„Differenzieren – auch wenn es anstrengend ist“

Serkowitzer Volksoper bringt "Diener dreier Herrn"

Serkowitzer Volksoper

Eigentlich müsste man mindestens zwei Geschichten erzählen. Bei beiden spielt die Serkowitzer Volksoper eine tragende Rolle. In der einen geht es um das, was man wohl unbändigen Spielwillen nennt und die neue Produktion Diener dreier Herren. In der anderen gibt es eine (un)heimliche Nebenrolle – nein, eher: eine zweite Hauptrolle. Corona spielt sie, ungeplant und ungewollt, aber wohl auch unvermeidlich.

Fangen wir an mit der ersten Geschichte. Da geht es um die freie Theatergruppe Serkowitzer Volksoper – was, wenn man sie nicht kennt, vielleicht skurril-abschreckend klingt. Wer aber die Truppe um Wolf-Dieter Gööck und Milko Kersten in den vergangenen neun Jahren seit der Gründung erlebt hat, weiß Spielwitz, Improvisationskunst, hintersinnige Texte und erstaunliche Musikvermählungen zu schätzen.

Wolf-Dieter GööckIn diesem Jahr soll es mit der zehnten Saison besonders großes Theater geben: die Verschmelzung dreier Vorlagen mit der zeitübergreifend spannenden Diener-Herr-Konstellation – „die ja erst den Gedankenaustausch, den Dialog über Standesgrenzen hinweg ermöglicht“, wie Wolf-Dieter Gööck es formuliert.  Mit den drei Kombinationen Don Quijote und Sancho Pansa, Don Giovanni und Leporello sowie der Herr Puntila und sein Knecht Matti kommen aus dem 16. Jahrhundert, dem 18. Jahrhundert und dem 20. Jahrhundert drei Diener und drei Harren zusammen. Und wer die Stücke kennt, weiß: da werden sicher auch Frauen eine Rolle spielen (und wer es nicht weiß, hat es sicher schon geahnt). Da gibt’s reichlich zu tun für die sechs Schauspieler auf der Bühne, Rollen- und Kostümwechsel inklusive. Resi Gappel, Modedesign-Studentin in Halle an der Burg, hat sich dafür die wandelbaren farbenfrohen Kostüme ausgedacht.

Milko Kersten„Was wir an Musik machen innerhalb dieses Theaters, hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt!“, sagt Milko Kersten.  Dieses Jahr traut er sich was: die Musik (zusammen mit dem Minimalorchester „Musi nad Labem“ verbindet zwei Opern (Don Giovanni und Puntilla) und, wo es passt, spanische Renaissanceklänge. „Könnte Serkowitz klassische Moderne vermitteln?“, fragt sich Milko Kersten, der Präsident des Sächsischen Musikrats, Orchesterpädagoge am Heinrich-Schütz-Konservatorium Dresden und Professor an der Hochschule für Musik Dresden ist. So ganz traut er sich (noch) nicht, aber mit Paul Dessau gönnt er sich Appetizer in diese Richtung, wenn auch nur in Zitaten. „Aber Mozart trägt den Abend!“, sagt er schnell noch, und dem einen oder der anderen in der hinteren Reihe bei der Pressekonferenz zum Stück entfährt ein „wie schön!“. „Es wird musikalisch eine passende Einheit werden, obwohl wir die verschiedenen Welten reflektieren,“ meint Kersten und ergänzt: „Wir müssen den Mut haben zu differenzieren – auch wenn es anstrengend ist!“

2009 gab Kersten, entnehme ich der Vorstellungsseite beim Musikrat, an der Musikhochschule Wuhan (China) einen Interpretationskurs für Gesang. Das hat direkt nichts mit der zehnten Saison der Serkowitzer Volksoper auf dem Gelände der Saloppe in Dresden zu tun, aber zumindest assoziativ natürlich schon. Aber das ist bereits Teil der zweiten Geschichte, in der es um Infektionsschutzkonzepte, Abstands- und Hygieneregeln geht sowie um die Not, zwar für Publikum zu spielen – aber immer noch nicht genau zu wissen, für wie viele Gäste.

Falk Joost | Uta SchirmerDie Verhältnisse, sie sind eben in diesem Jahr nicht so. Das Opernkollektiv hat sich auf einen Termin nach den Sommerferien geeinigt, in der Hoffnung auf weitere Lockerungen. „Theater ohne Publikum? Wir machen es doch nicht für die Schublade!“, sagt Gööck und fügt an: „Ich glaube, die Dresdner können es gebrauchen!“ Falk Joost, Vorsitzender des Vereins Serkowitzer Volksoper e.V., untermauert den Grundgedanken: „Man hätte ja meinen können, dass wir wegen Corona was Kleines und auf Abstand machen – aber neeeiiiin: die Künstlerinnen und Künstler wollen spielen!“ Schwierig wird es, was die Finanzierung anbelangt, sowieso. Nach derzeitigem Stand der Dinge können statt der üblichen 157 Zuschauer (m/w/d) vielleicht noch 42 rein – nicht des Anstands, sondern des Abstands wegen.

Aber: „Sie alle können uns in den kommenden Wochen über ein Crowdfunding Spenden zukommen lassen“, berichtet Falk Joost. Der Verein nutzt dafür wieder 99 Funken, die Crowdfunding-Plattform der Ostsächsischen Sparkasse Dresden, die die ersten 1000 Spenden-Euro (ab einer Einzelspende von 5 Euro) bis spätestens 30. Juni 2020 verdoppelt. Danach geht’s aber weiter, nur nicht mehr mit dem Doppler-Effekt: die Crowdfunding-Kampagne der Serkowitzer Volksoper läuft bis einschließlich 20. Juli 2020 und ist unter dem Link www.99funken.de/serkowitzer-volksoper-2020 abrufbar.

Vorstellungstermine

  • Montag, 17. August 2020 (Premiere)
  • Mittwoch, 19. August 2020
  • Sonntag, 23. August 2020 (Doppelvorstellung)
  • Montag, 24. August 2020
  • Mittwoch, 26. August 2020
  • Mittwoch, 02. September 2020
  • Sonntag, 06. September 2020
  • Montag, 07. September 2020
  • Mittwoch, 09. September 2020

jeweils 19.30 Uhr (Einlass ab 18.30 Uhr)
am 23. August 2020 zusätzlich 15.00 Uhr (Einlass ab 14.00 Uhr)

Preise

  • Vorverkauf 25 € / ermäßigt 18 € (je zzgl. VVK-Gebühren)
  • Abendkasse 28 € / ermäßigt 20 € (ggf. Restkarten)

Ort

Sommerwirtschaft Saloppe, Brockhausstraße 1, 01099 Dresden
(Freiluft, aber regensicher…)

www.serkowitzer-volksoper.de

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