„Durch unsere Adern fließt Riesling“

Roman Niewodniczanski vom Weingut Van Volxem im Gasthaus zur Post

Menü zu Weinen von Van Volxem

Aus dem Archiv nie geschriebener Beiträge® hier einer, der in Fragmenten schon seit fast einem Jahr in der Wiedervorlage herumdümpelte. Ihn zu Ende zu schreiben und endlich zu veröffentlichen hat einen Grund: Roman Niewodniczanski vom Weingut Van Volxem ist vom Genießer-Magazin Falstaff zum Winzer des Jahres gekürt worden. Und womit? Na klar: Mit Recht!

„Ich will Ihnen heute gar keine Märchen von Pfirsich und Maracuja erzählen!“ sagt Roman Niewodniczanski. Er steht, gefühlte Zweimeterzweiundzwanzig groß (in Wirklichkeit ist er nur unwesentlich kleiner, nämlich 2,03 Meter) im Biedermeier-Salon des Gasthaus zur Post im westfälischen Ladbergen und fesselt bei einem Weinabend rund um seine Weine sein Publikum gleich doppelt: Einmal mit den Saarweinen Großer Lagen, die er mitgebracht hat von seinem Weingut Van Volxem, dann aber auch durch seine Persönlichkeit: Der Mann kann reden, er strahlt unendliche Energie aus – aber ohne dieses unangenehme Getue, das Möchtegernmotivatoren auszeichnet.

Und so steht er denn locker-lässig am Tisch und erzählt. Davon, dass er als Seiteneinsteiger (gelernter Beruf: Berater) und eher vom Pils-Umfeld geprägter Mensch (sein Vater war Geschäftsführer der Bitburger-Getränkegruppe) sich das eigentlich ganz anders vorgestellt habe: „Ein Castello di Irgendwas – das ist doch Lebensqualität!“ Aber dann wurde es das „renommierte, aber heruntergekommene Weingut „Van Volxem“, das alles vereinte, was sich der Jungwinzer erträumte: Dramatisch steile Hänge, skelettreiche Schieferböden und eine Weinbaugemeinde mit hoher Anzahl unterschiedlicher Terroirs“ (aus dem Portrait auf wein.de).

Sein Ziel sei, Weine zu machen wie anno 1900 – denn die waren richtig gut, damals an der Saar. Und das heißt nicht nur, dass damals sehr gute Preise erzielt wurden für Saar-Weine, sondern auch: Keine Zusatzstoffe, oder mit den Worten von Roman Niewodniczanski: „Wein kann auch aus Trauben bestehen!“ Kein Zufall also, dass der Begrüßungssekt im Gartenzimmer des Hauses ein 2007 Brut 1900 war!

Roman NiewodniczanskiDas Menü begann mit einer Überraschung – typisch Niewodniczanski (ja, ich schreibe jetzt den Namen so lange, bis ihn jede/r gelernt hat!): „Durch unsere Adern fließt Riesling!“ sagte er – und hatte einen 2009 Weißburgunder eingeschleust. Vorgesehen war der nicht, aber „als ich das Menü las, dachte ich: der aromatische und leichte Weißburgunder muss es sein!“ Und siehe da: Zur Terrine vom Nordsee-Steinbutt mit getrüffelten Artischocken und Kresse-Salat war er wirklich allererste Wahl, und der 2008 Saar Riesling danach gab einen bezaubernden Nachhall. Habe ich nicht schon einmal geschrieben, dass man immer zwei Weine pro Gang haben müsste?

Zum nächsten Gang Ris de veau mit gegrilltem Hummer und gefüllter Ofenkartoffel gab es zwei Rieslinge aus dem gleichem Jahrgang: 2009 Saar Riesling im einen und 2009 Alte Reben Riesling im anderen Glas. Der Saar Riesling war 2010 von der Weinwirtschaft zum „Weißwein des Jahres“ gekürt worden – das sollte man wissen, wenn ich etwas verschämt zugeben muss, dass die Alten Reben des gleichen Jahrs uns um Längen besser zum Kalbskopf gefielen. Mit 11,5 % Alkohol folgt er der Devise bei Van Volxem, keinen Wein mit mehr als 12 % Alc. auszubauen. Das erfordert Arbeit im Keller – aber sie lohnt sich. Die bis zu 120 Jahre alten Reben wurzeln tief und bringen körperreiche Weine hervor.

Vor dem Hauptgang (Blanquette vom heimischen Kaninchen im offenen Raviolo mit glasierter Bete, dazu wieder zwei Weine: 2009 Scharzhofberger Riesling und 2003 Altenberg Alte Reben Riesling) noch einige Informationen zum Weingut: Im Jahr 2000 hat Roman Niewodniczanski Van Volxem übernommen – sagen wir mal vorsichtig: Nicht in allerbestem Zustand. Aber die Lagen rundum gehören zu den besten der Gegend (ein Nachbar ist Egon Müller…). Und mit „preußischen Tugenden“ (Roman Niewodniczanski über sich) wurde mit Spaß und Arbeit (und wohl auch Spaß an der Arbeit sowie viel Geld) konsequent Qualität angestrebt. Mit Handarbeit, anders geht das nicht, wird Mist aufgebracht, werden die Reben von Hand geschnitten. Ein gigantischer Aufwand bei 43 ha Weinbergen. Niewodniczanski, der Hüne im Weinberg, steht grinsend mit dem Glas in der Hand am Tisch des Biedermeyer-Salons im Gasthaus zur Post und sagt: „Weine lieben die Sonne. Aber noch mehr lieben sie den Schatten ihres Herrn!“

Doch doch, wir hingen nicht nur am Mund des Erzählers, wir haben auch gegessen und getrunken: Das Kaninchen haben wir als eine würdige, weil nicht trockene Begleitung zu den beiden trockenen Rieslingen genossen. Der eine vom kühlsten Weinberg Deutschlands, der andere aus einem heißen Jahr vom wärmsten Weinberg des Weinguts, vom bis zu 70% steilen Hang des Kanzemer Altenbergs. „Das ist kein Berg, das ist eine Wand!“ meinte Roman Niewodniczanski.

Zu Geschmolzenen Vacherin Mont d ́Or, Polentaplätzchen und Tréviso Salat gab es – Überraschung! – was Süßes. „Nicht unser Stil“ meinte Niewodniczanski, aber wenn’s passt, dann passt’s eben. Und besser als ein Roter sei der 2008 Rotschiefer Riesling allemal! Müder Scherz am fortgeschrittenen Abend: Aber es sei doch ein ROTschiefer…

Den Abschluss bildeten Chiboust von der Passionsfrucht mit karmellisierter Banane und marmoriertem Mango-Kokosnuss-Sorbet zu einem 2005 Scharzhofberger Riesling Auslese.

Weingut Van Volxem
Roman Niewodniczanski
Zum Schlossberg 347
54459 Wiltingen / Saar

Tel. +49 6501-80229-0
www.vanvolxem.de

Gasthaus zur Post
Dorfstr. 11
49549 Ladbergen

Tel.: +49 5485 93 93 0
http://www.gastwirt.de

[Besucht am 5. März 2011]

Disclaimer:
Das Gasthaus zur Post ist Kunde von mir – dieser Text aber außerhalb der Aufträge entstanden.

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