin, nachdem sich die beiden entschieden hatten: Wir machen ein Weingut! Das war Ende vergangenen Jahrhunderts – und der Plan ist aufgegangen: die Eltern hatten mit 1.440 qm in den Ehraubergen den Grundstein gelegt, jetzt bewirtschaftet Pawis – mittlerweile mit Unterstützung von Sohn Christian – 16,5 ha vom Himmelreich bis Edelacker. Seit 2001 ist das Weingut Mitglied im VDP – als einer von sechsen im Bereich der beiden Anbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut.

Weingut PawisSeine erste Kleinstkellerei passte noch in eine Doppelgarage (natürlich „selbst gefliest“), wurde aber schnell zu eng. Dann baute er einen richtigen Keller in Freyburg – 350 qm mit modernster Technik. Aber auch dieser der Keller wurde schnell zu eng, weil er zwar immer mehr Wein produzierte, aber dennoch immer ausverkauft war. Die Aufnahme in den VDP gab dann noch einen Bekanntheits-Schub – und auf der lange erfolglosen Suche nach einer größeren Halle gab’s dann den entscheidenden Tipp: das ruinöse Klostergut auf der Anhöhe des Zscheiplitzer Martinsberges wartete darauf, wachgeküsst zu werden. Das hat geklappt, das Areal ist ein Postkartenmotiv und bietet dem Perfektionisten Pawis die Möglichkeit, die Weine ganz nach seinem Gusto auszubauen: aromatisch, die Mineralität des für die Gegend typischen Muschelkalks voll ausreizend.

Mittlerweile ist Sohn Christian nach einem Ausflug in die Physik und einem Geisenheim-Studium mit im Betrieb – die dritte Generation steht also in den Startlöchern.

Und hier wie immer der rote Faden des Gesprächs:

  • 00:36 zu Gast bei Bernard Pawis / Saale Unstrut
    im Glas: 2022 Riesling Muschelkalk
  • 02:41 mit 1.440 qm in den Ehraubergen ging es in den 70er Jahren los
    automatisch Teil der Genossenschaft, aaaaber…
    Müller-Thurgau „zur Seite gelegt“
    eigene Kelter selbst gebaut, mit Trabant-Wagenheber
    es war cool, im Freundeskreis ne eigene Flasche Wein hervorzuzaubern
    jede Flasche war ein Unikat!
  • 04:19 Mangelwirtschaft führte dazu, sich einen Kopf zu machen
    Bernard Pawisdiese Erfahrung kam ihm auch bei der Betriebsentwicklung zugute
    Weinmachen auch nach der Wende erst hobbymäßig gemacht
    ich habe erst mal dem Geld nachgeschaut – beim Holländer im Blumenhandel gearbeitet. Durchaus sehr erfolgreich
    …aber dann hat’s ihn doch zum Wein gezogen: Verkaufsleiter beim bundesweit tätigen Weinhandelsfirma
    1998 mit dem Tod der Mutter entschied er „aus dem Bauch heraus“: ich höre auf zu arbeiten
    Mach Dir keine Sorgen: zu trinken haben wir auf jeden Fall!
    es ging los mit 0,5 ha vom Onkel, kleinen zugepachteten Flächen und dem eigenen – es reichte für 5.000 Flaschen im Jahr, die der Vater in der Straußwirtschaft verkauft hat
    und da habe ich einen Plan gemacht: wir müssen größer werden!
    wir müssen erfolgreich sein durch Fleiß, Akribie und ein gutes Produkt
    Betrieb ist heute auf 16,5 ha angewachsen
    für uns reicht’s so – wenn die Jung große Pläne haben, sollen sie es machen (die next generation kommt ins Spiel)
  • 08:48 Keller in Freyburg gebaut
    die Heimat von Rotkäppchen
    zuerst aus der Neubauwohnung ins Einfamilienhäuschen – mit Doppelgarage: das wurde die Bonsei-Weinkellerei
  • 10:15 Kellerei gebaut 1998
    Schweigenberg – Freyburg350 qm mit chicker neuer Technik
    Kaltgärung war ihm wichtig. Ab 2000 hast er die praktiziert „und da waren wir die Überflieger“
    unsere Weine waren dadurch extrem duftig und aromatisch, die hat man blind rausgeschmeckt
    mehrmals erfolgreichster Betrieb bei Landesweinprämiierung – Erfolg stellte sich ein
    Winzerlehre im Staatsweingut Radebeul hatte er absolviert (was er nicht sagt: Abschluss 1982 als einer der 3 Besten! Sieht man in der Ausstellung auf einem Plakat).
    Trennung von Weinberg und Keller in der Ausbildung mag er nicht: es muss beides passen
    Verantwortung muss in einer Hand liegen!
    Historie-Plakatweswegen er „bei Regenwetter sich beim Kellermeister gemeldet“ hat…
    da musste er zuerst „natürlich“ erst mal die Holzfässer von innen putzen
    die paar Stunden haben mich geprägt – und der Rest war dann autodidaktisch, Stück für Stück
    Kunststofftanks von der Mosel organisiert…
    man muss den Willen dazu haben, dann funktioniert’s auch
    Zitat von Silvio Nitzsche, WKB Dresden: „König des Anbaugebiets“
    wir haben alles Zeug drangelegt, das war unser Leben!
    Fleiß und im Köpfchen bisschen was…
    2001 in den VDP aufgnommen
    ein Hamsterrad, das immer schneller wurde
  • 16:04 wie ist er auf das – damals ruinöse – Kloster gekommen?
    der neue Weinkeller (2000) führte zu so guten Qualitäten, dass sie immer ausverkauft waren
    der Keller war nach vier Jahren zu klein…
    ins Gewerbegebiet wollte er nicht
    er wollte kein Weingut zwischen Bauschlosser und Sanitärbetrieb
    die Klosterruine war ein Zufallsfund…
    er hatte das Gelände von der Kindheit in Erinnerung: schmutzig, vermüllt…
    erst mal alleine angeschaut…
    aber: 1 m dicke Wände, jeder Stein vom Steinmetz behauen, erzählt eine Geschichte
    ich habe nur Schritte gewagt, die funktioniert haben
    2005 Ruine gekauft
    der kleine Gewölbekeller war als erstes fertig
    nach einem Monat war das Gewölbe nutzbar
    gab es da noch Denkmalschutz?
    wir haben keinen Cent vom Denkmalschutz bekommen, aber Auflagen ohne Ende
    Bundespräsident Horst Köhler war mal da und war begeistert
    Herr Pawis, wie machen Sie das – mit so’n paar Pullen Wein?
    Die Antwort: wir Ossis sind fleißig und haben was im Kopf!
    das Geld, das wir von der Bank bekommen haben, musste effizient eingesetzt werden
  • 22:22 Eine Beschreibung, was daraus geworden ist
    Saal mit 80 Sitzplätzen (Weinverkostungen)
    Galerie, früher Kunstausstellungen, jetzt Geschichte des Weinguts in Bildern
    es ware ’ne wilde Zeit, man hat gespürt, dass man was bewegen kann
    und dann der Quertrakt: als das Weingut fertig war, kam das als weiteres ruinöses Gebäude hinzu
    das Ensemble sollte sich wieder schön machen
    erst im Veranstaltungsbereich ausgetobt, dann obere Etage entkernt für fünf Ferienwohnungen
    die Toskana des Nordens!
    wo Weinberge sind ist es immer schön!
  • 28:04 über die Böden
    SchweigenbergMuschelkalk … bei Freyburg, Weischütz, Karsdorf
    etwas Lehmeinmischung
    Richtung Naumburg, Großjena, Blütengrund gibt’s den Übergang zu rotem Buntsandstein
    Wir haben im Betrieb 90% Muschelkalk
    unterschiedliche Bodenmächtigkeit – da kann man was zaubern!
    Top-Lage ist – durch VDP entwickelt – die Große Lage Freyburger Edelacker
    Edelacker ist ein neuer (alter) Begriff. Eigentlich ist’s der Schweigenberg, aber der wurde zur Großlage „eingemeindet“…
    jetzt sind wir dabei, das zu bereinigen (eine Aufgabe für den Christian)
    Christian ist jetzt mit im Betrieb
    er hat zuerst Physik studiert
  • 29:56 vom Generationenwechsel seiner Eltern zu ihm wurde es ein florierendes Weingut
    Und wie weiter? OK, wenn ihr nicht wollt (der Große war in Leipzig gelandet…): wir verkaufen!
    dann hatte sich Christian doch fürs Weingut entschieden.
    also: Geisenheim!
    als Chef in so einer Betriebsgröße muss man für alles da sein
    Unterschiede gemerkt, zum Papa, der jeden Tag die Mitarbeiter brieft und dabei ist statt Chef am Computer zu sein…
    wenn’s gärt, muss ich dabei sein und mal ein paar Nächte nicht schlafen
    das sehe ich nicht als Last – es ist cool dabei zu sein, wenn sich was entwickelt
    zurück zu den Weinbergen!
  • 33:32 Warum der Edelacker so heißt – the true story
    wie der Kurfürst seine Edelleute vor den Pflug spannte, damit sie die Plackerei erahnen können
    an der Neuenburg gibt’s ein Feld „Edelacker“ nach dieser Sage (hier nachzulesen)
    Freyburger Mühlberg hat er einiges – kann man maschinell bearbeiten
    Weischützer Nüssenberg  (Grauburgunder)
    es konzentriert sich im Raum Freyburg – die weiteste Strecke zu fahren sind 10 km
    kurze Wege im Betrieb, aber auch zu den Weinbergen waren ihm wichtig
    vorrangig Riesling (35%) – eher untypisch für dei Region
    sie trinken selbst gerne Riesling, daher haben sie ihn vermehrt angepflanzt
    aber auch Müller-Thurgau und dann Weiß- und Grauburgunder
    Piwis versuchsweise im Steilhang (Pinotin, Cabernet Blanc)
    aber die klassischen Rebsorten wie Rieslig und Burgunder – die können wir nicht einfach raushauen
    Verweis auf Klumpp-Podcast
    Verweis auf leistungsfähigere Neuzüchtungen
    Akzeptanz der Kundschaft ist kaum da
    über den Bacchus
    Pawis-Weine zu 95% trocken ausgebaut
  • 39:39 Thema Breitengrad 51
    Vergleich mit Kriterien des VDP
    er ist seit 2001 im VDP – aber gar nicht beim Breitengrad (was uvs dachte)
    ich bin nicht dabei, weil ich nicht zweigleisig fahren möchte – aber unterstütze die Idee
    und nun?
  • 44:30 Sekt!
    SektLisa Deckert spezialisiert sich aufs Sektmachen in der Region
    one more thing!
    Teilnahme an VDP-VA in Wiesbaden: jahrelang geschickt und über die Resonanz enttäuscht
    Erträge sind gering und schwanken durchs Klima
    Kälteperioden bis 31 Grad minus
    wir haben eine Weinbautradition von über tausend Jahren – aber der Weinbau war nie so ein Schwerpunkt wie andernorts
    es war eine Enklave, in der es ab und zu möglch war, einen trinkbaren Wein zu machen
    geht Wein in den Export? Nein, bleibt alles in der Region/in D
    so lange der Wein für hier nicht reicht, muss ich nicht exportieren!
    Wie das ist, den eigenen Wein im Restaurant zu bestellen …
    aber auch wenn am Nebentisch der eigene Wein geordert wird: das ist schon ein gewisser Stolz

Weingut Pawis
Auf dem Gut 2
06632 Freyburg (Unstrut)

Tel. +49 34464-28315
weingut-pawis.de

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Auf ein Glas – der Podcast der STIPvisiten. Gespräche beim Wein. Über Wein. Über Essen. Und übers Leben, natürlich.

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