Mit Superlativen sollte man sich (nicht nur als Journalist) zurückhalten, die meisten sind eh fragwürdig und halten einer Überprüfung nicht statt. Das gilt auch, wenn sich ein Weingut mit dem Satz „The most Western Vineyards of Europe“ schmückt: der Claim trifft allenfalls fürs europäische Festland zu (auch auf den Azoren, die zu Portugal gehören und damit europäisch sind, machen die Leute auch Wein!). Mit diesem Gruß aus Korinth steigen wir also aus dem Bus und sind im Casal Sta Maria – wo die westlichsten Weinberge Europas (in der Nichtschwimmer-Version) stehen.
Die Geschichte des Weinguts ist auch die des Baron Bodo von Bruemmer, der das Weingut im zarten Alter von 96 Jahren gründete und 2016 mit 106 Jahren verstarb. Sein Wahlspruch steht immer noch auf den Etiketten: „It’s never too late“. Die Geschichte des Baron Bodo von Bruemmer kann man (Google hilft!) nachlesen, auch hat er selbst in einem Brief an die Nachgeborenen aufgeschrieben. Eine beeindruckende Geschichte, die man als Besucher natürlich auch im Weingut live erfährt.
João Ribas ist Leiter der Abteilungen Weintourismus und Weinhandel im Weingut. Der Titel verrät: hier geht’s nicht nur um Wein, hier geht es gezielt auch um Touristen. In dieser Position hat er natürlich alle Tricks parat, verweist beispielsweise auf den kalten Nordwind, der uns um die Ohren pfeift und sagt: der sei typisch für die Gegend, er lobt, dass man in der Ferne den Ozean sieht – was wegen des Nebels oft nicht der Fall sei. Und er verspricht besseres Wetter „für morgen“ – aber da sind wir ja schon wieder fort.
Das „mystische Mikroklima“ (so nennt João das) tut dem Wein gut. Die permanente Salzbrise schlägt sich auf den Trauben nieder – die Franzosen haben bei Rindern/Lämmern den schönen Begriff pre salé geprägt. Und diese Salzigkeit ist beim Wein ja das, was man gerne unter dem Oberbegriff mineralisch zusammenfasst – salzig passt da oft viel besser. Die Sintra-Berge im Hintergrund, das Meer in der anderen Richtung, der Wind dazwischen – darum geht’s. Bewässerung ist da übrigens nicht nötig, die Natur schafft das schon.
Welche Rebsorten mögen da gedeihen? Ein bunter Mix aus traditionellen autochthonen und neuen, internationalen Sorten ist es, also Touriga Nacional, Malvasia, Sauvignon Blanc, Chardonnay und andere. 100.000 Liter Wein produzieren sie pro Jahr, zwei Winemaker sind dafür verantwortlich (auf den Datenblättern stehen sie: Jorge Rosa Santos and António Figueiredo).
Rosé ist ihre Spezialität, der Mar de Rosas ist eine Cuvée aus Touriga Nacional, Pinot Noir und Syrah. Anders als die meisten portugiesischen Rosés kommt der überhaupt nicht leichtfüßig daher, und natürlich riechen wir leicht mineralische Noten, am Gaumen ist er frisch und (natürlich – „wenn nicht, ist er nicht von uns“, sagt João) leicht salzig. Auch so gar nicht portugiesisch ist allerdings der Preis des Rosé: 24,50 € ab Weingut.
Der Sauvignon Blanc profitiert vom cool climate und verbindet Noten von Spargel, weißem Pfeffer mit leichter Erdigkeit – und vergessen Sie nicht die Salzigkeit, bitteschön! Der Pinot Noir ist eine Selektion handverlesener Trauben, nach einer leichten Zerkleinerung einer 5tägigen Kaltmazeration in kleinen offenen Behältern (die in Portugal als „Lagares“ bekannt sind) unterzogen. Die Gärung dauerte 3 Wochen mit täglichem Umpumpen. Nach Beendigung der Gärung wurden die „lagares“ geschlossen und 2 Wochen lang gelagert. Der Wein reifte 15 Monate lang in neuen und gebrauchten französischen Eichenfässern von 225 l und 500 l. Im Glas ist der Wein rubinrot mit hellen Reflexen – und natürlich schmeckt man Kirschen, aber wer mag, findet auch reife Himbeeren und Noten von Pilzen und Kiefer.
Bei der Weiterfahrt nach Lissabon gib’s dann im Vorbeifahren noch einen Hinweis auf den westlichsten Punkt des europäischen Festlands: Cabo da Roca. Wir müssen weiter, aber die Sonne verschwindet auch ohne uns hinterm Kap…
Casal Sta Maria
Rua Principal, nº 18/20
Casas Novas – Colares –
2705-177 Sintra
Tel. +351 219 292 117
casalstamaria.pt
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Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt mit einer Pressereise auf Einladung des Great Wine Capitals Global Network.
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