Sicher, wenn es um die ganz Großen geht an der Mosel, dann fällt ihr Name nicht. Aber wenn man einmal auf den Spuren der Römer wandelt und im Ort Igel (neun Kilometer von Trier entfernt) landet, dann lohnt nach dem Pflichtbesuch der Igeler Säule ein Abstecher zur Löwener Mühle gleich doppelt. Denn einerseits gibt es hier in den Weinbergen so was wie das Pendant zur Säule, nämlich das Grutenhäuschen. Und andererseits kann man in der Vinofactur der Löwener Mühle erleben, wie engagiertes Winzerinnentum heute so geht. Wir trafen dort – unterwegs in engagiert probierender Journalist*innenrunde – Stephanie Wittkowsky und ihre Mutter Monika Johaentges und lernten vielfältig hinzu. Zuallererst, wie Gastfreundschaft geht. Dann, wie Fröhlichkeit ansteckend sein kann. Und schließlich, wie man im kleinen Familienbetrieb mit Fachwissen (beide Frauen haben den Beruf nicht nur, wie früher gerne üblich, allein durch Praxis gelernt) und kreativen Ideen überleben kann. Fehlt noch: die Qualität. Probiert (na gut, ehrlich: es war Mittagszeit – nicht nur probiert, sondern auch getrunken und für gut befunden) haben wir selbstverständlich auch.
Wie bei Winzers üblich (eine schöne Sitte!), läuft nichts ohne einen Begrüßungssekt. Mit dem Gruthenhäuser Elbling Brut sind wir dann aber auch gleich in zwei Themenbereichen. Der eine führt nochmal kurz zurück zur Säule und dem Grutenhäuschen. Obwohl die Säule laut Wikipedia „das einzige an seinem Originalstandort seit der Antike oberirdisch erhaltene römische Grabmal nördlich der Alpen“ ist, hat sie doch den Nachteil, eher ein Scheingrab und vielleicht auch nur eine sehr gelunge frühe Form einer Litfasssäule zu sein – denn im gleichen Wiki-Beitrag kann man lesen: „Der Form und der Inschrift nach handelt es sich um ein Grabdenkmal, allerdings wurde bei Ausgrabungen keine Bestattung in unmittelbarer Nähe nachgewiesen. Möglicherweise diente es daher lediglich als … Scheingrab, während die Gräber der Erbauer und ihrer verstorbenen Angehörigen auf deren Privatgrundstück lagen. Neben der Erinnerung an die Toten der Familie hatte das Denkmal wohl auch noch den Zweck, werbend auf den Tuchhandel der Erbauerfamilie hinzuweisen.“ Da trfft es sich doch ganz gut, dass das Grutenhäuschen tatsächlich ein römischer Grabtempel war, errichtet im 3./4. jahrhundert und auf den Resten der ursprünglichen Grabkammer 1962 restauriert. 2001 wurden die oberen und vorderen Teile des ursprünglichen Tempels rekonstruiert, so dass das Häuschen jetzt ein schönes Bild abgibt im Weinberg – und auch genutzt wird. Für Trauungen von der Gemeinde – und da es auf dem Weinberg der Löwener Mühle steht, auch für deren Zwecke (wie zum Beispiel: Journalisten hinführen und ihnen dort reinen Wein bzw. Sekt einschenken).
Elbling Sekt Brut
Der Elbling, den wir nun im Glas haben, kommt aus einer Flasche, der ihn als Gruthenhäuser ausweist. Na was denn nun – mit „h“ oder ohne? Ganz einfach: der Volksmund nennt es Grutenhäuschen, der alte Flurname ist Beim Gruthenhäuschen. Und es ist ein Elbling, was ja als Rebsorte ganz gut zum Objekt passt. Denn sie ist schon seit den Römern in Deutschland heimisch, war lange Zeit sogar die meist angebaute Sorte (bis Riesling, Silvaner & Co sie vom Platz schubsten). In ganz Deutschland gab es 2022 nur noch 472 ha Elbling in ganz Deutschland (das entspricht in etwa 0,5 % der Anbaufläche – Quelle: DWI). „Es ist schon interessant, dass diese alte Rebe sich hier gehalten hat,“ sagt Monika Johaentges und hat auch eine Erklärung bereit: Die Politik ist schuld! (Meine Wortwahl, nicht ihre – aber: ist so!) Denn ohne das Riesling-Edikt vom 30. Oktober 1787 des Trierer Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Sachsen, wonach in seinem Herrschaftsbereich nur noch Riesling zu kultivieren sei, wäre die Mosel nicht das größte zusammenhängende Rieslinganbaugebiet der Welt geworden. „Aber da wir bis 1815 zu Luxemburg gehörten, waren wir davon nicht betroffen!“, erzählt Monika Johaentges. So also hat der Elbing hier oben an der südlichen Weinmosel überlebt.
Wir nehmen das kopfnickend zur Kenntnis und überprüfen den schönen Spruch: zum Wein gereift, zum Sekt veredelt. Beim Elbing trifft der meist zu, denn als Stillwein ist er zumeist eher ein Zechwein, aber Elbling ergibt einen hervorragenden Grundwein, weil er so eine schöne Mineralität hat. Im Weinberg, lernen wir, gibt es noch ganz viele alte Anlagen, die gemischt stehen mit weißem und rotem Elbling. „Die haben wir früher auch gar nicht sortiert! Die wurden alle miteinander gelesen…“, sagt Monika Johaentges. Aber als man feststellte, dass die roten Elblingtrauben immer so vier bis fünf Grad Oechsle mehr hatten als die weißen, hat man dann versucht, diese roten Elblingtrauben extra zu vermehren. Das sei zwar auch gelungen, aber immer nur mit einer Trefferquote von 80 Prozent: „Wenn wir rote Elbling Trauben neu setzen, haben wir immer noch so 20 Prozent weiße dabei!“
Der Elbling brut ist nach klassischer Flaschengärung hergestellt – und nur einer von drei Winzer-Sekten der Löwener Mühle. „Ich habe meine Ausbildung zur Winzerin auch in in Sekten gemacht,“ erklärt das die Steffi, lacht kurz und fügt hinzu: „Und daher ist es so schön, mein Blut prickelt noch ein bisschen“ Der Elbling-Sekt ist sehr fein, er ist nicht säurelastig. Und hat eine feine Perlage. „Wir versuchen, den Sekt im Durchschnitt über 18 Monate auf der Feinhefe zu lassen“, erfahren wir. Also deutlich mehr als die für die klassische Flaschengärung vorgeschriebenen neun Monate. „Aber uns liegt auch daran, dass die Leute eine gewisse Qualität im Glas haben!“ Wozu so ein Prickeln im Blut doch gut ist…
Historie
Die Löwener Mühle ist eine alte Wassermühle. Ganz früher brannte man hier Gips – ein dezenter Hinweis auf den Boden, von dem auch heute noch die Weine profitieren (und der so anders ist als am Rest der Mosel). An der Igeler Verwerfung, macht uns Monika Johaentges schlau, ändert sich die Bodenart komplett: „Bei uns fängt der Boden an, der sich über die Chmpagne bis nach Paris zieht“, sagt sie (und schon ist das Sektglas wieder am Mund!). Die Ausläufer vom Pariser Becken mit Muschelkalk, Keuper, Gipsböden und Dolomit sind nicht nur für Wein gut, wie gesagt: oberhalb des Grutenhäuschens gab es zwei Stollen, aus denen Pferdefuhrwerke den Gips für groben Verputzergips und feinen Stuckgips zur Mühle brachten.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Gipsmühle stillgelegt und auf eine Getreidemühle umgestellt. die noch bis 1954 betrieben wurde. Weinbau war offensichtlich immer schon dabei, wenn auch ehedem zuerst nur für den Eigenbedarf und später dann als reiner Fassweinbetrieb.
Der allererste Weinkunde
Die Wende zum Direktverkauf in Flaschen kam dann quasi plötzlich und unerwartet in Form eines, nun ja: im Vegleich zur bäuerlich geprägten Gegend eher vornehmen Herrn. „Ich erinnere mich noch an unseren allerersten Weinkunden, es war ein Opernsänger“, erinnert sich Monika Johaentges. 1975 wardas, da kam „ein fein gekleideter Herr“ und fragte: „Verkaufen Sie Wein?“ Die Oma bracht es ehrlich auf den Punkt: „Wir haben Wein, aber verkaufen tun wir den nit!“ Beharrlich argumentierte der Gast, dass er einen trockenen Wein suche – was in den 70ern des vergangenen Jahrhunderts eher selten zu hören war, weil die Kundschaft eher auf liebliche Weine aus war. Anders in Igel: „Wir hatten ja den Elbing ganz trocken!“ Aber da die Oma eine liebe Oma war, gab sie dem feinen Herrn mit dem so ungewöhnlichen Geschmack was zum Probieren. Die Reaktion: „“Das ist das, was ich an der ganzen Mosel gesucht habe, rauf und runter: einen richtig trockenen Wein!“ Also sollte er dann doch was von dem Wein bekommen, unetikettiert wie die Flaschen für den Hausgebrauch waren. Für 2 Mark 50 hat damals die erste Flasche das Haus verlassen…
Daraus entwickelte sich ein Geschäftsmodell, und zwar eins mit großer Kundenbindung: „ich würde sagen, 90 % unseres Weines verlassen über diese Tür eben den Betrieb.“ Wobei früher die Käufer-Mentalität anders war als heute: es gab wenjger Weinvielfalt, aber die vorhandenen Weine wurden eher in großen Mengen mitgenommen. „Zu der Zeit haben die Kunden den ganzen Jahresbedarf gekauft. Nicht selten wurde der Wein dann vier, fünf und bis zu zehn zehn Jahre im Keller deponiert, bis man den dann überhaupt getrunken hat.“ Das ist heute anders: das Angebot ist vielfältiger, die verkauften Mengen pro Kunde in der Regel kleiner. Wenn auch der Grundgedanke geblieben ist: Wein in gute Hände abzugeben.
Die Weinberge der Löwener Mühle sind (bis auf einen: Schweicher Annaberg mit roten Schiefer) rund 500 Meter ums Haus arrondiert – und: es ist immer noch ein gemischten Betrieb, in dem auch Weizen für eine Brotbäckerei produziert wird. Auch nkcht schlecht: es gibt eine hauseigene Brennerei. Das Brennrecht ging von der schon zitierten Oma auf den Vater über – „Und jetzt bin ich am Brennen!“, sagt Monika Johaentges. Auch die Streuobswiesen sind nicht weit und spielen im Öko-Kreislauf keine geringe Rolle. In der Brennerei natürlich auch nicht.
Brennen wäre vielleicht auch das richtige Wort, um das zu beschreiben, was Stephanie Wittkowsky in Sachen Wein umtreibt. In Sachen Mitteilungsfreud steht sie der Mutter nicht nach, in Sachen herzlichen Lachens eh nicht – und auch sie steht auf Wissen, das ja meist hilft, das eigene Tun gut vorzubereiten. Bevor also im Dezember 2021 der Hofladen Vinofactur eröffnet wurde, gab es umfangreiche Vorbereitungen: drei Jahre die klassische Ausbildung zur Winzerin, was die Möglichkeit einschloss, andere Betriebe kennen zu lernen – an der Ahr, in der Champagne, in Luxemburg in einem sektverarbeitenden Betrieb. Ihr Ziel danach: Weinbautechnikerin zu werden – was in etwa zwischen Meister und Studium angesiedelt ist. Zwei zusätzliche Jahre Zeit, über die Zukunft des heimischen Betriebs nachzudenken, den nicht nur zu erhalten, sondern in die Zukunft zu führen ihr wichtig ist, weil sie doch unbedingt Winzerin bleiben möchte: „Man muss sich das mal vor Augen führen, es gibt keinen anderen Beruf – wirklich keinen! – wo man vom Setzen einer Pflanze bis zum fertigen Produkt alles begleitet. Ich hab das ja bei meinen Eltern gesehen: mein Papa vermarktet eine Mühle in der Eifel, aber der sieht nicht die Person, die abends mit einem Croissant oder einem Brötchen rausgeht!“ Also bieten die Frauen der Löwener Mühle nun in ihrem Hofladen und dem WeinTreff alle Produkte an, die sie selbst erzeugt haben, darüber hinaus aber auch weitere regionale Produkte.
Vinofactur Löwener Mühle
Löwener Mühle 2
54298 Igel
Tel. +49 6501 / 8022222
leckerwein.de
winzerhofloewenermuehle.de
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