Gekommen um zu schmecken

Kastenmeiers Fischrestaurant zieht zurück ins Taschenbergpalais

Anna-Luise und Klärchen

Ich hör dich Butterbrot zum Aal bestellen –
Gott segne deinen lieben Appetit!
aus: Auf ein Frollein, Theobald Tiger,
Die Weltbühne, 04.05.1922, Nr. 18, S. 462

Im Taschenbergpalais. Das Kastenmeiers Fischrestaurant soll morgen nach der Umbaupause wegen Renovierung des Hotels wieder eröffnen. Am Pass, der Übergabestelle zwischen Küche und Gast, schwimmen oben im großen Aquarium schon die Forellen. Während unten die versammelte Lokalpresse am Chef’s Table Gerd Kastenmeier lauscht, wie er Geschichten vom Umzug und der vor ihm und seinem Team liegenden Saison erzählt, schwimmen die Forellen gegen den Strom. Sie unterhalten sich, leise natürlich. Damit die dummen Menschen denken, sie seien stumm.

Anna-Luise: Da sitzen sie nun wieder unten am Chef’s Table…

Klärchen: Wo?

Anna-Luise: Na da, musst ein wenig herauskommen aus Deiner linken Ecke!

Klärchen: Wirste jetzt politisch?

Anna-Luise: Quatsch, ich meine das rein aus dem Auge des Betrachters. Wenn morgen der Sebastian die steilen Stufen hochkommt und sich eine von uns rausfischt, ist ja alles andersrum. Da biste dann in deiner rechten Ecke.

Klärchen: Das Leben kann aber auch kompliziert sein!

Anna-Luise: Freust Du Dich eigentlich auf morgen, wenn das Restaurant wieder eröffnet?

Klärchen: Weiß nicht. Einerseits ist das ja schön, wenn wieder was los ist. Ich liebe lachende Menschen, die beisammen sitzen und schwatzen! Zumal das nun nicht mehr so einen Geredegeräuschteppisch gibt wie früher: eine Schallschutzdecke, sagten die Bauleute, macht’s möglich. Lauter Löcher drin, in denen der Lärm der Welt verschwindet!

Anna-Luise: Und was ist mit andererseits?

Klärchen: Naja, das ist hier zwar ein toller room with a view – aber eigetlich sind wir ja gekommen, um zu schmecken! [fängt an leise zu singen:] Denn der schönste Platz, der hier auf Erden mein / das ist Heidelberg in Wien am Rhein, / Seemannslos. / Keine, die wie du die Flöte bliese…! / Lebe wohl! Leb wohl. / Anna-Luise – !
Musste nicht kennen. Ist von Tucholsky, meine Mutsch hat es mir mal vorgesungen.

Anna-Luise: War das jetzt etwa schlüpfrig?

Klärchen: Ach was. Was Du da immer raushörst! Aber irgendwas Schönes muss man doch im Kopf haben, wenn das letzte Stündlein…

Gerd KastenmeierAnna-Luise: Psst, sei mal leise. Der Kastenmeiergerd redet glaube ich gerade über uns!

Gerd Kastenmeier, von unten außerhalb des Aquariums: …in der ersten Stelle nach meiner Ausbildung gesagt: Bazi – der Chef sagte immer Bazi zu mir, weil ich der einzige Bayer im Team war, also Bazi sagte er: „Ein Schnitzel isst man da, wo man’s klopfen hört – und eine Forelle da, wo man sie schwimmen sieht!“

Anna-Luise: wenn man das so hört! Da haben wir’s doch noch gut getroffen. Haste von der Lydia gehört?

Klärchen: Ja, die ärmste. Wurde mit der ganzen Großfamilie vom Teich weg geholt und landete dann in der Tiefkühltruhe. Das ist doch auch kein Leben! Dann doch lieber mit Blick auf die Kunst…

Anna-Luise: Gefällt Dir das? Ganz schön bunt, oder?

Drink ChampagneKlärchen: Passt aber doch: Als Forelle blau vor „Save water, drink Champagne!“ vom Pop-Art-Künstler Michel Friess zu landen: das finde ich stylish!

Anna-Luise: Stimmt! Aber dann will ich wenigstens bis Sonntag hier noch rumschwimmen. Denn dann kommt der Künstler zur Vernissage – hat der Gerd gerade gesagt! Den will ich sehen!

Klärchen: Au ja, vielleicht bestellt er mich dann ja!

Anna-Luise: Dich? Wieso denn Dich? Dem will ich schmecken!

*

Kastenmeiers – das Fischrestaurant im Taschenbergpalais
Taschenberg 3
01067 Dresden

Tel. +49 351 48484801
www.kastenmeiers.de

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