Im Restaurant Moritz gibt’s Gold für alle. Nun gut, nicht für alle, sondern nur für die Restaurantgäste. Und auch da nur für die, die das Kochsternstunden-Menü probieren. „Unsere Intention ist es, die Goldstücke der Küche – die ZUTATEN und das HANDWERK – nicht nur optisch zum Glänzen bringen!“, lesen wir in der Ankündigung des Restaurants im Heft zum Menüwettbewerb. Das Handwerkliche wird ja oft vergessen bei der Betrachtung der Menüs. Also war die Idee: nicht nur in die Küche gucken, sondern in der Küche dabei sein. Einen Abend lang. Als mehr oder minder stiller Beobachter und Im-Weg-Steher. Um dann eine Woche später im Gastraum zu sitzen und das gleiche Menü zu probieren.
Und genau so haben wir’s gemacht. Dieses ist also ein kleiner Einblick ins Handwerk, das bekanntlich goldenen Boden haben soll, obwohl in der Küche alles eher so edelstahlgrau ist. Die Schnittstelle zwischen Koch und Kellner ist der Pass: hier kommen die Bons tischweise mit den Bestellungen an. An der einen Seite das Original für die Köche, die damit wissen, was auf sie zukommt. Was erledigt ist, wird abgestrichen. Die Kopie hängt an der Kellner-Seite. Und auch dort wird abgestrichen.
Wie wissen die Köche nun, was dran ist? Die Kellner rufen es ab: „Tisch 13 der Hauptgang kann!“ – „Ja!“ sagt dann der dafür zuständige Koch. Manchmal hörte ich auch ein „Natürlich“ – das klang wie „ja“ mit einem Hauch von „or nö“… Wenn’s Restaurant voll ist und nicht alle Gäste gleichzeitig kommen oder das gleiche essen, geht’s ganz schön durcheinander. „Tisch 7 das Goldenei!“ – Ja!“ – „Tisch 12 will nun doch einmal mehr die Goldforelle, also sechs statt fünf!“ – „Natürlich!“ Und so weiter.
Angesichts der Anzahl geschickter Menüs oder gar Teller, ist es dennoch immer nur ganz kurze Zeit wuselig und vielleicht ein wenig durcheinander. Danach sieht’s sofort wieder ordentlich aus. Schaffe ich zu Hause nie so 🙁
Ankommen
In der Küche
18 Uhr. Die Gäste im Restaurant trudeln langsam ein, einige früher als avisiert, andere später als angemeldet, wieder andere kommen spontan. In der Küche ist alles vorbereitet. Ein ordentliches Mise en Place, die Vorbereitung des Arbeitsplatzes also, ist mehr als die halbe Miete. Einige Gäste sind schon da, also gibt’s auch schon was zu tun. Doch der Ansturm kommt später. Souschef Tim Ebert, Chef de Partie Andreas Wohmann und Charlotte Desens (Azubi im 2. Lehrjahr) sind an diesem Abend die Drei von der Küche – und sie freuen sich ehrlich schon auf den Stress: warten und rumstehen sei doch langweilig!
Im Restaurant
„Herzlich willkommen! Darf ich Ihnen die Garderobe abnehmen?“ Die Begrüßung im Moritz ist old style, aber so beginnen Verwöhn-Abende! Restaurantleiter Christian Koßler und Sebastian Probst, eigentlich Küchenchef, aber manchmal auch im Service am Gast, kümmern sich – was mehr ist als Gläser und Teller zu schubsen. Weine (und andere Getränke) sowie die Speisen wollen erklärt sein. Zum Beispiel der GOLDRAUSCH vorweg. Gin, Martini rosso und Campari – aber „alles ist ein bisschen anders!“, verrät Christian Koßler. Der Gin beispielsweise sei der Juniper Jack – welcher auch sonst?
ROCHER VON DER GÄNSELEBER – Brioche & Jonagold
In der Küche
Die Mousse von der Gänseleber mit Haselnuss und Schokolade ist in Goldpapier gewickelt. Das haben sie irgendwann vorab gemacht, die Abendschicht ist ja nur der vollendende Teil der Arbeit. Aktuell wird nur noch ein „Moritz“-Label drauf geklebt, damit’s perfekt aussieht.
Die hausgebackene Brioche wird kurz vorm Schicken (so heißt das, wenn sich das Essen auf zum Gast macht…) in der Pfanne kurz angeröstet. Obendrauf kommen (aus dem Spritzbeutel, natürlich vorbereitet) drei Komponenten vom Golden Delicious: Apfelmus, in Apfel-Weißweinsud marinierter Jonagold, Apfelchips in Karamell. Und zur Abrundung des Geschmacks (für die herbere Richtung) kommt noch etwas Portweingel hinzu. In der Collage oben links erklärt Tim Ebert dem Fotografen das Gericht…
Im Restaurant
Alles ist gold – passt das? Oder ist es aufgesetzt? Wir waren zuerst skeptisch, merkten aber schnell, dass sich der güldene Faden unaufdringlich durch den Abend zieht – manchmal optisch, manchmal nur im Namen des Weins oder des Gerichts.
Die Gänseleberpraline zum Start ist goldig ummantelt – da isst man besser nur den Schokoladen-Gänseleber-Anteil innen. Aber auf der Brioche gab’s etwas Jonagold – und im Glas Birnengold, einen süßen Birnen-Schaumwein von Jörg Geiger. Die viele Mühe, die sich Köche manchmal machen, kommt nicht zwangsläufig beim Gast an: die Geschmacktupfer auf der Brioche verschwanden zwischen Schwatz und Schmelz der Gänseleber oder wurden versehentlich mit Geigers Schaumwein runtergespült.
GOLDENEI* – Mangold & Nussbutter
In der Küche
Die Mangold-Schaumsuppe ist mit Martini abgeschmeckt. Die Suppe wird frisch aufgeschäumt, bevor der Service sie zum Gast bringt. Sie wird im Martiniglas serviert. Wenn der Service auf dem Weg ins Restaurant alles richtig macht: weder geschüttelt noch gerührt.
Dazu gibt’s ein zuvor wachsweich pochiertes Wachtelei, das kurz vorm Servieren in getrockneter grüner Olive paniert wird. Serviert wird es im Eierbecher in einem bereits geköpften goldenen Ei – „die sind gekauft und nicht selbst gemacht!“, erfahre ich.
Im Restaurant
„Wir kommen zum James-Bond-Gang!“ kündigt Sebastian Probst an: Golden Ei! Also im Moritz schreiben sie dass zusammen, aber da bin ich ja immer geneigt es wie Norderney zusammenhängend auszusprechen. Goldenei. Wir lernen: die güldene Hühnerei-Schale anheben, nicht köpfen (muss man dazu sagen, damit der Wareneinsatz nicht ins Unermessliche steigt…). Man könne das Ei, weil in einen Martini ja eine Olive gehöre, am Spieß in die Suppe gleiten lassen (dann aber nur rühren, nicht schütteln!). Oder es so essen und die Suppe separat genießen, was wir taten – und begeistert waren, weil es eine sehr schmackhafte und schön schaumige Mangoldsuppe war.
GOLDFORELLE MIT KAVIAR – Sauerrahm & Grüne Soße
In der Küche
Die Forellen dümpeln lange in einer Nussbutter vor sich hin. Ihre Haut haben sie vorher bereits verloren, sie wurde separat im Backofen kross gemacht und bekommt abschließend im 260 Grad heißen Fett noch mehr Crunch. Sie bildet nun das Dach bzw. die Terrasse für den Kaviar. Noch mehr Multifunktionalität bei der Grünen Sauce: die sieben Kräuter, die man dazu braucht, sind auch Grundlage für den Zupfsalat und das Öl, das in Tropfen in den Saucenspiegel kommt.
Im Restaurant
Was für eine herrliche Präsentation: toller Teller, natürlich gülden. Darauf Forelle, natürlich goldig. Und im Glas Piesporter Goldtröpfchen, by the way. Die Grüne Sauce findet sich in den Öltropfen und den Kräutern wieder, wo es richtig Spaß macht. Schwämme von irgendwas habe ich noch nie verstanden, auch hier nicht. Aber die gebackene und dann frittierte Haut mit dem Kaviar war dafür krustig-klasse!
GOLDBROILER* – Paprika & Kartoffel
In der Küche
Die Hähnchen für den Hauptgang kommen vom Geflügelhof Weber, mit denen das Moritz eine Kooperation hat: die Tiere haben Auslauf und Zeit zum Wachsen. Verarbeitet wird das ganze Tier: aus den Karkassen haben die Köche eine Velouté gemacht. Dann haben sie noch einen Geflügelfond angesetzt und drastisch reduziert, um daraus eine Mayonnaise zu ziehen. Auch das Ketchup ist hausgemacht, aus entsafteten Paprika.
Im Restaurant
„Ein Klassiker, der zur Region gehört – aber in guten Restaurants nie serviert wird. Goldbroiler Pommes rot-weiß. Wir haben dafür schon harte Kritiken bekommen!“, weiß Sebastian Probst zu berichten. Aber warum? Weil der Steingutteller aussieht wie ein Pappteller? Ist doch nice! Die halbe Hähnchenbrust war gleichermaßen saftig, zart und voller Geschmack. Tolle Qualität, bestens gemacht. Die Kartoffel hätten wir uns kleiner und mehr wie „Pommes“ gewünscht, auch wenn’s Sauce zum Tunken gab und Mayo wie Ketchup hervorragend waren (kein Vergleich zur Industrieware…). Aber mehr kleinere Stäbchen ergeben halt mehr Crunch!
GOLDEN DELICIOUS – Ziegenkäse & Nuss
In der Küche
Bei diesem Gang ist fast alles von langer Hand vorbereitet. Die Äpfel liegen fertig auf dem Blech, sie bekommen nur noch einen essbaren Stängel und ein genießbares grünes Blättchen verpasst. In die Nussmousse wird ein Pumpernickel-Crunch gesteckt, der auch schon vorbereitet ist. Für die Köche bedeutet das: viel Arbeit im Vorhinein, aber stressfreies Anrichten zwischendurch, falls es am Abend mal hektisch werden sollte…
Im Restaurant
Wie, nur ein Apfel? Und wo bleibt der auf der Karte versprochene Ziegenfrischkäse? Nun gut, wir leben in Fake-Zeiten: das ist Ziegenfrischkäse, der etwas Apfel umhüllt und sich von außen nur so gibt. Eine klasse Überraschung, die auch mir als nicht so großartigem Ziegenkäseliebhaber mundete. Zum weichen Frischkäse passte der Pumpernickelchip ganz toll – das geröstete Brot bekam noch mehr Würze mit, als es eh schon hat.
GOLDENE KUGEL* – Karamell & Passionsfrucht
In der Küche
Da steckt viel drin – und zwar wörtlich. Zwei Halbkugeln aus weißer Schokolade, die untere auf einem Mini-Savarin-Küchlein gehalten, nehmen auf (von unten nach oben): Mango, Granatapfelkerne, Kapuzinerkresse, („damit es später nicht so langweilig aussieht!“, erklärt mir Tim Ebert.) Das lässt sich gut vorbereiten und bereitstellen…
Karamelleis und weißer Schokoladenschaum kommen später hinzu, bevor die zweite Kugelhhälfte obenauf platziert wird: optisch ist es jetzt eine Kugel. So bringt’s der Service zum Gast – zusammen mi einem Kännchen, in dem heiße Passionsfruchtsauce („die bringt eine schöne Säure!“) darauf wartet, dass der Kellner sie angießt. Wenn Zeit ist, kommt auch „die Küche“ schon mal raus und macht das.
Im Restaurant
Das ist die großartigste Dessert-Show ever – obwohl sie ja nicht einmal neu für uns ist, wir haben sie als Spezialität des auch zum Konditor ausgebildeten Sebastian Probst schon 2015 kennen und lieben gelernt. Aber erstens ist dieses Dessert optisch immer wieder der Hammer – und zweitens schmeckt es ja jedes Mal anders, denn nur das Prinzip bleibt gleich.
Wenn der Service die weiße Kugel bringt und sie dann mit heißer Passionsfrucht übergießt, sieht das kurzfristig aus wie der güldene Abschluss eines Gold-Menüs. Bis dann die Kugel sich unter der Wärme der Sauce auflöst und das Innere freigibt (siehe Film unten). Spektakulär! riefen die Gäste am Nebentisch, und man mochte ihnen nicht einmal widersprechen. Und geschmeckt hat’s dann auch noch!
Infos
Das Menü
- ROCHER VON DER GÄNSELEBER* Brioche & Jonagold
- GOLDENEI* Mangold & Nussbutter
- GOLDFORELLE MIT KAVIAR Sauerrahm & Grüne Soße
- GOLDBROILER* Paprika & Kartoffel
- GOLDEN DELICIOUS Ziegenkäse & Nuss
- GOLDENE KUGEL* Karamell & Passionsfrucht
Die Getränkebegleitung
- GOLDRAUSCH Aperitif Cocktail Gin House Dresden
- BIRNENGOLD Manufaktur Jörg Geiger
- WEISSBURGUNDER GOLDKAPSEL Weingut Ellermann-Spiegel
- PIESPORTER GOLDTRÖPFCHEN Weingut Günther Steinmetz
- FLENSBURGER GOLD Flensburger Brauerei
- GRAUBURGUNDER GOLD Weingut Gold
- GOLDMUSKATELLER Weingut Alois Lageder
- NESCAFÉ GOLD-COCKTAIL Gin House Dresden
Die Preise
- 4-Gänge-Menü 59,00 € (alle Gänge mit * – inkl. Getränkebegleitung 89,00 €)
- 5-Gänge-Menü ohne Golden Delicious 69,00 € (inkl. Getränkebegleitung 109,00 €)
- 6-Gänge-Menü 79,00 € (inkl. Getränkebegleitung 119,00 € inkl. Getränkebegleitung, Aperitif, Wasser, Kaffeespezialität & Digestif 139,00 €)
Restaurant Moritz im Hotel Suitess
An der Frauenkirche 13 / Zugang über die Rampische Straße
01067 Dresden
Tel. +49 351 417270
www.moritz-dresden.de
Öffnungszeiten: täglich ab 17:30 Uhr
[Besucht am 21. und 28. Februar 2020 |
Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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