Die Karte ganz unten zeigt zwei Spaziergänge in der Ria Formosa. Das könnte Teile der Leserschaft verwirren, denn es gibt zwei Start- und zwei Endpunkte. Einmal (2020 war das) ging es los am Parkplatz der Golfer, gleich am einen Ende der Holzbrücke Ponte da Quinta do Lago. Der Abendspaziergang (mit Sonnenuntergang an eben jener Brücke) führte am Golfplatz São Lourenço vorbei, auf teils sehr unbefestigten Wegen am Wasser der Ria Formosa. Die andere Tour (gelaufen 2023) startete und endete an der Praia de Faro – und teilt einen langen Teil entlang des Caminho de Ludo mit unserem ersten Spaziergang. Das ist unterm Strich eh der langweiligste Teil, weswegen man ihn auch aussparen und den Schwenker über die Saline mit einschieben könnte. Das macht die Runde zwar länger, aber auch abwechslungsreicher…
An der Praia de Faro ist die Restaurantdichte nicht gering. Wir wussten noch nicht, wie der Tag weitergeht, weswegen wir – mit interessierten Blicken nach links (fotofreundliche Wolken und Sonne!), aufs Wasser (Wolken und Sonne) und rechts (sehr sehr dunkle Wolken…) erst mal entschieden, abzuwarten. Es gibt da so eine Bretterbude mit Bedienung nach vorne zur Insel und einem Fenster zur Meerseite, aus dem heraus man sich Getränke reichen lassen kann. Weißwein, zum Beispiel… (Die Empfehlung lautet natürlich, sich diesen Teil für das Ende der Wanderung aufzusparen, das macht die Füße nicht unnötig schwer.)
Nachdem wir die verschiedenen Wetter-Apps so lange ausgewertet hatten, bis wir eine mit halbwegs optimistischer Prognose gefunden hatten, ging’s dann los – zuerst über die schmale einspurige Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet. Die Ria Formosa lag da fast brach, Niedrigwasser macht sie durchaus vergleichbar mit dem Wattenmeer. Weil’s zwischen Insel (die streng genommen nur eine schmale lange Landzunge ist) und Festland nicht weit ist, hat man aber immer was Sehenswertes vor Augen: trocken gefallene Fischerboote, Tümpel mit Vögeln, die bei Niedrigwasser prima Nahrung finden. Diskussionsstoff bringt das auch: bevorzugen die Störche hier eigentlich Muscheln und Schalentiere oder gibt es auch Frösche oder so?
Am Ende der Brücke und des Zubringers verlassen wir die Straße und betreten das Salinengebiet Ludo – Privatgelände, sagt das Schild, ein geschlossenes Tor gibt es auch – aber einen Durchgang: der Ludo Trail ist ein beliebter Weg zum Wandern, Joggen, Radfahren – allein ist man da selten. Der schnurgerade Weg führt durch die abwechslungsreiche Lagunenlandschaft, eine Garantie für bestimmte Vögel gibt es nicht, aber sie mögen die Landschaft. Also immer hübsch aufpassen!
Für den direkten Rundgang (insgesamt waren es bei uns knapp unter 9 km) geht es immer geradeaus, für die erweiterte Runde (ca 11 km) muss man bei erster Gelegenheit rechts abbiegen. Der Weg ist ebenfalls gerade, was ja irgendwie langweilig ist. Aber: Flamingos bieten sich an, fotografiert zu werden, was ja immer sehr spannend ist. Unzählige seien es, lese ich im Wanderführer und muss mich wundern, dass die Kollegin so schnell das Zählen aufgibt. Viele ja, aber unzählig – nein. Sterne gibt’s mehr und ich weiß nicht, wie viele da stehen am Himmelszelt! Den Vögeln scheint’s übrigens egal zu sein, dass ihr Revier mitten in der Einflugschneise des Flughafen Faro liegt. Je nach Wind starten oder landen hier die Maschinen, und das kann die Menschen durchaus ablenken oder stören. Aber Faro ist nicht Mallorca, die Zahl der Starts und Landungen durchaus überschaubarer…
Die Salzseen machen im Januar nicht viel her, aber da ist ja auch nicht Salzgewinnungshochsaison. Was aber immer wieder beeindruckend ist, sind die Salzhügel. Groß, weiß, gerne mit Spiegelbild. Bei unserem Besuch kam noch ein leidlich blauer Himmel hinzu (die Sonne ging eine Stunde später unter, da hat sich’s mit Kräftigblau) – und als Gimmick gab’s eine portugiesische Fahne on top. Also alles fein für den Fotografen, der (oder die) sich an weiteren unzähligen Vögeln ebenso erfreuen kann wie an den Spiegelungen der Wolken und der Landschaft.
Wo die Wirtschaftswege für die Salzgewinner aufhören, beginnt der Trilho São Lourenço, ein Wanderweg zwischen Salzseen und Golfplatz – als Lehrpfad mit Tafeln zum Schlauwerden, damit auch unsereins weiß, dass die Gesteinsreste von einem römischen Pökelbehälter aus dem 2. Jahrhundert stammen, dass hier Mastix, Zistrose, Saganho-Mouro gedeihen und man Düfte von Thymian und Rosmarin schnuppern kann – oder dass man neben blauer Elster oder Wiedehopf („sind hier weit verbreitet“) mit etwas Glück ein Chamäleon sehen kann. Uns war dieses Glück noch nie hold, zumindest in der Natur. Die Hinweisplakate jedoch waren zahlreich!
Die insgesamt fünf Pökelbehälter sehen für sich genommen so unspektakulär aus, wie man das von alten Steinresten erwaerten kann. Aber Dank des Erklärschilds wird’s dann doch spannend: Die Behälter wurden für das Einsalzen von Fisch gebaut, um dessen Lagerzeit zu verlängern. In diesen Behältern wurde auch „Garum“ hergestellt, das als Gewürz verwendet wurde und durch Einweichen und Fermentieren von Fischen und ihren Eingeweiden gewonnen wurde. Man möchte sich nicht vorstellen, wie das schmeckte, selbst wenn aromatische Kräuter zugesetzt wurden. Die Tanks wurden mit „opus signinum“, einer Mischung aus Kalk, Sand und zerkleinerten Ziegeln, abgedichtet. In der Römerzeit gab es auch eine Abdeckung zum Schutz der Tanks.
Aus den 2020 noch teils unbefestigten (und gezeitenabhängig gegebenenfalls schmalen oder fußnassen) Wegen wurde mittlerweile ein höher gelegener Holzpfad, den wir 2023 gingen. Diese Wege über der Natur haben wir in der Ria Formosa häufig gesehen – und ich finde sie gut, tritt man dabei doch nicht die Landschaft mit Füßen. Außerdem verhindern so gestaltete Wege auch ein Ausbüxen in die Umgebung, was zu noch mehr Schäden führen kann – Touristen (m/w/d) sind ja nicht immer die Vernünftigsten…
Der 320 Meter lange Holzsteg zum Strand soll einer der längsten Europas sein, er führt über das Haff – das je nach Tide logischerweise mehr oder weniger Wasser führt. Die winterlichen Sonnenuntergänge inszenieren die Brücke besser als gleißendes Tageslicht – da hatten wir mit der 2020er Wanderung also Glück mit dem Timing.
Man kann nicht alles haben: Sonnenuntergangsbrücke bedeutet ja Ende der Wanderung, was aber schade wäre. Wir sind also 2023 zwei Stunden vor Sonnenuntergang über die Brücke bis zum Meer. Rückblickend stellt man (ich: überrascht) fest, dass die Brücke gar nicht so gerade ist, wie sie vom Festland aus wirkt. Next Non-Stop: Gigi’s Beach Bar. Nach einem Umzug (30 Meter, kann man nachlesen) ist die neue Bar ganz die alte – nur besser. Heißt es. Die Bewertungen sind herrlich zu lesen, es gibt offenbar Fans und die anderen. Die Bar hatte geschlossen, so dass wir da nix zu sagen können… Gleich hinter Gigi ist dann eine (weitgehend einzügige und nicht sehr hohe) Düne die Grenze zum offenen Meer. Der Anblick dort kam uns bekannt vor: nach links wolkig bis heiter, nach rechts dräuend-dunkel und nach vorne die sich stetig dem Untergang nähernde Sonne mit nicht zum Baden einladenden Wasser.
Dafür entdeckten wir beim Stapfen durch den Sand Kunst. Also vielleicht war’s ja gar keine, aber ich denke schon, dass die Steine und Hölzer nicht freiwillig so da rumstanden. Vielleicht haben wir auch nicht alle gesehen, denn irgendwann führte der Weg uns offiziell auf die Düne, wo es sich erstens leichter gehen ließ und man zweitens einen guten Überblick behielt (aber wie so oft im Leben: wer den Überblick hat, verliert manchmal den Sinn fürs Detail). Wie auch immer: In Steinen und Stöcken Gesichter zu entdecken macht Spaß! Sich dazu eine Geschichte auszudenken, sicher auch, aber wir wollten heeme – und fürs Geschichtenausdenken muss man zwingend im Sand liegen und aufs Meer schauen.
Am Ende der Dünen beginnt das Dorf. Die Straße ist hier ein Holzsteg, die Häuschen klein und ursprünglich. Das Leben darin konnten wir nicht beobachten – lediglich die Haushunde und die eine oder andere Wäsche ließen gewisse Rückschlüsse ziehen. Und neugierige Blicke in die unmittelbare Umgebung der Häuser ließen den Schluss zu, dass auf dem schmalen Streifen Land zwischen Lagune und Meer noch reichlich Fischer zu wohnen scheinen – würde ja passen. Am Ende des Stegs treffen wir auf die Straße, die hier ja eigentlich endet, wenn man vom Festland kommt. Ein kleines Restaurant, das allgemein sehr gelobt wird für zivile Preise, freundliches Personal und vernünftiges Essen, haben wir nicht besucht (aber das Café Zé – Zéa steht auf dem Plan für einen kommenden Besuch).
Wir sind dann durch die Gassen zwischen den Häuserreihen zurück gegangen, aber wenn es früher ist und die Sonne scheint, sollte man beim Café Zé – Zéa die Treppe hoch und wieder ans Meer. Wir haben das einige Tage zuvor gemacht – da kommen die sonnigen Fotos her. Der Weg direkt hinter den Häusern am Strand führt – welch schöner Zufall! – zum Café de Zé, einem Strandkiosk mit Snacks und Wein und so. Man sollte da nicht ungeduldig sein, denn die Eile wurde hier nicht erfunden. Man steht lange an, wird dann aber belohnt mit einem ordentlichen Humpen Wein, den man am Tisch des Kiosks oder auf einer Bank nahebei oder auf den Stufen zum Meer oder im Sand am Meer genießen kann. Gute Aussicht garantiert!
Karte beider Wanderungen
Es sind zwei Aufzeichnungen, die man oben rechts mit dem Pfadsymbol auswählen kann. Die Beschreibung hier ist eine empfohlene Kombination beider Routen.
Wanderung 2020: 29. Januar | Wanderung 2023: 9. Januar | Strandabschnitt Café de Zé: 3. Januar 2023 (nicht als Pfad auf der Karte)
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