Senf und Gurke statt Trüffel und Stopfleber

Kochsternstunden 2016: Landhotel Dresden

Landhotel Dresden

Wenn man so ganz ohne Erwartungen irgendwo hingeht und mit strahlendem Lächeln Stunden später das Haus verlässt – dann muss es wohl gut gewesen sein. Ja, war es – und zwar nicht nur teilweise, sondern richtig gut und rundum. Wie konnte das passieren?

Wir waren im Rahmen der Kochsternstunden im Landhotel Dresden. Landhotel Dresden? Nie gehört, wo ist denn das bitte? Das ist in Kauscha, was man ja auch nicht so ohne weiteres kennt – obwohl es ja recht zentral zwischen Goppeln und Nickern liegt. Diese Ecke von Dresden also. Beim Vorbeifahren denkt man sich auch eher: naja, ein Hotel eben, mit Sauna und Restaurant. So gesehen sind die eingangs erwähnten keine Erwartungen nett formuliert, ehrlich müsste man ja sagen: Ob das wohl was wird? Und dann kommt man rein, notiert noch schnell Nachwendecharme als Beschreibung für die charakteristische Bauweise nebst Inneneinrichtung und wird allerherzlichst begrüßt von der Hausherrin und an die Tafel geführt, an der – an diesem Abend war ein Offener Tisch ausgerufen – schon munter geplaudert wird. Die Tafel hübsch eingedeckt, alle zwei Plätze eine frische Tulpe bringt Farbe ins Spiel, ohne die Sicht aufs Gegenüber zu stören.

Für die Kochsternstunden hat sich Küchenmeister Robert Gersonde ein Menü ausgedacht, das in drei oder vier Gängen (34 € / 39 €) stark sächsisch angehaucht ist (es sei denn, man wählt im Hauptgang Fisch, dann gibt’s kulinarisch Urlaub am Mittelmeer). Dazu gibt es Wein ebenfalls aus Sachsen, und zwar nur solchen von Schloss Proschwitz (15 € / 16 €). Toller Anspruch – und gute Entscheidung, wie sich im Laufe des Abends zeigen sollte. Die Gäste des Offenen Tischs hatten mal wieder eine Portion Extra-Glück, denn an diesem Abend waren Anja Frölich und Silke Altmann vom Weingut Schloss Proschwitz unter den Gästen – und das bedeutete konkret nicht nur eine fachfrauliche Beschreibung der Weine, sondern zusätzlich vorab auch noch so eine Art Gruß aus dem Weinkeller: 2012 Pinot Madeleine, ein Schloss-Proschwitz-Sekt vom Frühburgunder. Hatten wir noch nie, würden wir ab sofort gerne öfter haben wollen! Pinot Madeleine ist ja die internationale Bezeichnung für den Frühburgunder, was dann aber doch gleich viel weltmännischer klingt. Wenn es so losgeht, hängt die Genuss-Latte hoch, aber nicht nur im Glas. Auch die Küche brachte ihren Gruß, im Landhotel übrigens auch aus dem Keller, weil sie dort unten liegt. Dieses erste Bild, das Robert Gersonde präsentierte, wies ebenfalls die Richtung: Espuma von Waldpilzen, ein Parmesanchip und Streifen von der Barbarieentenbrust plus hier und da ein kleines Geschmackskügelchen sahen gut aus und regten die Geschmacksnerven an. Wir waren baff.

Das eigentliche Menü begann mit einer Suppe. „Ich habe sie an den Anfang gesetzt, weil sie so kräftig ist!“ erklärte der Küchenchef, der seit zehn Jahren im Betrieb arbeitet und mit 25 Jahren jüngster Küchenmeister war. „Jetzt bin ich es nicht mehr,“ meinte er lachend, „weder 25 Jahre noch der jüngste Küchenmeister!“ Für die Suppe musste ein pommerscher Ochse viel vom kräftigen Geschmack abgeben, ein wenig Sherry kam aus Spanien hinzu – und die Kartoffeln vom Bauern um die Ecke. Zusammen eine zwar kräftige, aber feine Mischung, die ihren Geruch erst nach dem Öffnen des Majoranstrudels auf der Suppentasse entfalten konnte. Das ist, könnte man sagen, die Kauschaer Variante des Bocuse-Klassikers „Trüffelsuppe V. G. E.“, die der Altmeister guten Geschmacks zu Ehren von Valéry Giscard d’Estaing am 25. Februar 1975 im Élysée-Palast serviert hatte. Ging aber in der Tat auch so, es muss ja nicht immer Trüffel und Gänsestopfleber sein! Wir tranken dazu einen 2014 Müller ThurgauWeingut Schloss Proschwitz – fruchtig, leicht und ehrlich und ein schönes Beispiel, dass auch ein Müller ein ordentlicher Wein werden kann, wenn man ihn nach dem Motto Klasse statt Masse behandelt.

Farbenfroh kam der nächste Gang – Frischkäse-Mousse mit Couscous-Tomaten-Minz Taboulé und Haselnuss Crumble – auf den Tisch. Der Ziegenfrischkäse kam aus Lauterbach, wir lieben ihn wegen seiner Milde und des nicht vordergründigen Geschmacks. Der Couscous erhielt Frische und Leichtigkeit dank Minze und Zitrus – und auch hier waren rund um den Mittelpunkt des Tellers viele farbenfrohe Aromapunkte gesetzt. Ein 2014 Grauburgunder Kabinett Weingut Schloss Proschwitz rundete den Gang ab mit seinen eigenen Aromen von gelber Frucht. Toll, wie der Schmelz des Burgunders mit dem des Käses eins wurde!

Im Hauptgang präsentierte der Koch eine der Speisen, die in vielen Gegenden Deutschlands als besonders typisch für eben diese Gegend genannt werden – die es aber so oder so ähnlich auch nebenan oder sogar weiter weg gibt. Im uns vorliegenden Menü machte schon die Beschreibung stutzig: Zweierlei von der Rinderroulade war da angesagt, und dazu sollte es nicht die übliche Begleitung geben, sondern Holunderblüten-Karotten und Kartoffelrisotto. Ooops! Wir waren gespannt – und erhielten die Auflösung vom Chef persönlich: „Sächsisch wird viel zu wenig gekocht!“ meinte er und bekannte sich dazu, es „lecker deftig“ zu mögen. Es gab deswegen aber keineswegs zwei Rouladen, sondern lediglich zwei Scheiben (groß genug!) – die eine klassisch sächsisch mit Bautzner Senf und Gurke und so gefüllt, die andere ein wenig anders interpretiert mit Trüffel. Vielleicht nicht ganz erstaunliches Ergebnis: Auch unter Feinschmeckern und Gourmets kam die sächsische Variante besser an. Es geht eben nichts über den gelernten Geschmack – zumal die Riesensauciere eher mit traditioneller Sauce gefüllt war. Passte! So wie der Rotwein dazu, eine 2014 Cuvée „Moritz“ Weingut Schloss Proschwitz. Regent, Dornfelder und Spätburgunder sind in dieser kräftigen Cuvée vereint, die für 16 Monate im Barrique gereift ist. Dazu ein leichtes Essen – nein. Aber eine sächsische Roulade – ja!

Das Dessert stand unter dem Motto „Heimat mal anders“, was in der gelesenen Form erst mal nicht so auffiel: Dreierlei von Sächsischen Quarkkeulchen mit einem 2012 Traminer Auslese Weingut Schloss Proschwitz vom Kloster Heilig Kreuz. Das anders kam dann aber nicht von der Schriftform, sondern von der Interpretation, und die war dann schon im besten Sinne nicht sachsentypisch, sondern eher richtungsweisend für das, was gehen könnte: Ein Quarkkeulchen als Beweis, dass man es kann in der Küche: gut. Dann aber kein Apfelmus, sondern ein erfrischendes Sorbet vom Granny Smith. Ein leckeres Mousse mit Amaretto und eine knackige Hippe mit Krokant und Zimt. Auch anders als so manch hier getrunkener Traminer war der vom Kloster Heilig Kreuz – eine Erste Lage nach VDP-Klassifikation, also schon was Herausragendes. Und dann auch noch dieser Traminer, der die manchmal gebietstypische Breite vermissen ließ und eine erfreuliche Leichtigkeit ins Glas brachte. Mit einem Hauch von Rosen, mit würziger Säure – und wunderbar wenigen 8 %vol Alkohol. Mit so einem Traminer kann man sich sehen lassen!

Am Ende des Abends kam – und das haben wir so selten wie wir es gut finden – der Chef Robert Gersonde mit seinem Team aus der Küche, um sich bei den Jungs für den Abend zu bedanken. Sehr schön, sehr ehrlich – und Teil des guten Eindrucks, der zum Wiederkommen führt…

Landhotel Dresden
Fritz-Meinhardt-Straße 105
01239 Dresden

Tel. 0351.28030
www.landhotel-dresden.de

Geöffnet:
Mo – Fr 17–23 Uhr
Sa, So, Feiertage 11.30–23 Uhr. Um Tischreservierung wird gebeten.

[Besucht am 8. März 2016 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

1 Kommentar

  1. Wir kommen auch regelmäßig ins landhotel um uns optisch und kulinarisch verwöhnen zu lassen!auch zu den kichsternstunden waren wir und der Fisch War der Hammer! !

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