„Schwerelos schwebt das weiße Renaissancekleinod über dem Wasser der Würschnitz“ schreibt der Texter (m/w/d) der Schlösserland-Sachsen-Webseite in typischer Werber-Poesie und schwärmt von der „Idylle aus Baukunst und Natur“. Doch ja, hübsch haben sie es da in Klaffenbach! Und vor allem vor dem Schloss U-förmig angeordnet einen Gebäudekomplex, der unser eigentliches Ziel war – denn da gibt es im Schlosshotel das Gewölberestaurant. Beim Menüwettbewerb Kochsternstunden 2020 wählten die Testesser es zum besten im Chemnitzer Wettbewerb. Da wir damals es nicht dorthin geschafft hatten, holten wir den Besuch jetzt beim Kochsternstunden-Spezial nach.
Die Küche des großen Restaurants (zu normalen Zeiten 95 Plätze) ist von der Handschrift seines Chefkochs Jens Hermann geprägt. Seit 1995 arbeitet er schon hier (zuerst ein Jahr als Sous-Chef, seitdem als Chef) und kocht unaufgeregt saisonal-regional. Wobei unaufgeregt zart andeuten soll, dass die beiden Schlagworte nicht neumodischer Schnickschnack sind, sondern schon lange gelebtes Programm.
Das 4-Gang-Menü gibt einen guten Einblick in diese Philosophie. Es zeigt auch, dass Prinzipien im Kulinarischen nicht immer streng eingehalten werden müssen – Hauptsache, es schmeckt. Und so gab’s zum Apero einen Ramazzotti „Rosato Mio“, in dem (ganz, wie es sich der Rezeptschreiber wünscht) Ramazzotti Rosato und Prosecco zueinander finden. Aber statt Basilikum schwammen zwei Scheiben eines verdammt schmackhaften Apfel drin. Den Strohhalm im Glas fanden wir überflüssig, nicht nur prinzipiell (Plastik muss ja nicht immer sein), sondern auch konkret: man brauchte ihn nicht zum Trinken. Der Apfelscheibenpiekser aus Holz passte in beiderlei Sinn!
Das Essen begann auch italienisch mit erzgebirgischem Einschlag, denn es gab eine (große!) Burrata, dazu Tomaten und wieder kein Basilikum, sondern heimische frische Kräuter aus dem Schlossgarten. Eine gute und köstlich schmeckende Variante des Klassikers. Wir waren lediglich etwas überrascht über die Größe, so ein Teller geht bei uns im Sommer schon mal als vollwertiger Snack durch. Als wir es unserer sehr freundlichen Bedienung sagten, begann ein Spaß, der sich den Abend durchzog: „Aber schön aufessen!“ Wir lieben ja solche Menschen, die ihren Job tadellos machen und Humor haben. Merke: den Schalk im Nacken sieht man auch, wenn der Mund-Nasenschutz weite Teile des Gesichts verdeckt.
Die Portionen blieben reichlich bemessen – wir fragten uns, ob das wohl der Golfer-Klientel geschuldet ist, die sich sportlich auf dem zum Areal gehörenden 18-Loch-Golfplatz verausgabt? Wie auch immer: verausgabte Kalorien werden auch bei der Suppe nicht nur mengenmäßig dem Körper zurückgegeben, sondern auch in ihrer angenehmsten Form. Das Süppchen in der Bowl hatte eine feine Säure und verbarg nicht wenig von der frisch geräucherten Schönberger Forelle. „Aber schön aufessen“ empfahl uns augenzwinkernd der Mann hinter der Maske. Wir mussten ihn um einen Zentimeter enttäuschen.
Beim Hauptgang sollte das Kalbsfilet laut Karte zart sein – und war es auch. Es war, als es an den Tisch kam, unter einer dicken Bärlauchkruste verborgen, die man aber abnehmen und so gut zum häppchenweisen Verspeisen re-portionieren konnte. Eingangs hatte das Filet noch eine fabelhaft rosa Farbe, was sich mit dem grünen Bärlauch ja auch optisch gut macht. Auch als die Farbe einer vornehmen Blässe wich, blieb das Fleisch freilich zart und schmackhaft. Für einen neuerlichen Hauch Italien sorgten Balsamico-Schalottenschaum und Polenta, die eindeutig in die Kategorie der wirklich gelungenen eingereiht werden kann.
Großer Tusch zum Finale: erfrischendes Erdbeersorbet, vanilliger Rhabarber und für die immer noch nicht Satten ein Kuchen mit Limetten-Joghurtcreme. Sicher kein Zufall, dass uns das grün-weiß-rot schon wieder italienisch vorkam! Haben wir alles schön aufgegessen!
Das Menü
- Burrata an zweierlei von der Strauchtomate mit Passionsfruchtvinaigrette und frischen Kräutern aus unserem Schlossgarten
- Geschäumtes Feldsalat-Apfelsüppchen mit geräucherter Schönberger Forelle
- Zartes Kalbsfilet unter der Bärlauchkruste auf Balsamico-Schalottenschaum serviert mit sautierten Kräuterseitlingen und cremiger Polenta
- Erfrischende Limetten-Joghurtcreme an Rhabarber aus dem Vanillesud und hausgemachten Erdbeersorbet
Die Weine
- Ramazzotti „Rosato Mio“ | Ramazzotti Rosato | Prosecco
- 2015 Schwarzriesling | trocken | weißgekeltert | Lauffener Weingärtner eG | Württemberg
- 2018 Bad Kösener Schöne Aussicht | Grauburgunder | Auslese | trocken | Weingut Marcel Schulze | Saale Unstrut
- 2018 Gau-Algesheimer Rothenberg | Huxelrebe Spätlese | lieblich Weingut Theo Mayer | Rheinhessen
Die Preise
- 3-Gänge-Menü (ohne Vorspeise) 42,00 € (inkl. Weinbegleitung 56,00 €)
- 4-Gänge-Menü 48,00 € (inkl. Weinbegleitung 66,00 €)
Gewölberestaurant
Wasserschlossweg 6
09123 Chemnitz
Tel. +49 371/26110
www.schlosshotel-chemnitz.de
Öffnungszeiten:
täglich 11-14 Uhr und 17-23 Uhr
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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