Der stille Koch und der bunte Patron

Ordentliches Preis-Genuss-Verhältnis bei einem Abend im Petit Frank

Petit Frank

Herrlich: es war der 1. April und es gab keinen einzigen Aprilscherz! Tagsüber nicht und am Abend im Gewölbekeller in der Bürgerstraße 14 in Dresden-Pieschen auch nicht. Statt dessen dort: ein Frühlingsmenü trotz sich wieder anbahnenden ungemütlichen Wetters, Wein und Klönschnack. Keine Frage: wir sind im Petit Frank mit der unverhohlenen Absicht, es uns gut gehen zu lassen.

Frank OllhoffSeit Herbst 2003 gibt es das Restaurant in der Bürgerstraße unter der Leitung von Frank Ollhoff, und der Start war nicht leicht. Erstens war der kleine Frank da ja noch knapp 20 Jahre jünger und unerfahrener, zweitens hatten die vorherigen Betreiber in den Jahren zuvor eh schon nachgelassen und dann nach einem Lebensmittelskandal bei einem Catering nicht ganz freiwillig aufgehört – keine guten Voraussetzungen. Aber irgendwann hat der Herr Ollhoff den Namen des Restaurants geändert (er hatte zuerst den vorherigen beibehalten), sich einen Koch zugelegt und seine neue Rolle gefunden: die des perfekten Gastgebers. Seitdem läuft’s, vor allem mit Stammgästen – was ja kein schlechtes Zeichen ist, im Gegenteil. Zurückhaltend ist Ollhoff nicht in seinen schrillen bunten Klamotten und den dazu passenden auffälligen Schuhen (sind die eigentlich bequem?) – aber wer dem Gastgeber auf Instagram folgt, merkt schnell: so ist er auch in der Freizeit. Seine Bilder dort sind immer etwas ins publikumsfreundlich leicht Übertriebene gedreht. Im Restaurant stellt Ollhoff das Essen vor, bespricht ausführlich die Weine und nimmt sich auch sonst gerne Zeit für einen Schwatz. Bleibt er mal zu lange am Tisch, bringt eben der Koch das Essen zum Gast!

Wir sind zwar nicht Stammgäste, aber gerne immer wieder mal da – es könnte ja Veränderungen geben (Spoiler: in den wesentlichen Dingen nicht). Zur Auswahl stehen zwei Menüs – und laut Karte nur die, es gibt also keinerlei á-la-carte-Bestellmöglichkeit. Was aber geht ist, bei jedem Gang die Auswahl aus zwei (beim Dessert: drei) Angeboten zu treffen. Der Preis für das Menü beträgt 115 Euro inklusive Aperitif, Wasser, Getränkebegleitung (Wein, Bier, alkoholfrei) zum Menü und Espresso zum Abschluss. Das klingt auf den ersten Blick teurer als es dann im Preis-Genuss-Verhältnis ist, zumal Frank Ollhoff sich bei den Weinen – vornehmlich aus Frankreich, manchmal auch aus Sachsen – nicht lumpen lässt.

André FröbelDer weiter oben bereits erwähnte Koch ist André Fröbel. Er steht allein in der offenen Küche und werkelt ruhig, aber keineswegs langsam vor sich hin. Das Essen kommt in angenehmen Abständen – nicht zu lange Wartezeiten, aber auch nicht gehetzt. Der Koch hat offensichtlich zwei Vorlieben, gehässig könnte man sagen: er ist ein Schaumschläger und Türmchenbauer. Aber es ist ja gar nicht gehässig gemeint, sondern nur ein dezenter Hinweis darauf, dass ein Schäumchen bei jeder nur möglichen Gelegenheit nicht sein muss, zum Geschmack nicht viel beiträgt und den optischen Gesamteindruck in der Summe eher runterzieht. Türmchen bauen geht als Kritik in die gleiche Richtung. Natürlich kann man hoch stapeln, aber weniger verschachteltes Essen gefällt mir besser.

Das MenüAaaaber: geschmeckt hat das ja alles trotzdem! Beim Rinderfilet-Tatar hatte das gebackene Eigelb eine fantastische Konsistenz, das Gemüse als Pommes zu tarnen war auch eine gute Idee. Das Bärlauchschaumsüppchen (ohne zusätzlichen Schaum, immerhin!) war das erste in diesem Jahr. Die Messlatte für alle folgenden Male liegt nun hoch (und das nicht nur, weil Frank Ollhoff uns erzählte, dass er den Bärlauch im Spaargebirge selbst gesammelt hat. Brutal lokal!). Bärlauch kam noch einmal im Menü vor, beim Hauptgang – aber glücklicherweise so dezent, dass es das Cassoulet nicht vom Ursprungsgeschmacksbild abbrachte. Das Lamm: rosa, wie es sein sollte. Zart, wie bei Sous-Vide zu erwarten (und nicht lebrig, wie es manchmal leider passiert). Und vor dem Servieren offensichtlich nochmal für Röstaromen und Optik scharf angebraten. Die abschließend servierte Créme brûlée bleibt wegen des Einsatzes von Zitronengras in der Grundmasse in guter Erinnerung: ein Hauch von Frische, der willkommen war!

Die WeineDie Weine zum Essen bringt der Patron – gefragt wird nicht groß, es wird getrunken, was an den Tisch kommt. Wobei: am Nachbartisch mochten sie den Begrüßungsdrink mit Crémant und Gurkenessenz nicht und bekamen dann selbstverständlich eine Alternative. Und mich begleitete ein Wein mehr als geplant – weil er zwar nicht vorgesehen war, aber bei mir hohes Probierinteresse auslöste! Dazu später mehr. Ein 2019 Chateau Vignol Bordeaux Clairet zum Tatar hinterließ nur ein Rätsel: ist das nun ein heller Rotwein oder ein dunkelfarbiger Rosé aus Merlot & Cabernet Sauvignon mit kurzer Maischegärung? Der 2016 Château La Reine Perganson Haut-Médoc (mit korrektem Hinweis auf dem Etikett: servieren bei 17-18 °C) zum Hauptgang war keineswegs ein großer Bordeaux, aber zum Lamm gingen die Tannine und Säure des Weins in Ordnung. Und, nebenbei: günstiger Einkauf sichert ja auch freundliches Nachschenken. 😉

Mein Essens-Gegenüber erhielt zum Thunfisch im Hauptgang einen 2007 Spätburgunder im Barrique gereift, Edition Meissen, Prinz zur Lippe, Sachsen. Diesen Lagerfund beim Petit Frank (Aufräumen während des Lockdowns…) wollte – nein: musste! – ich auch probieren und fand: für sein Alter gar nicht mal so schlecht. Ein bisschen flacher als ich das früher mal getrunkene Original in Erinnerung habe, aber eben auch keine müden Alterungsnoten (zum Vergleich Notizen aus dem Jahr 2013 zum 2005er). Dass der Wein in der Edition Meissen erschien, deutet auf Traubenmaterial hin, dass nicht zu Schloss Proschwitz gehört – ich tippe mal auf Material vom Fehrmann, der ja aus den Steillagen seines Bauernbergs im linkselbiscen Merbitz seinerzeit regelmäßig den Prinzen belieferte.

Der Dessert-Wein war ein 2021 Banyuls Eléore, zu dem sich ein paar Notizen mehr anbieten. Wer kennt schon Banyuls? Die Domäne in Collioure stammt aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Seine terrassierten Reben klammern sich an die letzten Ausläufer der Pyrenäen und überblicken das Mittelmeer. Banyuls wird durch Zugabe von Alkohol während der Gärung gewonnen. Das stoppt die Aktivität der Hefen, weswegen man süßen und nicht alkoholarmen Wein im Glas hat (konkret: 111 g/l Restzucker und 16% Alc.). Im kraftvoll-farbenfrohen Rosé sind 100% schwarze, weiße und graue Grenache-Trauben verarbeitet. Schmeckt!

Das Menü

  • Mit dem Messer geschnittenes Tatar vom Rinderfilet mit knuspriges GemüsePommes und gebackenem Bio-Eigelb
    oder
    Provenzialisches Gemüsepäckchen auf einem Beet von der Roten Beete und Schmand mit einem kleinen Salat
  • Schaumsüppchen vom ersten Bärlauch des neuen Jahres
    oder
    Süppchen von Karotte und Curry
  • Sous-Vide gegartes Carré vom irischen Lamm auf einem bunten Cassoulet von Bohnenkernen mit Schnittlauch und Bärlauchbällchen
    oder
    Gegrilltes Steak vom Yellow-Fin-Thunfisch in der Limetten/Olivenöl/Marinade auf knackigem Frühlingsgemüse mit sautierten Drillingen
  • Frische Erdbeeren mit einer Mousse vom Mocca und Mascarpone
    oder
    französischer Rohmilchkäse
    oder
    Créme brûlée

Das Menü wechselt alle vier bis sechs Wochen, dieses ist laut Webseite seit dem 16. März zu haben und wird am 27. April vom nächsten abgelöst.

Petit Frank
Bürgerstraße 14
01127 Dresden

Tel. +49 3 51 / 8 21 19 00
http://www.petit-frank.de

Aktuelle Öffnungszeiten: Mi-Sa ab 17 Uhr

[Besucht am 1. April 2022 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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