Morgens um drei ist die Welt echt noch nicht in Ordnung. Zu früh. Aber wenn das Ziel ist, mittags in der Wax Restobar am Strand von Faro Austern zu schlürfen und aufs Meer zu schauen, nimmt man das ja billigend in Kauf. Also: doppelten Espresso trinken, wach werden und dann geht’s los.
Oder auch nicht. Denn während des Schlafes kam eine E-Mail: Flug Dresden-Frankfurt annulliert, wir haben Sie umgebucht: Sie fliegen um elf nach Frankfurt. Und von dort nach Düsseldorf. Und von dort nach Faro. Ankunft zum Sonnenuntergang.
Da habecken wir schon den ganzen Herbst und Winter, versuchen Energie zu sparen, nutzen vermehrt den ÖPNV oder laufen/radeln – und machen nun zwangsverordnetes Städtehopping. Warum man uns nicht auf den Flieger Dresden-Düsseldorf umgebucht hat, weiß nur der Lufthansa-Computer – aber warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? So oder so: die verspätete Ankunft wird sich positiv auf die Urlaubskasse auswirken (und wenn sie das immer so machen, wird das nichts mit schwarzen Zahlen).
Der Zubringer Frankfurt-Düsseldorf hat Verspätung, aber auch der Flieger nach Faro ist nicht pünktlich. Also erreichen wir ihn. Aber nur wir: die Koffer kommen nicht an in Faro. Aber wie André Heller (bei ihm auf die österreichische Post und Briefe gemünzt) bereits anmerkte: wer sein Gepäck aufgibt, nimmt ja quasi resignierend schon verbal Abschied…
Also statt mittags Austern am Strand: abends Schlüppi und Zahnbürste kaufen, und was man sonst noch so dringend braucht – als Optimist: für einen Tag. Denn „die meisten verlorenen Gepäckstücke werden binnen 24 Stunden gefunden und zugestellt“, heißt es auf einer Webseite zur Verlorenesgepäcknachverfolgung. Auf der Detailseite des Lost and not Found allerdings suchen sie und suchen und suchen und finden nix. Warum, fragen wir uns, gibt es diese baggage tags? Sollten die nicht immer gescannt werden, wenn sich das Gepäck bewegt? Oder sind die nur Show?
Im Laufe des ersten Tages gab es auf der Verlorenesgepäcknachverfolgungswebseite eine erfreuliche Aktivität, ich zitiere: „Good news, ULRICH, we’ve located one or more of your baggage. Once they have arrived with our agents, we will update below with specific details.“ Below änderte sich allerdings nüschte, denn unten rum tat sich rein gar nichts: der Status lautete nach wie vor Searching for your baggage. Der Status Urlaubslaune änderte sich dafür nochmals. Versuch mal, ordentliche Wandersocken zu finden in Olhāo („Socken und Unterwäsche findet man am besten bei den Chinesen“, hatte die Vermieterin erzählt. Nun ja…).
Es wird Mittwoch, aber es tut sich laut Webseiten-Status: nichts. Richtig, wir vergaßen: nur „die meisten verlorenen Gepäckstücke werden binnen 24 Stunden gefunden und zugestellt“! Wir beschließen, weitere notwendige Dinge in Faro zu kaufen – die Wanderschuhe sind nicht wirklich geeignet, 24/7 an den Füßen zu hängen, und auch andere Teile brauchen mal Luft oder gar eine Wäsche 😉 Wir decken uns günstig ein, denn gut ist’s eh schwer, außerdem soll man sich ja kooperativ verhalten und seine Airline nicht über die Maßen schädigen. Es muss ja noch Geld für die Boni des Vorstands übrig bleiben!
Nach dem Einkauf fahren wir gen São Bras de Alportel, um (noch haben wir ja die Wanderschuhe an!) eine Rundwanderung zu machen: Irgendwas mit Brunnen gucken (in Wirklichkeit war es dann mehr was mit Hundegekläffe, aber das ist eine andere Geschichte). Unterwegs ereilt uns ein Anruf: ein Koffer sei da und werde ab 18 Uhr zugestellt. Es sei der graue.
So gegen 20 Uhr wird der Koffer dann tatsächlich gebracht – allerdings in die Gaststätte gleich nebenan. „Die angegebene Straße ist nicht bei Google Maps“, sagte der Fahrer des weißen Vans mir am Telefon, was er denn da machen könne? Aha. Was nicht bei Google Maps ist, existiert also nicht. Wobei es die Gasse natürlich auch bei Google gibt. Wenn die Person, die die Verlustmeldung aufgenommen hatte, die Adresse richtig abgeschrieben hätte, wäre es vielleicht auch einfacher gewesen, sie zu finden. Aber so hatten wir in der Gaststätte (gibt’s bei Google!) noch lustige Gespräche mit dem Nachbartisch (You just arrived? – No, We arrived Monday, this is only part of our luggage! – Oh, good luck! – Yes, but the other is still missing… – Oh, bad luck!).
Später am Abend, so gegen 22 Uhr, dann ein Anruf aus Lissabon: der rote Koffer sei gefunden. Er werde „morgen zugestellt an die Busstation Olhāo„. Ahaaa…
Eine E-Mail aus Lissabon verkündet am Donnerstag-Morgen, „your luggage was sent to Faro bus terminal. It will arrive there today at 13.00“. Da kommt doch Freude auf, auch wenn Faro nicht Olhāo ist. Wir trauen der E-Mail aber mehr als dem Anruf. Um 13 Uhr und ein bisschen tut sich am Schalter für verlorenes Gepäck allerdings: nichts. Die legen eine Mittagspause ein von eins bis drei. Und auch später beim neuerlichen Besuch gibt es keinen Koffer im Busterminal. Achselzuckendes Personal, man wisse von nichts.
Bislang war ich ja die Urlaubsruhe in Person, nun aber schicke ich abends Beschwerdemails an Lost&Found FAO und LIS. Die nach Faro wird von dort nach LIS weitergeleitet mit der Frage, was denn nun sei. Darauf erfolgt am Freitag: nichts, nada.
Also sende ich am Samstag (Tag 5 ohne Koffer!) morgens eine weitere Beschwerde-E-Mail an FAO und LIS: Ob keine Antwort auch eine sei? Die herzergreifende Antwort aus FAO kommt keine Stunde später: ich solle zum BusTerminal, das Gepäck abholen. Ich war da: das Lost & Found im Busterminal hat aber Samstag und Sonntag geschlossen (und wochentags auch nur bis 18 Uhr geöffnet).
Am Montag, zwischen Aufmachen und Mittagspause, besuchen wir den famosen BusTerminal – und bekommen den Koffer. Er ist fast schon fertig gepackt für die Abreise: Prima!
Liebe Lufthansa, ich habe da Fragen:
- Warum empfiehlt man mir mehrfach, an einen Ort zu gehen, der geschlossen ist?
- Warum schickt eine Fluggesellschaft verlorenes Gepäck zu einer BUS-Station, deren Lost&Found freitags um 18:00 Uhr schließt und erst montags um 8:00 Uhr wieder öffnet?
- Wieso wird von zwei Gepäckstücken eins per Flugzeug und eins per Bus transportiert? Lissabon-Faro wird schließlich täglich geflogen Oder hat der Koffer vielleicht zwischendurch noch andere Orte in Portugal besuchen wollen? !
- Wieso können (oder wollen???) Sie nicht richtig kommunizieren: „ein Gepäckstück ist gefunden, vielleicht auch zwei – aber ich sage Dir nicht welches!“ Später war übrigens mein Koffer in der Anwendung als ebenfalls zugestellt notiert, da hatte ich ihn aber noch laaaange nicht.
- Keine Frage, aber auch gut zu wissen: Anrufen kann man die Lufthansa nicht („wir bedauern, dass es uns nicht möglich ist, Ihnen telefonischen Service anzubieten“), und auf eine Email bekommt man keine Antwort.
Liebe Lesenden: Es war dennoch schön da!
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