Peter Leipold ist Winzer in Obervolkach – das ist, naheliegend bei dem Namen, nicht weit weg von Volkach und dennoch schnell abseits der touristisch ausgelatschten Pfade. Das hat Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen gehört: er hat Platz, und Ruhe hat er auch – die Touristen bleiben in Volkach ohne Ober. Das kann aber auch schnell zum Nachteil werden, denn wenn niemand kommt, kann ja auch niemand merken, was er (oder sie) verpasst. Und das wäre im Fall von Peter Leipold mehr als schade. Was kann man also dagegen tun? Gut sein! Besser sein!! Und manchmal die nicht mal vier Kilometer runter nach Volkach zu fahren, um mit ’nem Kollegen zusammen Weine zu verkosten – weswegen wir Peter Leipold im Weingut Max Müller I trafen, wo er im Wechsel mit Christian Müller Weine vorstellte. Wir: das sind Journalistinnen (m/w) aus unterschiedlichen Bereichen, die mit der fränkischen Gebietsweinwerbung unterwegs sind und allesamt Weinfedern sind, also dem Verein der deutschsprachigen Weinpublizisten angehören.
Peter Leipold ist quasi zwei verschiedene Winzergenerationen in einer Person: einerseits verkörpert er bereits die zwölfte Generation in einer Familie, deren Stammbaum seit Jahrhunderten mit dem Weinbau verflochten ist. Andererseits ist er aber derjenige, der vieles mehr als nur ein bisschen anders macht als die elf Generationen vor ihm. Die erste entscheidende Weiche hatte bereits sein Vater gestellt, der 1984 mit dem eigenen Ausbau und Verkauf von Wein begann (davor ging der Wein in die Gaststätte der Familie). Aber Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war man noch eher lokal orientiert – „der Anspruch, große Weine zu machen, ist eigentlich erst mit meiner Generation gekommen“, sinniert Peter Leipold.
Nach seiner Ausbildung in Veitshöchheim suchte sich der junge Leipold darum nicht irgendeinen Betrieb, sondern stieg groß ein: Rheinhessen sollte es sein („weil mir es wichtig war, in Silvaner zu fokussieren, und Rheinhessen ist ja ein großes Silvanergebiet, flächenmäßig sogar größer als Franken!“). Und in diesem großen Rheinhessen hatte er sich mit dem Weingut von Klaus Peter Keller in Flörsheim-Dalsheim die Speerspitze deutscher Qualitätswinzer ausgesucht. Da gab’s naturgemäß viel zu lernen, nicht nur Silvaner und (natürlich!) Riesling, sondern auch Spätburgunder. „Und dann war ich dort viereinhalb Jahre als Außenbetriebsleiter tätig,“ sagt Peter Leipold: „Das war doch eine wirklich lange und prägende Zeit!“ Aber auch zwei Praktika hinterließen tiefe Spuren: das erste bei Paul Fürst in Bürgstadt (2005, wo er als 15jähriger nicht nur Burgunder , sondern auch die harte Arbeit in den steilen Terrassen kennenlernen durfte), das zweite 2013 als Auslandspraktikum im Rahmen seiner Techniker-Ausbildung im Burgund bei der Domaine du Comte Liger-Belair, unmittelbar neben Romanée-Conti.
Natürlich brachte er von überall Ideen mit – und neue Rebsorten: Riesling lernt man selbstredend bei KPK lieben, und Spätburgunder wie Chardonnay natürlich im Burgund. Zwar war die Rebsortenvielfalt im 7 ha großen Betrieb schon zuvor nicht gering (zehn Sorten, mit Silvaner als Kern (40 Prozent), gefolgt von Riesling (seit 2015 dabei), Spätburgunder, Scheurebe und anderen wie Müller-Thurgau, Bacchus oder Domina; neu hinzugekommen ist jüngst auch Chardonnay. Seine Lagen hat Leipold fast ausschließlich in Obervolkach. Der Obervolkacher Landsknecht, benannt nach einem historischen Raubritter-Typus (dessen Abbild das Etikett ziert), liegt direkt am Weingut (oder das Weingut am Berg? Egal!). Der steilste, karge Teil darin ist der Gässberg (fränkisch für „Geißberg“, ein Qualitätsmerkmal steiler, steiniger Hänge), produziert limettenhafte, erfrischende Silvaner. Was den Landsknecht besonders macht: hier trifft an Böden zusammen, was Franken zu bieten hat – die Keuper-Gesteinsschichten des Steigerwalds mit dem Muschelkalk des Maindreiecks. Und on top kommt noch etwas, was eher Seltenheitswert hat: der seltene Schilfsandstein als Trennschicht zwischen Keuper und Muschelkalk.
2023 kam ein Angebot, das Peter Leipold nicht ausschlagen konnte: eine kleine Fläche im Escherndorfer Lump, eine der Paradelagen Frankens. „Da ist man als junger motivierter Winzer natürlich stolz, wenn man da mit dabei sein darf!“, sagt Leipold und freut sich über sein Glück, dass dort so ein alter Riesling stand. „Das hat einfach super gut zusammengepasst!“ Die Lage Lump ist bekanntlich eine sehr heiße Lage, auch durch den Main in der Nähe. Auch dadurch, dass es ein Steilhang ist mit 70-75 % Hangneigung und einem sehr tiefgründigen Boden. Da können die Weine auch gerne sehr mächtig werden. Aber: „Die Philosophie von mir, von unserem Weingut ist die, dass es immer Weine sind, die Trinkspass haben!“ Also muss der Winzer überlegen, wie er Eleganz in den Lump bekommt. Keine 13,5 oder 14 Volumen Alkohol, sondern (wie beim probierten 23er Riesling) 12,5. Als muss er früher lesen und schlaues Laubwandmanagement betreiben – und eben die Leidenschaft haben, das hinzukriegen…
Seine Weinberge bewirtschaftet Peter Leipold schon seit 15 bis 20 Jahren ohne Herbizide oder mineralische Dünger, bei neuen Anlagen setzt er auf Dichtpflanzung (80 cm Abstand) für tiefere Wurzeln gegen Trockenheit – auch 2025 gab’s bis zu unserem Besuch Anfang Juli lediglich 190 Liter Niederschlag. Mittelfristig will er den Betrieb auch bio-zertifizieren lassen – aber das sei ein Schritt, den er sich auch finanziell leisten können müsse – wie alle Winzer ist er von den Launen der Natur abhängig, und wenn die Ernte in einem Frostjahr klein ausfiel, möchte man im folgenden Jahr ja maximal handlungsfähig bleiben, um anfallende Rechnungen bezahlen zu können…
Die Weine: Von der Scheurebe bis zur Spätlese – Eleganz im Glas
Leipold präsentiert Weine, die seine Philosophie verkörpern: Trocken, säurebetont, mit Finesse durch warme Gärung und Phenolik – oft spontan vergoren, auf Hefe gelagert, in gebrauchten Fässern (z. B. aus Romanée-Conti). Sie spiegeln den Wandel von süßeren Anfängen zu purer Eleganz wider.
- 2024 Scheurebe Alte Reben (12,50 €): Aus 40-jährigen Reben auf Kalkstein, trocken (1,5 g Restzucker), spontan im Stahltank vergoren. Knackige Säure, stahlig-mineralisch, würzig-exotisch ohne Überaromatisierung – ein „Augenöffner“, der die Sorte von ihrem kitschigen Image befreit, ideal zu asiatischen oder sommerlichen Gerichten.
- 2023 Eschendorfer Lump Riesling (29 €): Großes Gewächs aus 50jährigen Reben, trocken (2–2,5 g Restzucker), 12,5 % Alkohol, teils in gebrauchten Barriques (18 Monate auf Hefe). Mächtig, doch elegant gezähmt durch frühe Lese und Laubmanagement; strukturierter Schmelz, balanciert – Leipolds Babywein für den 2023 geborenen Sohn, ein Stolz der Paradelage.
- 2023 Gässberg Silvaner (20 €): Aus dem steilen Landsknecht-Teil, auf Muschelkalk, in Tonneau aus Burgund gereift (800 Flaschen). Limettenhaft, salzig-stahlig, grün-frisch mit Phenolik für Kühle – eine Hommage an alte Genetik (Richtung Gelber Silvaner), vegetabil und erfrischend, mit 13,5 % Alkohol, der sich unaufdringlich trägt.
2015 und 2023 Schilfsandstein Silvaner (21 € der 23er): Aus Sandstein, gelbfruchtig, würzig-flintig, mächtig-tief; der 2023 (0,8 g Restzucker) intensiv und frisch, der 2015 (4 g Restzucker) gereift, konstant in Qualität – zeigt Leipolds Wandel zu trockeneren Stilen, ein Baby seiner Technikerzeit, mit Glimmer-Etikett als Versteinerungs-Metapher.
- 2023 Landsknecht Pinot Noir (26 €): Aus Muschelkalk, Mischung französischer/deutscher Genetik (30–40 Jahre alt), teils Ganztrauben, 18 Monate im Barrique (30 % Neuholz), unfiltriert. Elegant, säurefrisch, fruchtig-seidig, früh gelesen für Trinkfluss – gekühlt empfohlen, ein Burgund-Echo ohne Überladung.
- 2023 Riesling Spätlese (26 €): Aus jungem Weinberg (Saar-Genetik), mit Botrytis-Hauch, 80 g Restzucker, 9–9,5 g Säure. Exotisch-süß, doch balanciert – ein Mosel-inspirierter Kontrast zu Leipolds Trockenlinie, essensaffin und verspielt.
Weingut Leipold
Landsknechtstr. 14
97332 Obervolkach
Tel: +49 93814472
weingut-leipold.de
.
.
Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt mit einer Pressereise des Weinfeder e.V. mit Unterstützung der Gebietsweinwerbung Frankenwein-Frankenland
Hinterlasse jetzt einen Kommentar