Das Ende der Welt ist Zadel natürlich nicht, auch wenn es, aus Dresdner Sicht, ganz schön weit dorthin ist und der Ort bedeutungsschwanger noch mit Z beginnt – sehr viel tiefer kann man zumindest im Alphabet nicht sinken. Aber wir reisen ja gerne nach Zadel, weil hier erstens so etwas wie der Ursprung des sächsischen Weinbaus und zweitens mit dem Weingut von Schloss Proschwitz auch ein Hotspot guten Weines ist. Dort sind die Keller, in denen der Wein reift – aber dort gibt es auch eine Vinothek zum Probieren und das Lippe’sches Gutshaus Restaurant. In dem waren wir, um im Rahmen der Kochsternstunden das angebotene Menü – und natürlich auch die dazu passenden Weine – zu probieren.
Es gab (mal wieder) Wechsel in der Belegschaft: Koch und Kellnerin vom Vorjahr sind nicht mehr dabei – aber wir wurden als Gäste genau so umtuddelt und bekamen, so viel vorweg, auch wieder Sachen zum Lippen ablecken. Das Menü besteht aus drei bis fünf Gängen (39,50 € bis 54,50 €), die dazu angebotene Weinbegleitung kostet 17 € bis 21 €. Wir nahmen (wundert sich hier jemand?) das volle Programm und ergänzten es mit einem Aperitif, in dem sich Sekt und hausgemachter Heulikör ganz lustig miteinander verbanden. Auch dazu gab es schon mal so eine Art Speisebegleitung, und zwar teuflisch leckeres Brot plus Olivenöl und Aufstrichen. Ein feiner Auftakt.
Der Auftakt war ein dreidimensionales Gemälde. Segel sind bei der Tellergestaltung ja gerade en vogue, das von Roter Bete bei Ziegenkäse-Lauch-Cannelloni mit Apfel-Chutney von heimischen Apfelsorten war rund, hauchdünn, knusprig und ein kleiner Höhepunkt bei diesem bestens abgestimmten vegetarischen Gang. Dazu tranken wir einen 2014 Riesling, VDP Gutswein, also einen der Einstiegsweine des Hauses. An dem war aber auch rein gar nichts, was den Trinkfluss hätte hemmen können: wunderbares Süße-Säure-Verhältnis, feine Mineralität. Wir hatten kaum ausgetrunken, als zügig ein 2013 Pinot Blanc de Noir Kabinett, VDP. Gutswein serviert wurde. Der Wein kam übrigens immer in 0,1-Liter-Karaffen, die dazu passende Flasche wurde uns später zum Fotografieren an den Tisch gebracht. Der Blanc de Noir brachte einen Hauch rosa Farbe mit sich und erwies sich als perfekter Begleiter zur Cremesuppe von der Schwarzwurzel mit hausgemachtem Krebsravioli. Die war wunderbar kräftig und Dank eines auch offen in der Suppe schwimmenden Krebses und etwas Grün optisch nicht so langweilig schwarzwurzelbeige. Ein weiterer Krebs verbarg sich übrigens im Raviolo.
Als Zwischengang gab es Gebratene Lammpraline mit rotem Zwiebelconfi (so geschrieben auf der Karte, ohne dem erwarteten t am Ende) mit einem 2013 Grauburgunder Spätlese im Holzfass gereift,VDP. Gutswein. Schöner Schmelz, das Holz gut eingebunden – das passte gut zum Lamm, dass weich gegart, gezupft und dann zum Pralinencubus (mit knuspriger Kruste) zusammengesetzt wurde. Alles gut, aber: das Confit war das i-Tüpfelchen. Der Hauptgang: Schwein. Und Saubohnen. Obendrein geräucherter Kartoffelstampf. Ist das noch feine Küche? Ja, ist es. Zweierlei vom Havelländer Apfelschwein an geräuchertem Kartoffelstampf und deftigen Saubohnen hat nur die Zutaten für Derbes, aber man kann es auch feinsinnig auf den Tisch bringen. Aber so, mit rosa gebratenem Schweinefilet und butterzartem Schweinebäckchen auf den confierten Saubohnen und dem durch den Rauch würzigen Kartoffelstampf, war es ein Genuss, der vortrefflich begleitet wurde vom 2012 Spätburgunder Barrique Q.b.A, VDP. Gutswein.
Das Dessert endete, zumindest auf der Weinseite, spitzenmäßig sächsisch: eine 2011 Traminer Auslese, VDP. Große Lage zeigte, dass Könner Traminer mit Raffinesse ausbauen können. In der Nase jede Menge Fruchtaromen, am Gaumen hinterlässt diese liebliche Auslese aber genug Saftigkeit und Rasse, um das Dessert Tonka-Bohnen-Mousse im Baumkuchenmantel an Grand-Marnier-Gelee und Blutorangensorbet angenehmst zu stützen.
PS: Wir waren am Samstag Nachmittag dort, begannen um halb drei (das geht! kurz vorm Ende der Welt!) und genossen einen flotten und kundigen Service bis kurz vor sechs. Und das war auch gut so, denn um sechs schließt die Vinothek – und die mussten wir doch zwecks käuflichen Erwerbs von Mitbringseln für den heimischen Keller dringend aufsuchen 😉 .
Lippe’sches Gutshaus – Restaurant
Dorfanger 19
01665 Zadel über Meißen
Tel. 03521 / 767673
www.schloss-proschwitz.de
Geöffnet:
Do, Fr ab 18.00 Uhr
Sa ab 12:00 Uhr, So 12.00 Uhr – 16:00 Uhr
Um Reservierung wird gebeten.
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
Be the first to comment