Sonntags möchte man kein Schnitzel sein am Theaterplatz: da wirste bekloppt. Und zwar ordentlich, denn zu einem guten Wiener Schnitzel gehört, dass es platt gemacht wird. Man hört es, wenn man einen Platz im neuen kulinarischen Hotspot Opera bar&dining in der Schinkelwache hat! Benjamin Biedlingmaier (in Dresden lange Zeit mit einem Stern ausgezeicheter Koch im Caroussel im Bülow-Palais) stand an diesem Sonntag-Nachmittag selbst in der Küche, kam aber hin und wieder raus, um Gäste zu begrüßen und mit ihnen kurz zu schwatzen.
So viel Zeit muss sein, und sie ist Teil der gelebten Gastfreundschaft im Opera. Auch Stephan Herz (HERZ american bar) war da, und zwar nicht nur zum Smalltalken, sondern auch zum Bedienen. Das ist Teil der sehr angenehmen Atmosphäre im sachlich-modernen Ambiente des elbseitigen Seitentrakts der Altstädter Wache – die nach ihrem Architekten Karl Friedrich Schinkel in Dresden allerdings kaum jemand anders als unterm Begriff Schinkelwache kennt. Wir waren ja zur Eröffnung im Oktober zu einer Prerssekonferenz dort, man kann also über den Umbau, das Drumherum und zur Neugestaltung hier einiges nachlesen.
Zurück also zum Spätnachmittag an einem Sonntag. Sonntags ist Schnitzeltag, was im opera freilich so nicht heißt, sondern Sonntags Special: Opera Wiener Schnitzel vom Kalb, lauwarmer Kartoffel-Gurkensalat, Preiselbeeren. So steht’s oben rechts eingekästelt auf der Karte. Menükarten sind ja immer ein Quell der Freude, so auch hier. Im Internet wird fein unterschieden zwischen einer Tages- und einer Abendkarte. Für die Entscheidung, ob wir den Besuch vor oder statt Theaterabend machen sollten, studierten wir die beiden Karten sehr genau. Sie schienen uns im Food-Teil identisch (umgedreht sind die Getränke ein wenig anders)…
Also gut: oben rechts wird das Wiener Schnitzel angepriesen, oben links das kleine Operngedeck: drei Austern und ein Glas Champagner. Damit waren ja zwei von drei Gängen schon gesetzt. Beim Dessert fiel uns sofort auf, dass es Creme Brûlée gibt: schneller bekommt man seine drei Gänge nicht hin. Wären da nicht (leider für uns zu spät) kreativere Gäste am Nebentisch gewesen, die auf der Schiefertafel Nudeln mit Trüffel entdeckt und sich eine Portion geteilt hatten: gute Idee, merken! Das Spinxen zu den Nachbarn ist eh eine gute Idee, wir haben schon ausgemacht, was es beim nächsten Besuch geben wird…
Die Austern kommen in der Tat so schnell, wie sie auf der Karte angekündigt werden, nämlich SCHNELL-FAST-VELOCE-RAPIDO. Fehlt eigentlich nur noch das быстро, aus dem ja angeblich das Bistro entstand – aber wir sind ja in keinem 😉 . Die Austern sehen toll aus: groß, natürlich ausgelöst (wie wir das hassen, wenn bei der Vorbereitung der letzte Fitzen Muskel nicht durchtrennt wurde und man dadurch Weltmeister im uneleganten Schlürfen wird!). Wir schlürften also elegant und bedienten uns aus Gründen der Abwechslung der drei Saucen plus der Zitronenschnitze, lobten die in der Theorie obligate Pumpernickel-Butter-Cheddar-Beilage, weil sie den Geschmackspraxistest mit Auszeichnung bestand. So wie auch die Austern, frisch selbstredend – und weil frisch: nussig-kräftig.
Währenddessen klopft der Koch (oder ein Gehülfe, m/w/d) das Schnitzel in der Küche. Ach nein, das war das für Tisch drei. Aber egal, unser klopft sich auch zeitnah an, und weil es ein Wiener Schnitzel ist haben wir von der (kleinen) Weinkarte was Österreichisches zu trinken ausgesucht: Grüner Veltliner Himmelstiege Federspiel, Domaine Wachau, Österreich (9,50 € fürs Achtele, also 0,15 l) – mehr Trinkfluss als Tiefe, aber zwischen Tag und Nacht ganz angenehm. Das Schnitzel macht optisch was her, doch der Freund aus Wien hätte sich sicher beschwert, weil auf dem Teller nich Platz für die Schüsseln mit dem Kartoffelsalat und den Preiselbeeren war. Nun ist der Freund aus Wien aber auch jemand, der es nicht nur gut (sorry: sehr gut) hat, sondern auch gerne reichlich. Aber wir essen ja eh alle zu viel Fleisch, und am Ende des Abends mussten wir nach Rücksprache mit dem Magen ja auch zugeben, dass da keinerlei Spuren von Hunger mehr waren.
Bleibt also Zeit, die Gedanken über die Qualität des Essens zu teilen: zehn von zehn Punkten wären vielleicht angemessen: die Panier schön souffliert, man roch die Butter (gerne auch das Butterschmalz…) heraus und vor allem schmeckte man genau das. Das Fleisch war die größte Überraschung, denn es war (sorry, nahezu blödes Wortspiel) butterzart. Da ist ja nicht jedes Kalb gleich, und vielleicht muss man im Leben auch mehr als ein Wiener Schnitzel gemacht haben, um diesen Gargrad so hin zu bekommen. Ein Extra-Lob für die handgewickelte Sardelle um den Kapernapfel, die sowas wie das i-Tüpfelchen auf dem Zitronenschnitz waren. Der lauwarme Kartoffelsalat machte aus zwei überzeugt Norddeutsch-Kartoffelsalat-mit-Mayo-Liebhabern völlig überraschte ähm, das geht ja, und zwar sogar gut!
Die Creme Brûlée kam in der von uns bevorzugten Verteilung von relativ viel Knack on top of lecker Creme, in diesem Fall eine (beim ersten Anstich überraschend flüssige bzw. nicht so dick-feste) Espresso-Creme. Darauf eine Kugel Familieneis, wie unsereins das früher immer völlig falsch gesagt hat – aber es ist ja in der Tat so ein Alleskönner. Das alles war sozusagen das Tüpfelchen auf dem i, weil ja erstens etwas Süßes nach dem Herzhaften immer Spaß macht – und weil sich das Cremige auch gut in eventuell noch vorhandene Nichtsosattlöchlein schob…
Opera bar&dining
Theaterplatz
01069 Dresden
Tel. +49 351 42417878
opera-dining.bar
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