Was willst Du mehr, Gast?

Kochsternstunden-Menü in Dresdens jüngstem Sterne-Restaurant Elements

Kochsternstundenmenü Elements

Die Kleinigkeiten sind es, die Klitzekleinigkeiten manchmal. Das Elements macht’s vor: Seit Herbst vergangenen Jahres mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet und damit anerkanntermaßen eins der drei Dresdner Top-Restaurants, benimmt sich das Team – wie immer! Wozu auch gehört, dass das Elements (wie schon öfter, wenn auch nicht immer) bei den Kochsternstunden mitmacht und dafür auch Plätze im begehrten und meist ausgebuchten Sterne-Restaurant freihält. „Wir wollen“, sagte mir bei einem Besuch kurz nach dem Bekanntwerden der Einstufung Martina Starovičová, die sich seit der Eröffnung des Elements im Gelände der Zeitenströmung um den Service kümmert, „wir wollen so bleiben wie wir sind!“ Und sie waren von Anfang an: besonders. Immer ein wenig anders als die Anderen, immer gut – von nüscht kommt nüscht.

Stephan MießnerDazu trägt natürlich auch und gerade Stephan Mießner mit seinem Team in der Küche bei. Er ist nicht einer dieser Chichi-Köche, die sich scharwenzelnd dem Publikum zeigen, sondern er werkelt lieber kreativ und ansonsten still in der Küche vor sich hin. Ein Bild von ihm? Glücksache. Mein Lieblingsbild zeigt ihn deutlich fernab vom Trubel der Promis in seinem Restaurant – ein sächsischer Minister und allerley andere ließen sich fürs Boulevardblatt ablichten, der Chef steht abseits. Allerdings freundlicherweise gerade so vor der Lampe, dass ihm ein kleiner Heiligenschein wächst: 2013, ein Jahr vor dem Stern, immerhin.

Das Konzept des Elements beinhaltete ja schon immer ein wenig Mystisches. Die vier Elemente Feuer, Luft, Wasser und Erde waren namensgebend, die Küche sollte das widerspiegeln. Konnte man dran glauben, musste man aber nicht – denn es schmeckte auch so. Die wuchtige Einrichtung mit schweren Ledersesseln an dunklen Tischen kontrastiert mit der großen Bar, vor der Hocker stehen – die also wirklich zum Drink vorweg (oder danach, oder zwischendurch) einlädt. Der Service huscht mit Turnschuhen und karierten Hemden durchs Restaurant – und ist kompetent, freundlich, gut drauf. Hey, was willst Du mehr, Gast?

Gutes Essen? Mehr als vier Elemente spüren? Geht doch: Die Weisen aus dem Osten schenkten uns doch 25 Prozent Bewusstseinserweiterung, gaben uns bitter-süß-sauer-salzig-Menschen die zusätzliche Geschmackserfahrung umami, oder wie der Japaner sagt: 旨味. Wer jetzt an Glutamat denkt, liegt knapp daneben, auch wenn er (oder sie) der Wahrheit auf der Spur ist. Für den Anfang hilft es, einen guten Parmesan zu kaufen und ein dickes Stück abzuschneiden, herzhaft (sic!) reinzubeißen und sich den Geschmack auf der Zunge zergehen zu lassen. Wer mehr wissen will, folge uns auf der kleinen kulinarischen Reise, die – welch schöner Zufall!!! – fünf Jahre Elements nun eben mit fünf Elementen und fünf Geschmäckern verbindet.

Das Kochsternstunden-Menü bringt alles auf den Punkt: Serviert werden fünf Klassiker („die Lieblinge unserer Gäste“) in den fünf Geschmacksrichtungen (süß, sauer, salzig, bitter, umami) – und das begleitet mit fünf Getränken, bei denen man sich vor Überraschungen nicht sicher ist. Das Ungewöhnliche und das Außergewöhnliche liegen nahe beieinander, wenn man sich drauf einlässt (in der Nomenklatur des Elements: 5 Klassiker 55,00 €, 5 Lieblinge im Glas je 5,00 €). Für ein Sterne-Restaurant ein formidables Angebot.

KSS-MenüLife is a circus. Steht auf der Spezialkarte, die auf jedem Platz liegt. Das Menü steht da drauf, die Reihenfolge kann man erraten. Na klar: süß wird nicht das Dessert – wäre ja auch zu einfach. Aber der Reihe nach. Die Reise zu den Geschmacksknospen begann bitter. Junger Kopfsalat mit Erdnuss Sauce mit Chili, Joghurtschaum, Bitterorange, Pomelo & Finger Limes bestach freilich hauptsächlich durch den knackigen Salt und die Erdnuss-Sauce. Die bitteren Geschmäcker hielten sich dezent am Rande auf, was nicht unangenehm war. Ungewohnt das dazu servierte Getränk: Griechischer Bergtee mit Orangenecken, Lindenblüten , verschiedenen Kräuter und natürlichem Orangenaroma. Allgemeines Staunen unter den notorischen Weintrinkern: das schmeckt ja sogar und passt! Man lernt eben nie aus…

…und wird natürlich nicht mit Tee allein gelassen, denn zur Geschmacksrichtung umami tranken wir einen Pineau des Charentes. Feines Zeuchs, das viel zu wenig bekannt ist und zu Allerlei passt, eben auch zu Beef Tee vom Sächs. Rind, Pilzsalat mit Kräutersalat. Die Suppe eine kräftige Bouillon, die Einlage separat serviert. Der Gast hat die Wahl: Trennkost oder Eintopf? Beides geht, mir gefiel Eintopf besser, also gab’s die Vereinigung von Beilagen und Suppe mit dem wahrscheinlich geplanten Effekt, dass bei jedem Löffel Geräusche wie „uuhhh!“ – „maaaaahhh!“ – „miiii!“ das aus Knigge geschuldeten Gründen unterbundene Schlürfen begleiteten. Und das war noch nicht der beste und bemerkenswerteste der fünf Gänge, denn der sollte erst danach kommen!

Elements Drinks & CoEine Rote-Bete-Zwiebeltarte mit Ziegenfrischkäse-Eiscremé ist der Gang, der für mich in die Geschichte der diesjährigen Kochsternstunden-Zwischengänge eingeht. Warum? Weil da alles so überraschend genial schmeckte! Der Gang füllte die Kategorie süß aus, für Schmecklecker nicht wirklich überraschend: Sowohl Rote Beete als auch (und vor allem) Zwiebeln können ja Gaumenschmeichler sein, auch wenn letztere dann im Nachgang sich noch anderweitig bemerkbar machen können. Sollten sie aber, so köstlich geschmort, nicht mehr tun. Außerdem: Wer mag schon an so profane Dinge wie den Verdauungsapparat denken, wenn im Glas ein 2011 Graacher Himmelreich Riesling von J. J. Prüm funkelt? Wir nicht, soviel steht fest!

Zum Hauptgang lernten wir, dass etwas, das in der Kategorie salzig angeboten wird, keineswegs versalzen sein muss. Klingt banal, aber muss ja mal festgehalten werden. Den salzigen Geschmack lieferte ein 72 Stunden bei 64°C gegartes Stück vom Wagyu-Rind mit BBQ Sauce, Lila Karotten, Selleriepüree und einer Kartoffelbisquitroulade mit Petersilie. Schnickschnack alles, wenn man das Rind auf dem Teller hat – mitsamt der Sauce. Mannomann, was für eine Sauce! Man vergisst gerne auf der Stelle alles, was man sich je aus Flaschen auf den Grillteller gegossen hat und möchte nie wieder etwas anders haben. Und so ganz nebenbei denkt man sich wieder einmal: jaja, die Kleinigkeiten machen die Qualität aus! Steffen Weber, der seit Jahren zu unseren Lieblingsbedienern gehört und auch an diesem Abend das Dreierteam der uns Umtüddelnden charmant und locker leitete, brachte dazu ein Bier. Und Crew Republic, Foundation 11, German Pale Ale schmeckte sogar uns notorischen Weinnasen! Man sollte viel häufiger offener sein zum ungewohnt Fremden!

Wir waren ja auch nicht sauer, als zum Dessert alles auf sauer geeicht war: Rhabarber Schnitte, Rhabarbersalat, Rhabarbersorbet & Eierliköreis. OK, ich frag mal nicht, wo im März Rhabarber herkommt. Vorösterliches Eierliköreis reißt eh alles raus! Und Prisecco Cuvée Nr. 9, Saft von unreifen Äpfeln und Mostbirnen, Traubensaft von Müller-Thurgau, Kerner und Portugieser, Gewürze aus der Schmiede von Jörg Geiger ist zum Abschluss so gut wie zum Anfang. Wir müssen nach Schlad!

Elements DELI & Restaurant
Zeitenströmung Haus 25-26
Königsbrücker Straße 96
01099 Dresden

Tel. 0351 / 27 21 696
www.restaurant-elements.de

Geöffnet: Mo – Sa 11.00 – 23.00 Uhr, sonntags geschlossen
DELI & Lounge durchgehend warme Küche
Restaurant: 11.00 – 14.00 Uhr und 18.00 – 23.00 Uhr

[Besucht am 5. März 2015 im Rahmen der Kochsternstunden | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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