Manche lieben’s französisch

Kulinarische Tour de France am Rande der Oberlausitz

l'Auberge

Die Zahl der wirklich mit Genuss zu besuchenden Gasthöfe auf dem nicht immer platten Land rund um Dresden tendiert stark gegen Null. Da freut man sich doch, wenn es Tipps gibt wie den, in Bischofswerda befände sich ein Restaurant mit durchweg ordentlicher französischer Küche. Gut zu wissen, denn zufällig vorbei kommt man da nicht: Der Ortsteil Belmsdorf liegt fernab vom Schuss, oder – positiv formuliert – schön ruhig am Rande der Oberlausitz.

Nun ist es ja schon ganz schön mutig, in the middle of nowhere ein Restaurant (und die dazu gehörende Pension) französisch zu nennen und auch recht konsequent französische bürgerliche Küche anzubieten. Aber die Küchenmeisterin Tina Weßollek darf das, denn sie hat ihre Ausbildung im Elsass genossen. Zurück in der Heimat war es da vielleicht nur konsequent, ein Stück französische Lebensart ins Sächsische mitzubringen. Die Karte ist eine kulinarische Tour de France, sie liest sich sehr angenehm und macht Lust auf eine Genussreise – sowohl im Bereich Essen als auch auf der Getränkekarte.

Soweit die Theorie. Die Praxis konnte unsere hohen Erwartungen allerdings nicht komplett erfüllen. Zwar ging es mit zwei schönen und hierzulande außerhalb der gehobenen Gastronomie eher selten angebotenen Aperetifs (Pommeau und Noilly Prat) los, zwar kam ein freundlicher und geschmackvoller Gruß aus der Küche. Aber der Service erschien uns eher lustlos und war definitiv nicht einer der schnellsten. Warum zwischen der Bestellung von Wasser und dem Servieren beispielsweise elendig viel Zeit vergeht, ist nicht nachvollziehbar. Ähnlich genervt redeten am Nebentisch die Gäste, als es um deren Rechnung ging (im Laufe des Abends ging’s dann etwas flotter).

Die Bouillabaisse war eine sehr ordentliche Fischsuppe, geschmackvoll und mit ausreichend Einlage. Eine Spezialität des Hauses sind Flammkuchen aus dem Holzofen – der unsrige war etwas blass, sowohl was die Farbe als auch was den Geschmack anbelangt. Aber wer sagt denn, dass es in Frankreich nur supergute Köche gibt? Genau: kein Mensch sagt das, man denkt das nur immer.

Mit dieser Erkenntnis landeten wir dann beim Hauptgang. Ich, tapfer wie immer wenn es so etwas gibt, erlebte Kalbsnierchen und war recht zufrieden, zumal die Dijonsenfsauce pikant abgeschmeckt war. Aber die halbe Taube war dann vergleichsweise doch ein echter Blindgänger. Total trocken, wenig (sehr wenig) Fleisch dran – und es gab im Wesentlichen die gleiche Gemüsebegleitung wie bei den Nierchen. Das hat uns nicht amüsiert. Keine Versöhnung beim Dessert: Die Tarte tatin mit labbrigem statt knusprigen Teig, die Schoko-Ravioli (aus sächischer Produktion!) gewöhnungsbedürftig.

Ob es geschmeckt hätte, fragte die Bedienung – und wir antworteten wahrheitsgemäß mit Hinweis auf die Tarte mit „Nein“, konnten auch erklären warum – so mit Erwartungshaltung, Wunsch und Wirklichkeit. Die Reaktion der Küche? Keine. Wir zogen von dannen mit der Erkenntnis: Wenn Gott einmal wie in Frankreich speisen möchte, sollte er es vielleicht doch besser am Originalschauplatz versuchen…

L’Auberge Gutshof
Alte Belmsdorfer Straße 33
01877 Bischofswerda

Tel 03594 70520-0
www.auberge-gutshof.eu

geöffnet:
Mo-Sa ab 17.00 Uhr, So & feiertags ab 11.30 Uhr.
Donnerstag ist Ruhetag

[Besucht am 19. Mai 2012 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

3 Kommentare

1 Trackback / Pingback

  1. L’Auberge: Wie wir in Bischofswerda zu Schwärmern wurden | STIPvisiten

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*