Die Vinothek ist modern, aufgeräumt und noch gar nicht so alt: 2019 wurde sie fertig. Genau: das Jahr drauf war da pandemiebedingt nicht so arg viel los, aber „online tastings aus einer schönen Vinothek machen sich auch besser!“. Einige Jahre danach klingt der Humor schon gar nicht mehr so sarkastisch. Den Hinweis auf die Schönheit der Vinothek versteht man besser, wenn Uli Kremer vom nächsten Vorhaben berichtet: eine neue Halle muss her! Der Grund ist nachvollziehbar, denn das Weingut ist so dimensioniert, dass man den Ertrag von drei Hektar ganz gut verarbeiten kann. Nun sind es aber deutlich mehr, und das macht’s eng. „Ich kann keine Führung durch den Keller machen, weil der voller Tanks und Holzfässer bis hoch unter die Decke steht – es platzt eigentlich alles aus allen Nähten!“ Auf dem Hof sieht’s nach Aussagen des Winzers nicht besser aus, und von der Garage für das Auto der Frau will er gar nicht reden: auch schon von Holzfässern okkupiert. Also muss eine große Halle her, „da gehen wir jetzt langsam in die Planung“. Mindestens 600 Quadratmeter soll sie groß sein,was auch heißt: da kommen große Investitionen auf Uli Kremer zu –von einer „guten Millionen auf jeden Fall“ spricht er.
Darauf einen Frühburgunder vom Großheubacher Bischofsberg, Jahrgang 2022. „Ich habe mir immer geschworen, Frühburgunder werde ich niemals pflanzen“, bekennt Uli Kremer. Ich habe nicht gefragt, warum – denn seit dem Besuch beim Herrn Lüttmer weiß ich: „Frühburgunder ist eine Diva, die will umsorgt sein“. Aber als Uli Kremer die Möglichkeit erhielt, einen schönen Weinberg in Großheubach mit einer Gesamtfläche von 1,5 Hektar zu übernehmen, schlug er zu – auch wenn da auf einem Drittel Frühburgunder stand. „Mittlerweile möchte ich ihn gar nicht missen, weil er echt wunderschön ist!“ Es wird auch dieses Jahr aus diesem ganzen halben Hektar, „ich denke mal ein gutes Fass geben“. Mehr nicht, denn die Anlage war ganz schön getroffen vom April-Frost. „Aber was drin hängt, sieht sehr vielversprechend aus und das müssen wir auch alle zwei Tage kontrollieren, weil ich denke, bis Mitte nächster Woche wird er auf jeden Fall nach Hause kommen,“ sagt Uli Kremer. Der 22er Frühburgunder im Glas ist erst sein zweiter Versuch, aber der zeigt, was in der Diva steckt: schöne frische Frucht, typischer Frühburgründercharakter. Und wie schon theoretsich erörtert: trotz des warmen Jahrgangs ’22 weder opulent noch marmeladig, verträgliche 13 Volumenprozent Alkohol. Ein feiner Wein!
Frage einer Mitreisenden:“Und was wird dann eine Flasche kosten, circa?“ Uli Kremer holt aus (das ist ja nie ein gutes Zeichen…) und meint, dass er an seiner Preispolitik noch ein bisschen arbeiten müsse. Was natürlich nicht bedeutet, dass der Wien zukünftig günstiger zu haben sein wird. Derzeit steht der Frühburgunder mit 15 € in der Liste, demnächst könnte er „irgendwo zwischen 20 und 30 Euro kosten“. Da ist nicht nur die geplante neue Halle dran Schuld, es geht Kremer um die Anerkennung der Arbeit, bei der viel Handwerk drin stecke. Außerdem müsse man auch sehen, „dass wir hier doch sehr wenig ernten. wir haben alles Handarbeit, gerade in den Steillagen, in den Terrassenlagen.“ Und das gelte nicht nur für den Frühburgunder. „So einen Weinberg wie den Silvaner alte Reben überhaupt zu pflegen, das macht eine Wahnsinnsarbeit!“ Um wirtschaftlich überleben zu können, müsste er aus diesem Weinberg mindestens 5.000 bis 6.000 Liter rausholen, es seien aber gerade mal 600. Kremer greift zum Glas mit dem Frühburgunder und denkt quasi laut: „Also das ist dann schon so reduziert, dass wir einfach sagen müssen, wir müssen einen gewissen Preis erzielen.“ Er nimmt einen Schluck vom Frühburgunder, guckt zufrieden und wiederholt: „Wir müssen einen gewissen Preis erzielen!“
Bevor wir zum nächsten Rotwein kommen – es ist die Cuvée Steiner – noch ein paar Gedanken zur Sortenvielfalt im Weingut. Es sind zu viele! „Auch solche, die ich einfach gar nicht brauchen kann, aber aktuell noch den Absatz dafür habe!“, bekennt Uli Kremer. Aber da will er ran, das minimieren und sich auf Burgunder spezialisieren und den Silvaner lassen (zumal der ja bei ihm auch burgundisch schmecken kann).
Die 2022 Rotwein-Cuvée Steiner im Glas hat ihren Namen von einer dieser alten Gewannenbezeichnungen vom Großheubacher Bischofsberg: oben am Hangrücken des Bischofsberges gibt es eine sehr steinige Lage, daher die Bezeichnung Steiner. Drei Berge fallen in diesem Gewann zusammen, und aus ihnen kommen die Haupt-Cuvée-Partner Merlot und Cabernet Franc (Merlot entstand aus einer Kreuzung mit Cabernet Franc) – Weine, die nach Bordeaux klingen. Dort haben die Weine gerne so 14 und mehr Volumenprozent, dieser hier hat 13,5 und gehört damit zu den vergleichsweise gradlinigen Vertretern. Natürlich ist der 22er noch jung und entsprechend verschlossen, aber so lange wie die großen Bordeaux-Brüder wird er nicht brauchen, um noch mehr zu gefallen. Aber wer bei Rotwein eher an was Kräftiges denkt, wird sich von der Farbe bis zum Geschmack beim Steiner wohl fühlen (15 €/Flasche).
Zum Abschluss aber noch ewas von der Königin der Rotweinsorten: Pinot Noir, Spätburgunder. Dieser hier im Glas hat auch schon fast das richtige Alter, es ist ein 2017er Jahrgang vom Centgrafenberg. Für den VDP-Betrieb Fürst ist das eine Große Lage, für die anderen dort schaffenden Winzer selbstredend auch eine großartige. 2017 war auch eher ein kühleres Jahr, auch da gab es leichte Frostschäden im Frühjahr – aber nicht im Centgrafenberg. Dieser Pinot Noir Resérve ist von der Machart noch Kremer-Old-School: „Alles ganz normale Maischegärung und entrappt. Seit dem Jahrgang 2019 arbeiten wir teilweise mit Ganztrauben und dann halt zwölf Monate Ausbau im kleinen Fass.“ Der Pinot überzeugte mit ganz schön großem Geschmack. Den hätte man gerne nicht nur zur kleinen Probe gehabt, sondern den ganzen Abend…
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