Kleiner Nähkästchen-Plausch am Rande: Pressereisen sind für Weinjournalisten (aller Geschlechter) eine sehr gediegene Mischung aus Arbeit und Vergnügen. Es gibt in der Regel unglaublich viel Input, aus dem ja irgendwann einmal Artikel/Beiträge werden sollen – auch wenn’s manchmal länger dauert. Aber speziell bei Weingutsbesuchen ist dieser Input ja mehr als das gesprochene Wort, es ist auch der probierte Wein. Weil das durchaus 50 bis 60 Sekte und Weine werden können am Tag, wird natürlich viel wirklch propiert, getreu dem Motto: Spucken, nicht schlucken. Aber es gibt Ausnahmen, zumindest bei den minder disziplinierten Kollegen. Manche Weine sind einfach zu schade, um nicht getrunken zu werden. Und zum Essen könnte man ja auch eine Ausnahme machen. Von so einer Ausnahme soll hier die Rede (oder korrekter: die Schreibe?!) sein. Wir waren nämlich am Ende des Tages in Großheubach gelandet und dort in das Gasthaus Zur Krone eingeritten.
Die Krone ist so ein Bilderbuch-Gasthof, wie man ihn sich in Churfranken vorstellt: ein massives Gebäude, gerne mit Fachwerk, im Namen meist ein zur oder zum, eine ordentliche Wirtshausküche und natürlich heimische Weine. In Küche und Keller in der Krone (kein Mensch sagt dann „in der zur Krone“…) kümmern sich Ralf und Niki Restel um die Gäste – er in der Küche und sie am Gast. Wir waren im Rahmen einer Pressereise dort eingeladen – also war alles vorbereitet und wie immer bei solchen Gelegenheiten auch mehr Chefservice als bei einem normalen walk in. Aber erstens kann man ja schauen, was an den anderen Tischen so geht – und zweitens kann sich kein Team so verstellen, dass man es nicht merken würde. Eventuell nun folgendes Lob muss man also ernst nehmen 😉
Der Besuch Anfang September fand am Abend eines heißen Tages statt. Also saßen wir draußen im romantischen Innenhof, der auf der Webseite als Biergarten gepriesen wird – und tranken Sekt und Wein aus der Region. Der Hof ist voll, alle Tische besetzt. Und die Tische sind so gar nicht biergarten-like rustikal, sondern fein mit weißen Tischdecken und vollem Ornat (Messer, Gabel, Löffel, Gläser). Unser Plan sah aber vor dem gesetzten Menü einen Stehempfang vor – also Sektche am Stehtisch. Das war ein Silvanersekt vom VDP-Weingut Fürst Löwenstein. Seit 2010 befindet sich das Weingut gegenüber in Kleinheubach im Familienstammsitz Schloss Kleinheubach (das Weingut wurde freilich bereits 1610 gegründet…).
An diesem Sekt war vieles bemerkens- und erzählenswert. Silvaner als Grundwein hat man ja (zumindest außerhab der beiden Hauptanbaugebiete Franken und Rheinhessen) nicht so oft – aber natürlich geht der, sehr gut sogar. Dieser Sekt wurde nach der traditionellen Methode champenoise produziert, das Weingut verspricht eine lange Hefelagerung von mindestens 24 Monaten. Ein Blick auf die AP-Nummer zeigt allerdings, dass da durchaus mehr geht – sie wurde erst 2023 erteilt. Das toppt sogar die Kategorie des VDP.Sekt.Prestige (da sind 36 Monate vorgeschrieben), was ja nicht schlimm ist. Das Feinperlige im Glas kommt ja nicht von ungefähr.
Menü und Weinbegleitung lasen sich schon vorab gut (eine ausgedruckte Karte gehörte natürlich mit zur Grundausstattung der Plätze): vom Salat mit Kürbis als Vorschau für den Herbst bis zum Dessert mit Sorbet und Minze zur Erinnerung an den ausklingenden Sommer war da eine spannende Bandbreite von Geschmackgebern bei – und mit Krebsschwänzchen, Hummer und Wildschweinragout standen da auch anregende Begriffe aus der Schublade „machste Dir selbst nicht alle Tage“. Die Weine dazu kamen wie der Sekt zum Apero aus der nahen Umgebung (Großheubach, Bürgstadt und Klingenberg). Dass die Auswahl der Weine (eine Scheurebe vom Weingut Kremer, ein Chardonnay vom Weingut Rudolf Fürst und ein Spätburgunder vom Weingut Steintal) zum Essen passen würden, galt schon vorab als gesetzt: die gelernte Sommeliere weiß schließlich, wie ihr Mann – der gelernte Koch – mit Aromen umgeht. Die Tester des Guide Michelin zeichnen die Krone schon seit über 10 Jahren mit dem Bib Gourmand aus, der für hochqualitative Speisen zu moderaten Preisen vergeben wird. Sie fassen wie folgt zusammen: „Schon seit 1969, inzwischen in 2. Generation, wird das Gasthaus von Familie Restel geführt. Ihr Engagement merkt man nicht zuletzt an der schmackhaften saisonal beeinflussten Küche. Dazu gibt es eine gut sortierte Weinkarte mit Bezug zur Region. Schön sitzt man auch auf der begrünten Terrasse. Gepflegt übernachten kann man ebenfalls.“
Dem ist nicht viel hinzuzufügen, außer vielleicht: der Hummer („in der Nudel und im Teig“) war ein sensationeller Gang, mit einer schmackofatzigen Sauce. Die verleitete mich, sogar mein Nicht-Lieblings-Gemüse Brokkoli damit zu ummanteln und mit Genuss zu essen. Zumal ja für den Fall der Fälle des dann doch Nichtmögens der Astheimer Chardonnay vom Fürst für genussvolles Nachspülen sorgte. Das ist quasi ein Import-Wein in Churfranken, denn der Hauptteil der Trauben kommt aus der Grand-Cru-Lage „Astheimer Karthäuser„, gleich neben dem Eschendorfer Lump. „Für das Weingut hat bei der Kultivierung und dem Ausbau des Chardonnays nach Burgundischem Vorbild besonders die Grand-Cru-Lage Karthäuser in Astheim grosses Potenzial“, lese ich auf der Webseite von Fürst. Oder, wie man so schön sagt: der weiteste Weg lohnt, wenn das Ziel ein tolles Terroir ist!
Menü
- Kürbis, Ingwer, Rucola und Krebsschwänzchen
- Hummer in der Nudel und im Teig
- Wildschweinragout mit Preiselbeeren auf Tagliatelle
- Panna Cotta mit fischen Beeren, Sorbet und Minze
Begleitende Weine
- Aperitif: Silvanersekt, Weingut Fürst Läwenstein
- 2023 Großheubacher Bischofsberg, Scheurebe, Weingut Kremer, Großheubach
- 2021 Astheimer Chardonnay, Weingut Rudolf Fürst, Bürgstadt
- 2022 Großheubacher Bischofsberg, Spätburgunder, Weingut Steintal, Klingenberg VDP-Ortswein
Zur Krone
Miltenberger Straße 1
63920 Großheubach
Tel +49 9371/2663
gasthauskrone.de
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