Das PopUp-Restaurant mit Musik

Kochsternstunden 2018: Verena Leister und ihr Popup-Restaurant Flavour Blast

KSS18 Verena Leister

Ach Dresden, Du kannst es gut haben! Da gibt es, nur so zum Beispiel, in der Dresdner Neustadt eine Gaststätte, in der man ganz old style beim Essen (genauer: zwischen den Gängen) eine musikalische Horizonterweiterung serviert bekommt. Und in der man beim Konzert (also genauer: in den Pausen) vorzüglichst kulinarisch verwöhnt wird. Und in der, wenn man denkt, das alles vorbei sei, die Köchin nach ihrem harten Arbeitstag aus der Küche kommt, zum Mikrofon greift und sich zur Band gesellt, um den Stress zu vergessen: Hit the road, Jack.

Verena Leister (Text aus ihrer Webseite: Hallo, ich bin Verena, 25 Jahre alt und leidenschaftliche Köchin) bittet während der Kochsternstunden jeden Freitag und Samstag ins Bistro Feinsinn in der Louisenstraße. Dort erwartet die maximal 16 Gäste ein Sechs-Gang-Menü und immer mal wieder eine andere Combo zur Live-Musik. Verena ist gut verdrahtet in der Szene, wer kommt, ist also nicht nur Musiker*in, sondern auch Freund des Hauses. Das macht einen nicht unwesentlichen Teil der Stimmung aus, sie ist nämlich fabelhaft familiär und locker. Dieses Wochenende dabei: die bezaubernde Miss Sophie & Friends. Außerdem, und damit ist die Liste der (arbeitenden) Mitwirkenden des Abends dann auch schon komplett, noch eine Freundin: Ariane – „meine Servicefee!“.

Verena hat 2016 bei der Sat 1-Show „The Taste“ mitgemacht. Da hat sie nicht nur was vom Show-Biz gelernt, sondern auch mit Löffeln gut umzugehen. Und zwar nicht mit solchen in der Küche, sondern mit solchen am Gast. Der ganze Geschmack eines Ganges, komprimiert in einem Happs: das ist die Philosophie und das Geheimnis insgesamt des PopUp-Restaurants Flavour Blast, bei dem der Name einen Abend lang Programm ist – Geschmacksexplosion. Wenn es sein muss, kann Verena (gerne zusammen mit der Löffelbande, die sich bei der TV-Show kennengelernt hat) einen ganzen Abend mit Löffeln gestalten. Während der Kochsternstunden gibt’s aber nur zum Beginn und zum Ende was auf die Löffel.

Der Starter vereinte Kalbstatar in Amaranth & Rosmarin | Avocadocreme | Tomatengel | Sesamkeks. Alles eng beieinander, vorder-/hinter-/über-/untereinander – und bitte auf jeden Fall auf einmal zu essen, wie die Köchin verriet: Sie baue ihre Löffel so auf, dass die diversen Geschmäcker, gemeinsam eingenommen, gerade richtig auf der Zunge zu liegen kämen. Und ja: es sieht vielleicht komisch aus. Aber wenn alle essen, sehen sie’s ja nicht. Ein fulminanter Anfang, der seine Fortsetzung, rein geschmacksbombentechnisch gesehen, im zweiten Gang fand. Zander | Mais-Basilikumcreme | Chorizosud | Wurzelchips bekam durch den Sud eine extrem pikante Schärfe, die fein kontrastierte mit der fruchtigen Mais-Basilikumcréme und natürlich dem perfekt gegarten Zander. Mein Lieblingsgang! Der Wein hierzu gehörte ebenfalls in die Kategorie „Zum Niederknieen“: ein 2015 Riesling&Traminer von Martin Schwarz. Und das wichtigste: er passte hervorragend zum Essen!

Vor dem Hauptgang ein Sorbet ist immer eine gute Idee, das hier servierte war zwar wieder ein Geschmacksknaller – aber es musste im Kontext des (auf Holz servierten) Gangs Granny Smith Sorbet | Kernölmajonaise | Kürbiskerncrunch | Feldsalat | Sellerie konfiert & karamellisiert zurücktreten und der Sellerie den Vortritt lassen. Wie sie diese Geschmacksintensität hinbekommen habe, wollten wir wissen. „Ganz sanft in Butter konfiert!“ lautet das Nichtmehrgeheimnis – unterm Siedepunkt, damit nichts anbrät, um das mal so flapsig zu schreiben. Immer eine Extra-Erwähnung bei der Frau Leister sind die crunchy Bestandteile eines Ganges. Scheint ein sehr gepflegtes und geliebtes Hobby zu sein! Kein Geheimnis der Wein zum Gang: die Chimäre de Saxe von Frédéric Fourré, erwiesenermaßen (siehe hier und hier) einer unserer Lieblingsweine des französisch-sächsischen Winzers.

Kein Gang ohne eine Besonderheit – bei Lamm | Erbsencreme | Cranberrychutney | Kartoffel „Schoarn“ | Schwarzwurzel | Rotweinjus hatten wir uns offensichtlich schon so an intensiven Geschmack und perfekte Garpunkte gewöhnt, dass wir das Besondere im wahrscheinlich ganz einfachen fanden: Dem thüringischen Schoarn (haben wir auch, wie bei regionalen Gerichten nicht unüblich, in anderen Schreibweisen als Schuorn, Schorn etc gefunden) hat Verena Kartoffeln und Zwiebeln hinzugefügt – ob die Mutter als „beste Bäckerin ever“ als Vorbild das gut findet, weiß Verena noch nicht – die Mutter kommt erst demnächst nach Dresden. Dieser Kartoffelkuchen erhielt von uns das Prädikat besonders saucenfreudig, weil er dem köstlichen Rotweinjus eine sehr solide Basis lieferte. Unser Wein zu diesem Gang kam aus der Pfalz, hieß Franka und war ein 2012 Blaufränkisch Barrique von Adriane Moll, dem man seine 48 Monate im Barrique wohlwollend abnahm.

Und was war das Besondere beim Dessert? Auf jeden Fall der Teller! Handgemacht vom Vater, solide Buche, ein Handschmeichler mit Serviergriff. Wir haben ihn gleich mal aufs Podest gestellt zum Fotografieren, weswegen sich dieser Teil des Desserts Cognaceis | Zweierlei Banane | Erdnussmousse | weiße Schokolade über den zweiten erhob: das war eine decollagierte Zitronentarte, die in einer Blechdose serviert wurde „und möglichst zum besseren Geschmacksempfinden nach dem Rest gegessen werden sollte!“ Wir sind ja brave Gäste und taten wie empfohlen, gönnten uns dazu den einen und vor allem anderen Schluck eines 2016 Ürziger Würzgarten Riesling Spätlese von Dr. Loosen, Mosel. Noch während wir darüber sprachen, ob denn nun das Cognaceis oder die Erdnussmousse der köstlichste Bestandteil dieses Gangs gewesen sei und was uns an der Decollation so sehr an Maoam erinnerte, brachte uns der letzte Löffel erneut ins andächtige Schweigen: Kaffee dekonstruiert heiß | kalt | cremig | knusprig auf dem Löffel: Hammer!

Menü-Preis 6-Gänge-Menü inkl. Aperitif und Livemusik 79 € | Weine nach Verbrauch je 0,1 l für 5 €.

Verena Leister im Bistro Feinsinn
Louisenstraße 75 I
01099 Dresden

Tel. +49 151 / 41639966
www.verenaleister.de

Öffnungszeiten:
Fr – Sa während der Kochsternstunden (2.2.–11.3.2018; Einlass 18.30 Uhr, Dinnerstart 19 Uhr)

[Besucht am 9. Februar 2018 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]


Hinweis:

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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