Gerne hätte ich ja ein Foto von der kurzen Szene „Die unsichtbare Frau“ (in die Realität gegendert und übersetzt vom Stück „The invisible Man“ – aber das Unterfangen ist so komplex wie ein Loch zu fotografieren: da wo nichts ist, kann man ja auch nichts sehen. Und dennoch: das nicht Sichtbare kann sehr faszinierend sein, wie man bei der Eröffnungsgala zum 40. Internationalen PantomimeTheaterFestival erleben konnte. Die zwischen Ankündigung der Nummer und Entgegennahme des Publikumsdanks unsichtbare Künstlerin erhielt frenetischen Beifall.
Pantomime, merkte man hier, kann sehr vielseitig sein – zumal wenn das Jubiläumsfestival ja auch noch das Wort Theater im Titel trägt. Tanztheater wäre vielleicht der noch schärfere Begriff, aber Namen sind doch eh Schall und Rauch. Es kommt drauf an, sich fallen zu lassen und sich drauf einzulassen. Die Gedanken beginnen dann ganz von allein zu kreisen, wenn es nachdenklich wird, wenn das Gesehene vielleicht unklar wird und Raum zur Interpretation lässt. Oder wenn, wie eigentlich immer beim Auftreten von Clowns, man einfach mal beherzt lachen darf und das auch tut.
DAVAI ist der Name der Theatergruppe aus Tel Aviv, die von den Künstlern Fyodor Makarov, Losha Gavrielov und Vitaly Azarin gegründet wurde. Musik und Zirkus verschmelzen in ihren Shows zu Geschichten, die die Freude am Theater spürbar machen.Und wenn sich diese Truppe um die Laien kümmert, die im Workshop vor dem Festival die Geheimnisse von Mimik, Gestik und Körperbewegung lernen wollten, dann muss einem nicht bange sein – weder als Beteiligtem noch als Publikum: der Auftritt während der Gala wird dafür sorgen, dass man sich normale Modenshows (so es solche denn überhaupt gibt…) nicht mehr ohne Erinnerung an diese ganz spezielle ansehen kann.

Sara Mangano und Pierre-Yves Massip lernten sich 1994 in der Pantomimenschule von Marcel Marceau kennen, sie treten als Duo Mangano-Massip auf. Ganz alte Schule: wortlos, man hört allenfalls ihren Atem. Bei der Gala erlebte man die Beiden – er: schwarz-weiß, sie im roten Kleid – mit Hamlet und Ophelia. Wer Shakespeare kennt, ahnt: Da ist zwischen Liebe und Wahn reichlich Platz für Drama. Kommenden Samstag (18 Uhr) treten die Beiden mit einer Premiere ihres Stücks „Rèmanence“ auf – und weil das Festival 40 geworden ist, gibt’s im Anschluss noch eine Party im Rudi.
Carlos Aller & Cecilia Bartolino bringen Tanztheater ins Rudi. Bei der Gala nur in Ausschnitten erahnbar, am Sonntag ab 18 Uhr in voller Länge: Saudade – die bittersüße Sehnsucht nach Vergangenem gibt’s vor und die ungelösten Paradoxien unserer Zeit nach der Pause. Die Altersempfehlung der Veranstalter für dieses Stück: ab zehn Jahren. Ganz schön herausfordernd, nach dem was man in der Gala sah. Da passt wahrscheinlich besser die dedizierte Kindervorstellung um 11 Uhr: Paperboy mit Radim Vizváry (Tschechien). Ein nonverbales fantastisches Märchen, gezaubert aus Papier, auf einem minimalistischen Bühnenbild, das die Phantasie des jungen Publikums herausfordert und viel Spaß verspricht.
Infos:
mimedresden.de

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