Drei Nasen sollt ihr sein!

Bordeaux Bootcamp Teil 2: Rillette oder Lamm zum Chateau Ferrande?

2010 Chateau Ferrande, Graves

Vor uns: eine leere Flasche. 2010 Chateau Ferrande, Graves. Das ist – für die, die im vergangenen Juni beim Bordeaux Bootcamp in der Weinzentrale nicht aufgepasst haben, die Gegend südlich von Bordeaux am südlichen Ufer der Garonne. Die Flasche ist natürlich nicht nur so leer, sondern weil wir den Inhalt in eine Karaffe gefüllt hatten. Ein bissl Luft tut ja meistens gut. Außerdem konnten wir dem etwas zu spät kommenden Mitglied unseres Test- und Trinkteams vorgaukeln, dass wir schon alles ausgetrunken hätten. Ein bissl Spaß tut ja meistens gut.

Thomas | Sylke | uvsWir trinken den Wein in der Weinzentrale, dem Ort, wo wir am 6. Juni zwölf Weiße aus dem Bordeaux unter Anleitung von Drill Instructor (so nennt er sich selbst) Sebastian Bordthäuser verkostet hatten. Nun also Teil zwei des Bootcamps, eher individuell: unser Dreierteam sollte den gelieferten Wein beschreiben, probieren und einige Fragen beantworten. Also kommt der Wein aus der Karaffe ins Glas. Dort konstatieren wir erst einmal eine richtig schöne tiefrote Farbe, stellen keinerlei Brauntöne fest – und im Gegenlicht der Kerze funkelt’s fast ein wenig. Das Auge ist also erfreut, aber was sagt die Nase? Sie ist in unserem Fall dreigeteilt („Drei Nasen sollt ihr sein!“) und riecht dezente Pflaumen (sehr dezent, nix Chutney), Paprika und einen Hauch von Lamm, ein wenig Kirsche und wenig Beeren.

Und der Gaumen? Der war gut angetriggert, und da wir (anders als bei der Zwölferprobe, wo trinken verheerend gewesen wäre und sich die Spucknäpfe schnell füllten) beschlossen hatten, den Wein auch zu trinken, erfreuten wir uns an den gut eingebundenen Tanninen des kraftvollen Roten und stellten uns die Frage, die laut Plan zu beantworten sei: Wie schätzt ihr das Reifepotential ein? Die spontane Antwort: „Die zweite uns geschickte Flasche hat ein Potential bis Ende Januar!“ Das war absolut korrekt, denn nach der Verkostung der ersten sollten wir zu einer zweiten Flasche ein Gericht zubereiten, das zu eben diesem Wein passt – dazu später mehr. Das sekundäre Potenzial brachte einer aus dem Team auf den Punkt: „Wenn ich noch zehn Flaschen in der Kiste hätte, würde ich jedes halbe Jahr eine Flasche trinken und sicher bis zum Ende nicht enttäuscht werden!“

Gänserillette zum WeinBeim zweiten Glas wollten wir genau dieses Thema besprechen: Was passt denn zu diesem Wein? Wir diskutierten dies und das und bestellten, weil beim Reden übers Essen ja sofort der kleine Hunger kommt, eine Gänserillette. Die kam, auf fabelhaftem lauwarmen Brot, das (so eine Rillette von der Gans ist ja extrem fettarm…) mit Thymianbutter bestrichen war. Uns blieb, was beim Essen ja nicht sehr glücklich ist, vor Überraschung der Mund offen: Der Wein und die Gänserillette harmonierten auf wunderbare Weise miteinander. Das Rezept erschien uns allerdings zu einfach (wahlweise: bestellen und aus der Küche bringen lassen oder Rillette beim Metzger kaufen und aufs Brot streichen), weswegen wir uns für eine Lammschulter entschieden – schließlich hatten wir ja unter anderem Lamm in der Nase (zwar auch dezente Ledrigkeit, übrigens, aber wer will schon Sattel essen?).

Lammschulter mit Kartoffelstampf und Bohnen

Im Januar gibt’s natürlich hierzulande keine frisch geschlachteten Lämmer, aber die Neuseeländischen Lämmer kommen ja unabhängig von Jahreszeiten. Offensichtlich sind die Tiere dort alle gleich groß, denn alle von uns angesehenen Schultern wogen 1.100 Gramm plusminus ein bisschen, Knochen inklusive. Das passt ziemlich genau für drei Personen, welch Glück. Wir wollten das Lamm (nach einem Rezept von Tim Mälzer, das wir frei variierten) im Ofen schmoren, was nach ein wenig Schmorgemüse schreit: drei Möhren, etwas Sellerie, drei Schalotten, drei Frühlingszwiebeln, zwei Knoblauchzehen, zwei Lorbeerblätter, eine Stange Zimt, vier Zweige Rosmarin.

Lammschulter making ofEs ist Zeit, den Backofen vorzuheizen: 180 Grad, keine Umluft. In der Zeit des Aufheizens das Lamm einreiben mit Meersalz und grobem, frisch gemahlenem Pfeffer. Das Gemüse schälen und grob klein schnibbeln. Das Lamm kommt in eine ofenfeste Form, das Gemüse drumherum. 500 ml Buttermilch über alles geben und dann ab in den Ofen damit! Nach 30 Minuten die Temperatur runterfahren auf 160 Grad – und das eindreiviertel Stunde durchhalten. Zwischendurch das Fleisch mit der Buttermilch (nicht erschrecken: die sieht nicht gut aus, weil sie ausflockt) mehrfach begießen. Dann auf 130 Grad runterschalten und noch einmal dreißig Minuten  weitergaren.

Nun beginnt die Zeit der action in der Küche: Das Fleisch aus der Form nehmen, die Flüssigkeit durch ein Sieb in einen anderen Topf geben, das Fleisch zurück in die Form geben und für 30 bis 45 Minuten (kommt nicht so drauf an…) bei nun 120 Grad im Ofen liegen lassen. Währenddessen die Sauce, den Kartoffelstampf und die Bohnen zubereiten. Die Sauce: Flüssigkeit mit 450 ml Lammfond auffüllen und einkochen lassen. Schmecken tut’s schon, aber optisch ist das noch nicht so der Knüller (zu hell!). Abhilfe schaffen ein wenig Demi-glace (das Leben macht Spaß mit Demi-glace!) und etwas Tomatenmark. Zum Schluss noch etwas eiskalte Butter einrühren… Die Bohnen: Fünf Minuten kochen (mit Salz und Bohnenkraut), dann abschrecken. Kurz vorm Servieren mit Speck umwickeln (wir nahmen Pancetta), in eine gebutterte Form legen und im Ofen bei 200 Grad Oberhitze unterm Grill gratinieren. Einmal wenden, damit’s rundum gut wird. Die Kartoffeln: Schälen, in wenig Salzwasser mit einem Schuss Milch kochen. Flüssigkeit nahezu verdampfen lassen, stampfen und mit reichlich Butter auf Geschmack bringen.

Lammschulter mit Kartoffelstampf und Bohnen

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