Arrifana ist nicht groß, aber im Sommer ist richtig viel los. Wir waren antizyklisch im Januar da – da kommen nur die harten unter den Surfern (m/w/d) täglich von früh bis spät an den Strand. Die bei ihrer An- und Abreise zu beobachten? Das macht man nicht. Aber wenn man so prädestiniert wohnt – direkt an der Straße vom Plateau hinunter zur Praia und mit großer Terrasse: da beobachtet man ja nicht, da bekommt man das Treiben einfach mit. Zugegeben: erst eher zufällig, dann schon mit einem gewissen Hang zur Spezies-Beobachtung.
Wir standen also am Spätnachmittag direkt nach der Ankunft auf der inneren Terrasse des unspektakulären ehemaligen Fischerhauses mit der spektakulären Lage und sahen hinaus: der inneren, überdachten Terrasse 1 folgte eine schmale zweite und eine Stufe (Stolperfalle!) runter eine große zweite Terrasse open air. Und dahinter ein Panoramabild mit Meer, Horizont und sonnentergangswilligem Himmel. Von der äußeren Terrasse sieht man mehr als Meer: auf Wellen wartende Surfer, Strand, Dächer. Links und rechts rahmt die Steilküste die Bucht ein. Links erkennt man so einen Pinorrek – korrekt: die Pedra de Agulha, eine Felsnadel. Rechts sehen wir auf den ersten Blick nur Felsen, werden dort aber später noch den kleinen Fischereihafen ausmachen und noch später die Fortaleza da Arrifana bzw. die Reste der 1635 erbauten Anlage.
Das eine Dach direkt unter unserem Zuhause auf Zeit gehörte zu einem Restaurant am Strand mit dem naheliegenden Namen Praia, das zu besuchen quasi naheliegend war. Leider waren nur noch zwei Plätze frei, so dass wir direkt hinein mussten und den Strand nicht näher inspizieren konnten, dafür aber ein tolles Menü genießen sowie einen durch sich brechendes Licht nahezu kitschigen Sonnenuntergang erleben durften.
Der morgendliche Blick von der Terrasse brachte noch einmal die Surfer ins Spiel. Wir hatten erstens die nicht neue Erkenntnis, dass das schon ganz tolle Typies sind, die natürlich wenig Wert auf Äußerlichkeiten legen – außer: wenn Auto, dann natürlich entweder Cabrio oder alter Van, gerne natürlich ein VW Bulli. Die Haare sollten blond wallen, die Füße möglichst barfuß sein – temperatur- und wegeuntergrundunabhängig. Verpflichtend ist auch eine leicht hüpfende und auf jeden Fall über normalem Gehtempo liegende Fortbewegungsgeschwindigkeit, weil sonst das wallende Haar nicht so gut zur Geltung kommt. Nein, im Ernst: wir trafen nur nette Leute, die gut drauf waren und ihren Spaß hatten – allem Januar-Wetter-Unbill zum Trotz. Und trotz ihrer optisch nicht immer sehr vorbildlichen Lage im Meer…
Der Ort Arrifana ist schnell durchlaufen, viel zu sehen ist da nicht. Am spektakulärsten sind die Blicke zurück zur ein Kilometer langen Bucht, die bei auflaufendem Wasser vergleichsweise schmal werden kann. Unser Ziel war die Fortaleza da Arrifana, die auf einem steilen Felsvorsprung etwa 70 m über dem Meeresspiegel liegt. Viel ist nicht mehr übrig, benötigt wird das, was noch da ist, auch nur für Touristen wie uns – aber als kulturhistorisches Erbe ist die im 19. Jahrhundert immer bedeutungsloser werdende Anlage natürlich schon noch spannend (1792 bestand die Garnison aus einem Unteroffizier und sechs Soldaten, 1861 wurde die Festung vollständig aufgegeben).
Rekonstruiert seit 2007 ist die Fortaleza ein touristischer Ort: mit Restaurant (nicht von uns getestet, die Fische in der Auslage guckten so traurig…) und großartigen Ausblicken nach rechts und nach links – also nach Norden mit dem Küstenabschnitt bis zum Ribat da Atalia und nach Süden mit Blick auf Arrifana mit Strand und kleinem Fischerhafen. Den kann man über eine steile Straße von hier aus erreichen – aber so richtig lohnend sah das nicht aus, uns genügten die Blicke von oben herab.
Auf dem Hin- oder Rückweg (es ist der gleiche…) sehen wir zwischen Straße und Rad-/Gehweg viele neu aufgestellte haifischähnliche Poller. Das hängt wohl mit der Eigenverantwortung parkwilliger Autofahrer zusammen. Wir kommen an der einen oder anderen Gaststätte vorbei. In der einen waren wir bereits, bei den anderen kam es zu keinem Besuch: das eine hatte geschlossen (machte aber einen besuchenswerten Eindruck), ein weiteres hatte geöffnet und ließ uns olfaktorisch im Frittenöl stehen. Also gingen wir wieder raus… Außerhalb der Gastronomie entdeckten wir noch alte, unsanierte Fischerhäuser. Die werden sicher auch bald erneuert, schlimmstenfalls enden sie dann so wie das irgendwie widersprüchliche neue Haus mit dem Schild Turismo rural und einem der schauerlichen Gärten des Grauens (Jardins do horror!) davor.
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