Die Türme sind? Trutzig! Die Gassen sind? Verwinkelt! Die Bratwurst ist? Meterlang! Wir können, bei der Kombination, natürlich nur in Sulzfeld sein (die Meterbratwurst ist der Verräter!). Und Sulzfeld ist? Fränkische Idylle! All‘ diese Attribute findet man, auch wenn man es unter der eher trocken-sachlichen Überschrift nicht vermuten mag, im Kapitel „Zahlen und Fakten“ des örtlichen Internetauftritts. Das Erstaunlichste aber ist: es stimmt alles! Ich habe es mir selbst angesehen und, ganz ohne nervig-selbstverliebte Stadtführerin (solche soll’s ja geben) mit Hilfe der vorzüglichen Beschilderung, mich schlau machen lassen. Einen schönen Eindruck von Sulzfeld bekommt man, wenn man genauer auf das Etikett des wunderbar rundgelutschten Bocksbeutels (Kopfkino anybody? better not!) vom Weingut Brennfleck aus dem Jahr 1921 schaut. Man sieht dort nämlich sehr schön, dass Sulzfeld von einer Mauer mit einigen Toren umgeben ist – 21 sollen es sein, steht in einem Prospekt der Stadt, also wird’s wohl so sein. Was man auch sieht: hinterm Dorf Weinberge ohne Ende, vor dem Dorf eine Straße und dann auch gleich den Main (sehr schön: mit Schaufelraddampfer).
In 13. Generation führen Hugo Brennfleck und seine Frau Susanne mit Familie und Team das Weingut. 24 ha bewirtschaften sie, aber Wein von 31 ha vermarkten sie insgesamt – der Zukauf ist für die einfachen Qualitäten gedacht. Seit 430 Jahren gibt es ein Weingut Brennfleck – wenn man die Symbolik auf dem Holzfass anlässlich des 400. Geburtstags des Weinguts sieht, begann 1591 wohl alles in Lauda. Damals war Hans Brennfleck dort Bürgermeister…
Die Weine bei Brennfleck kommen nicht nur aus Sulzbacher Lagen Sonnenberg, Maustal und Cyriakusberg, sondern sind geschickt vergteilt, so dass sie die Vielfalt fränkischer Weine widerspiegeln können – mit Lößböden auf Muschelkalkformationen an den Hängen des Mains und den Keuperböden des Steigerwaldes. Riesling kommt aus der Steillage „Escherndorfer Lump“, andere Sorten vom Iphöfer Kalb, Iphöfer Kronsberg und Rödelseer Küchenmeister.
Seit 1894, wie geschrieben, produzieren die Brennflecks Wein in Sulzfeld. Das Weingut liegt mitten im Ort mit seinen schmalen verwinkelten Gassen und Straßen. „Wir haben überlegt, ob wir unsere neue Kelter auf der grünen Wiese bauen sollten“, sagt Hugo Brennfleck. Aber dann habe man sich doch für den Ort entschieden: Weinbau gehöre untrennbar zu Sulzfeld hinzu! Der (jetzt zehn Jahre alte) Neubau ist modern und nimmt dem mittelalterlichen Stadtbild wohltuend ein wenig vom Disney-Feeling. Altes nachbauen ist bei einem 500 Jahre alten Original nebenan eben nicht wirklich zielführend. Das Flachdach ist oben begrünt, das Gebäude selbst von außen mit Muschelkalk vom Maustal verkleidet. Auch die Hofflächen sind so gepflastert, was man aber nicht mehr sieht, weil die Patina drüber ist.
Drei Architekturpreise haben die Brennflecks für die neue Kelter gewonnen, und gerade jetzt erst wurde das Weingut vom DWI (Deutsche Weininstitut) als einer von 30 Gewinnern des bundesweiten Wettbewerbs „Ausgezeichnete Vinotheken“ ausgezeichnet. Aber wir sind ja nch gar nicht in der Vinothek, sondern stehen noch vor dem Kelterhaus. Das ist, Vorteil der Hanglage, in den Berg hinein gebaut. Die Traubenannahme ist ebenerdig von der Straße aus zu erreichen, die große Halle beherbergt nur die Entrappmaschine. „Wir arbeiten so schonend wie möglich: im Weinberg kommen die Trauben in Boxen, die kommen im Hänger an und werden ausgekippt in die Entrappmaschine.“ Beim Silvaner (der bei Brennflecks 60% ausmacht) machen sie hier übrigens eine Ganztraubenpressung, die Trauben kommen in der Regel nicht entrappt in die Presse. „Die Weine werden dadurch eleganter“ – so die Philosophie von Hugo Brennfleck.
Was auffällt: es ist sehr geräumig in der Traubenannahme, nichts steht im Weg (OK, als wir da waren, war es vor der Ernte, da gab die Kelter den Parkplatz für PKW und Traktoren. Aber die kommen raus, wenn geerntet wird!). Platz für Boxen ist also genug da, das erleichtert entspanntes Arbeiten. Hugo Brennfleck sagt: „Mit dem neuen Kelterhaus und seinen verbesserten Betriebsabläufen haben wir 1/3 Arbeitszeit eingespart. Außerdem läuft die Presse leiser – es ist fast wie Urlaub!“ Klingt gut, ist aber wahrscheinlich, wie alles im Leben, relativ. Wir sind dann, anders als die Trauben, nicht durch den Entrapper in den Keller, sondern über die Treppe.
Unten wieder alles sehr aufgeräumt, die Stahltanks passen in ihrer Sachlichkeit zum Gesamtbild und natürlich auch zur modernen 8.000-Liter-Tankpresse. Die Tresterabfuhr erfolgt über eine schiefe Ebene – mit einer Steigung, die für Elektrostapler beim Zeitpunkt der Planung noch gar nicht machbar waren. „Aber als ich beim Hersteller anrief, versicherte er mir: wenn Ihr Kelterhaus fertig ist, ist es auch die neue Generation unserer Elektrostapler!“, erzählt Hugo Brennfleck. Und so war es dann auch.
Und wo bleibt bei all der modernen Sachklichkeit das Ambiente, die Gemütlichkeit? Da müssen wir zurück in den barock überformten mittelalterlichen Gutshof, der auf ganz andere Aret behutsam erneuert wurde. Im Holzkeller liegen große Fässer, hergestellt beim einzig verbleibenen fränkischen Fassmacher – die Barriques kommen aus Spanien und Frankreich. Im hinteren Bereich macht die offene Schatzkammer Lust auf eine Weinreise in die Vergangenheit. Hier galt freilich: nur gucken!
Probiert wird in der ehemaligen Brennerei – unterm Kreuzgewölbe. 2015 entstand diese Probierstube, in der bis zu 45 Personen bewirtet werden können. Als sie jetzt als hervorragende Vinothek ausgezeichnet wurde, ging es nur um die Architektur. Aber der eigentliche Sinn einer Probierstube ist ja das Probieren – und das könnte, nach Silvanern von Muschelkalk und Keuper, nach sponatn vergorenem Riesling und Silvaner, nach gereiften Weinen (wie der 2015 Sulzfelder Maustal Silbaner Beerenauslese edelsüß) durchaus nochmals zu einem zusammenfassenden Woirt führen: ausgezeichnet!
Weingut Brennfleck
Papiusgasse 7
97320 Sulzfeld am Main
Tel. +49 93 21 / 43 47
www.weingut-brennfleck.net
Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt mit einer Pressereise auf Einladung des DWI (Deutsches Weininstitut).
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