Schilder mit roter Tomate und dem Hinweis auf die Pizzeria Artebianca hatten wir wir schon häufiger gesehen bei den kleinen Touren zur Markthalle in Alzejur oder auf dem Weg zu Wanderungen, die nicht direkt in Arrifana starteten. Und immer waren es auf den Schildern drei Minuten bis zur Pizzeria – die wir aber nie sahen. Auch verstanden wir das mit den drei Minuten nicht, bis wir merkten: es gibt Artebianca zwei Mal in der Gegend – einmal in Alzejur und einmal als Artebianca 2 im Sektor B der Urbanização Vale da Telha (die Siedlung gehört zu Arrifana). Da wollten wir hin, weil die örtliche Gastronomie in Monte Clerigo keinen Bock mehr auf uns hatte.
Die Pizzeria ist groß, und sie ist voll bei unserer Ankunft kurz nach Sonnenuntergang. Zwei Plätze gibt es aber noch, mit Blick in die Küche. Dort werkelt ein echter Pizzaiolo und nimmt reichlich Semola Rimacinata zum endgültigen Formen der Pizza – das macht sie auch crunchy… Was es mit dem Teig noch Besonderes auf sich hat, entnehmen wir einem kurzen Hinweis auf der Speisekarte: es ist ein mit Sauerteig getriebener Teig. Bei genauerem Hinlesen (und späterem Nachstöbern im Netz) stellen wir fest: es gibt drei Grundsorten Pizza: Gourmet (100% Sauerteig-getrieben), Pizza Crunch mit hohem Wasseranteil und ebenfalls Sauerteig sowie die normale Pizza. Alle natürlich unterschiedlichst belegt.
Wir entschieden uns für zwei Gourmet-Pizzen: die eine benannt nach der Gegend (Algarve, 15,90 €), die andere eher an ein Pastagericht erinnernd (Amatriciana, 16,90 €). Am Belag der Algarve konnte man mehrere Prinzipien von Artebianca erkennen: schwarze Feigen von der Algarve mariniert in einer Portweinreduktion, Käsefondue Serpa DOP, Mix von Salatblättern vom Amendoin-Hof in Rogil, Mozzarella fior de latte und Portweinreduktion. Das ist eine (wie wir feststellen durften: gelungene) Mischung aus regionalen und italienischen Produkten. Und wenn man bei einer Pizzeria Vergleiche mit Kilometer-Null- und Slow-Food-Restaurants liest, ist das ja eher ungewöhnlich (wobei das natürlich nur bedingt zutreffen kann: Kilometer Null heißt ja, aus unmittelbarer Umgebung. Aber selbst wenn es für die regionalen Produkte (Italien liegt ja eh zu weit weg für regional…) ein Umkreis von 25–50 Kilometern sind, ist das ein guter Ansatz.
Auch nicht unbedingt die Regel (aber bei Hobby-Pizza-Bäckern sehr beliebt) ist die lange Reifung der Teige von mehr als 72 Stunden und die Verwendung von natürlicher Hefe (im Sauerteig). Beides sind Garanten für einen sehr aromatischen Teig, den viele auch als bekömmlicher empfinden. Das Mehl, lesen wir, wird in Italien in einer kleinen Mühle auf dem Land gemahlen, die auf eine mehr als hundertjährige Tradition zurückblickt und sich freiwillig der industriellen Produktion verschließt.
Das klingt alles sehr handwerklich und traditionell – und auch insofern war die Amatriciana eine große Überraschung: ungewohnt und dabei ungewohnt gut: Mozzarella fior di latte, Sauce Amatriciana, gerösteter Gunciale Romano, Pecorino-Käse, Fondue Romano DOP, frischer Basilikum bildeten die Grundlage. Und während sich in Italien und anderswo die Fachleute noch streiten, ob Spaghetti (wie in Amatrice) oder Bucatini (in Rom) die richtige Pasta zur Sauce ist, belegen Emanuele Zingale und Manuela Mattavelli vom Artebianco einfach ihre Pizza damit. Aber spannend ist, wie sie es tun: das Beste kommt auf den Rand! Es sei denn, man bezeichnet den Käsemix als die leckerste Zutat, denn die füllt die Mitte der Pizza aus, die nicht mit großem Durchmesser protzte und bereits in acht Stücke geschnitten war, die auseinandergezogen auf einem rechteckigen Stein serviert wurde.
Belag auf dem wunderbar fluffigen, bestens aufgegangenen (die Löcher im Teig!) Rand? Das ist ein guter Trick: so bleibt nix übrig. Wäre ja auch schade…
Artebianca 2
Urbanização Vale da Telha Sektor B, 8670
Arrifana (Aljezur)
Tel. +351 282 012 219
artebianca.pt
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