Die Kartoffeln waren gut. Klingt lapidar, ist aber wichtig – denn es kann ein Leben ohne Kartoffeln geben, aber keins mit schlechten. Wenn dann aber die Kartoffeln zwar wichtige, aber nicht hauptsächliche Zutat im viergängigen Menü sind, alles andere aber auch passt: dann umso besser.
Wir waren nach langer Zeit mal wieder im Dresdner Stadtteil Striesen im Spizz, und es war wie immer rappelvoll. Was auffällt: sie haben dort eine ausgesprochen fröhliche, gut ausschauende Klientel. Um mal ein Klischee zu bemühen: es war so wie beispielsweise abends in Florenz, wenn das junge Volk ausgeht und erst mal ausgiebig was isst. Wir bekamen den letzten freien Tisch zugewiesen (natürlich hatten wir reserviert!) , um im Rahmen der Kochsternstunden das 4-Gänge-Menü (42 € / inkl. Weinbegleitung 59 €) zu verkosten.
Wie das so ist in netten Häusern, geht es los, bevor es anfängt. Zwei Sorten Brot und Tomaten-Ruccola-Créme waren schon mal nicht schlecht, aber was dann als Gruß aus der Küche geschickt wurde, kam schnell auf die Liste unserer Lieblinge bei den diesjährigen Kochsternstunden: Ein handgemachtes Tatar (also nicht gewolft), sehr frisch auch wegen ein wenig Limettenöl drin und dank der Begleitung von Wasabimousse auch individuell schärfbar. Ein halbes Wachtelei gibt den netten weiß-gelben Farbtupfer – wir waren perfekt eingestimmt auf den Rest des Abends.
Der begann mit der Vorspeise des offiziellen Menüs: Feines aus dem Meer hieß der und vereinte Skrei-Scampi-Scalop & Algen. Die Scampi als sehr schaumig-kräftige Suppe ein Gedicht, der Skrei als Sashimi roh auf einer Scheibe Rote Bete und mit etwas Kaviar garniert eine sehr schöne Erfahrung, ein wenig Jacobsmuschel in einer Frühlingsrolle versteckt nicht so unser Ding – aber immerhin lag’s auf tollen Algen.
„Eiskaltes & Alkohol“ kam als Rätsel-Granité: Nun raten Sie mal, was das ist! lautete die Aufgabe. Harte Nuss. Wir nahmen die Minze vorab herunter, wir aßen die Verzierung rote Johannisbeere separat, wir ließen das Eis schmelzen – und mutmaßten munter drauf los. Wir schmeckten weißen Tee – aber der hat ja mit Alkohol nichts zu tun. Wir dachten uns Wacholder dazu, neudeutsch-altenglisch: Gin. Aber nee. Und wir lagen falsch. Als wir erfuhren, was es war, sagten wir: Na klar doch, was sonst! (und natürlich verraten wir’s hier nicht, den Spaß sollen ja auch Leser*innen dieses Beitrags noch haben.)
Wildes Land und noch Mehr versprach der Hauptgang und gab mit diesem Titel ja auch ein wenig Rätsel auf, aber dieses Mal stand die Auflösung schon in der Unterzeile: Hirschbäckchen-Charolais Rind, Erdäpfel & Urgemüse. Wir mussten dann nur noch rätseln, was zum wilden Land gehörte – wahrscheinlich, denken wir mal, die Gemüse. Denn die waren wild, weil nicht aus der Agrarfabrik – und sie waren schmackhaft. Die Kartoffel, die eingangs erwähnten, schmeckten uns einmal als Süßkartoffelpürree und dann als leckere hälftige Pellkartoffeln richtig gut. Die und das Gemüse wären ein grandioser vegetarischer Hauptgang gewesen, so mal als Tipp für die Veggies. Wir sind das ja nicht und kamen (in der Reihenfolge) mit der Sauce, dem Steak und dem geschmorten Hirschbäckchen auch gut klar.
Zum Dessert gab es wie schon bei der Vorspeise ein Dreier-Schiffchen: Feige Schokolade ganz luftig. Wobei das keine feige Schoki ist, sondern eine Feige (kandiert in Scheibchen auf und zwischen einer Créme), die links und rechts mit schokoladenhaltigen Geschmacksbomben flankiert wurde. Das Törtchen links ist ’ne Wucht, nur mal so nebenbei…
Natürlich hatten wir nicht nur Wasser zum Essen. Vorab gab es einen Apero, einen Vermouth aus dem Schwarzwald: Belsazar Rosé mit einer geeisten Himbeere ist zuallererst mal was anderes – und wer Martini & Co mag, kommt damit sicher klar. Zu den drei Gängen gab es tolle Weine, freilich mit Farbwechsel zwischendurch: ein 2014 Riesling Weißlack von Schloss Johannisburg (Rheingau) begleitete perfekt die Vorspeise. Der Rote zum Hauptgang erwies sich als großartiger Spaßmacher im Mund – eine Cuvée aus Cabernet, Dornfelder, Portugieser und Regent steckt im 2013 Prachtstück Rot von Uli Metzger (Pfalz) – empfehlenswert wie nahezu alles vom Metzger. Zum Dessert begaben wir uns rein weintechnisch erneut in den Rheingau und verleierten freudig die Augen beim 2003 Hattenheimer Nussbrunnen, einer Riesling Auslese von Schloss Reinhartshausen.
Restaurant Spizz
Augsburger Straße 49
01309 Dresden
Tel. 0351.3190626
www.restaurant-spizz.de
Öffnungszeiten:
Mo – Sa 12–24 Uhr
So geschlossen, Feiertage 12–22 Uhr
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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