„Diese Tafel hat Tradition!“, freute sich Clemens Lutz, als er am letzten Abend der Kochsternstunden die Gästerunde im Atelier Sanssouci begrüßte. Dort gab es die 5-Gang-Version des Kochsternstundenmenüs, ohne die Armen Ritter, aber ansonsten – auch das traditionell – geschmack- und stilvoll.
Marcel Kube, der im vergangenen Jahr mit seinem Team erstmals einen Michelin-Stern für das Atelier erkocht hat und ihn in diesem Jahr erfolgreich verteidigen konnte, setzt auf schnörkellose Küche. Wenn er beim Servieren der einzelnen Gänge mit aus der Küche kommt und die Gänge ansagt, geht das flott und präzise – und dann klingt immer alles so einfach, wie es ja gar nicht ist. Rauchpaprikaragout, Büffelmozzarella und Paprikacrunch – das war’s, bon appétit! Das war die Beschreibung zum Gruß aus der Küche, der – nicht verwunderlich – nach Rauch, Paprika und Mozzarella schmeckte und Crunch mit Schlonz vermählte.
Wenn Marcel Kube die Gerichte kurz und knapp ansagt, passt das zum Essen. Wenn John Piotrowsky, der langjährige Maître und Sommelier des Hauses, die zum jeweiligen Gang ausgesuchten Weine annonciert, geht das nicht so schnell. Und das ist auch gut so! Der Mann hat viel Wissen und bringt das auf unterhaltsamste Weise rüber – so lange schon was im Glas ist, kann man da lange zuhören! Und dazu lernen kann man auch: dass die jetzige „Villa Sorgenfrei“ einmal einem Dresdner Bankiers gehörte, der sich 12 ha Rebfläche leistete, war nicht nur mir neu. Dass noch knapp 1 ha im Ertrag stehen und sich Sachsens bester Winzer Martin Schwarz darum kümmert, wussten wir schon. Trotzdem wird man sich ja wohl noch mal freuen dürfen, den Hauswein Weiß- & Grauburgunder von der Lage Sonnenhain aus dem Jahr 2017 im Glas zu haben. Im Jahrgang 2017 sind die beiden Rebsorten zu gleichen Teilen im Wein. Der Grauburgunder lag ein knappes Vierteljahr im großen Holzfass, der Weißburgunder mit viel frischer Frucht gibt den idealen Partner dazu. Ein super-würziger Wein mit schön eingebundener Säure – und ein idealer Begleiter zum Lamm-Tatar, das wir (anders als die Menütester zuvor) mit dem erstmals am Markt erhältlichen Bärlauch. Eine Änderung ganz nach meinem Geschmack (zumindest am Anfang der Bärlauchsaison – später kann man das Wort ja nicht mehr hören). Aber so war’s: ein Maul voll Geschmack!
Dieses Gefühl ließ sich übrigens gut rüberretten zum nächsten Wein, der von der ganz anderen Seite Deutschlands kommt (wenn ich das mal so flapsig schreiben darf). Dort macht Roman Niewodniczanski – der Mann mit dem schwer auszusprechenden Namen, der von sich mal sagte, dass durch seine Adern Riesling fließe – in seinem Weingut van Volxem in Wiltingen außergewöhnliche Weine. Unser 2015er Riesling von alten Reben war – mit den Worten von John Piotrowsky – ein erwachsener Riesling, der sich seine Jungfräulichkeit bewahrt hat. Er verlor sie auch nicht bei der Jakobsmuschel, die sich auf dem Teller noch neben der Hähnchen-Mousseline schüchtern unter Kräutern und Bonito-Flocken verbarg, dann aber beim gemeinsamen Verspeisen eine wohlige Vermählung eingingen. Darauf ein Dashi (gab’s separat im Schnapsglas)!
Zum Fisch gab’s ’nen Weißwein. So weit, so klar. Aus Spanien – aha?! Einen Verdejo. Aus dem Holzfass, mit buttriger Nase. Was Fettes, Barockes – zum Fisch? Ja, meint unser Weinerklärer, denn überm Heilbutt sei Lardo ausgelassen, jener schmackhaft-schön-schmelzender Speck. Dieser Speckfilm plus das Haselnussöl auf dem Heilbutt bräuchten schon einen kräftigen Gegenspieler. Und den bot El Transistor des Winzers Telmo Rodriguez. Lustiger Name für einen Wein, aber durchaus erklärbar: Transistoren sollen gut gegen Wildschweine im Weinberg sein – die Säue mögen den Krach nicht und hauen ab, statt Trauben zu fressen. Wir Genusstrinker dankten mit freudigen Schlucken.
Das Prinzip der Küche hatten wir ja spätestens jetzt verstanden: gute Zutaten, wenig Tamtam. Starke Geschmäcker, solide Grundversorgung aller Geschmacksknospen. Dazu charaktervolle Spülmittel (übrigens: das ist eine Premiere: noch nie habe ich so gute Weine Spülmittel genannt. Ist also sehr liebevoll gemeint!) wie auch den 2013er Cabernet Sauvignon Othello aus dem Napa Valley, der dem Entrecôte vom Kalb für kalifornische Verhältnisse schon fast samtig-charmant entgegentrat. Dass eine Sauce aus rotem Curry und die Geschmackskomponenten Safran und Pistazie einem Stück vom Kalb derart schmeicheln würden, hätte ich nicht gedacht – aber man wird ja wohl nochmal dazu lernen dürfen!
Wie auch beim Dessert: Sanddorn? Mag ich nicht. Aber in der „wilden Kombination“ (Marcel Kube) mit Orange und Karotte sowie (aus meiner Sicht noch so eine keine Lieblingszutat) Banane und Mango und in den Texturen Sorbet, Ragout und Baiser geht dann doch, was nicht sein könnte. Vor allem, wenn es als Seelentröster eine 2017 restsüße Auslese von Welschriesling und Chardonnay dazu gibt. Gar nicht klebrig und pappig, sondern mit Finesse! Ein Kracher, wie immer.
Das Menü
- TATAR VOM LAMM
Kräuter Emulsion | Gurke | gebeiztes Eigelb - JAKOBSMUSCHEL
Hähnchen-Mousseline | Bonito | Sabayon - ARMER RITTER
Egerlinge | Wagyu Beef | Meerrettich - HEILBUTT
Topinambur | Lardo | Haselnuss - ENTRECÔTE VOM KALB
Rotes Curry | Pistazie | Safran - SANDDORN-EIS
Orangen-Curd | Karotte | Baiser
Die Weinbegleitung
- 2017er Weiß- & Grauburgunder Sonnenhain Martin Schwarz – Historisches Weingut Sorgenfrei
- 2015er Riesling Alte Reben Van Volxem – Wiltingen, Saar
- 2018er Le Liby Château les Amoureuses – Rhône
- 2017er El Transistor Telmo Rodriguez – Rueda, Spanien
- 2013er Cabernet Sauvignon Othello Christian Moueix – Napa Valley, Kalifornien
- 2016er Chardonnay & Welschriesling Alois Kracher – Burgenland
Die Preise
- 6-Gänge-Menü 95,00 € (zzgl. Weinbegleitung 49,00 €)
- 5-Gänge-Menü 89,00 € (zzgl. Weinbegleitung 42,00 €)
- 4-Gänge-Menü 79,00 € (zzgl. Weinbegleitung 38,00 €)
- 3-Gänge-Menü 69,00 € (zzgl. Weinbegleitung 30,00 €)
Atelier Sanssouci
Augustusweg 48
01445 Radebeul
Tel. +49 351 7956660
www.hotel-villa-sorgenfrei.de
Geöffnet:
Do – Mo 18.30 – 22.00 Uhr
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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