Laufschuhe waren nicht nötig, Durchhaltevermögen allerdings schon. Abstürze waren nicht auszuschließen, aber wenn ich es richtig sehe, ist keiner abgestürzt, und auch die anderen vom Wort keiner nicht erfassten Geschlechter haben es augenscheinlich alle gut geschafft. Wenn das keine positive Bilanz ist für die Neustadt-Team-Challenge 1.0, die Jens Pietzonka und Jana Schüller von der Dresdner Weinzentrale im Rahmen der Kochsternstunden organisiert hatten! Sechs Stationen waren zu bewältigen. An allen war für das leibliche Wohl gesorgt, wie man so schön schnöde sagen könnte.
Aber schnöde wollen wir ja nicht sein, also gibt’s Details. Beispielsweise, dass sich die 25 Teilnehmer*innen der Challenge in der Weinzentrale trafen, wo Jens Pietzonka aus der kleinsten ihm dafür zur Verfügung stehenden Flaschengröße Bubbly ausschenkte. Das ist ein Sekt von Markus Schneider, der schon insofern ein Spitzensekt ist, als dass die Chardonnay- und Spätburgundertrauben ausschließlich in den hoch gelegenen Bergparzellen gelesen werden. Die erste Gärung erfolgt in kleinen Stahltanks und Tonneau-Fässern, die zweite in der Flasche, die Ziellinie (öffnen, trinken, mehr haben wollen) erreicht Bubbly viel später: Jahrgang 2015 steht auf der Magnum. Auf die Gefahr hin, als unersättlich eingestuft zu werden: auch weil der Begrüßungsdrink fleißig nachgeschenkt wurde und es eine kleine Suppe zur Stärkung und als Grundlage für weitere Grundlagen gab, ließ sich die Challenge prima an.
Dann aber: Abmarsch! Die erste Etappe der Neustadt-Team-Challenge war keine Herausforderung, wir haben sie schon oft geübt, wenn auch ohne den finalen Abschluss: die Haltestelle der Linie 13 ist (don’t drink and drive!) immer die letzte Etappe bei den Besuchen der Weinzentrale. Hinter der Haltestelle befindet sich das Bautzner Tor – eine Gaststätte, die wir schon etliche Male als Ziel angepeilt hatten, aber in die wir es noch nie geschafft hatten. Ein Fehler! Aber wie mal jemand so nett formulierte: „Der Jens (Pietzonka) bringt uns während der Kochsternstunden mit Leuten zusammen, zu denen wir es sonst nicht schaffen!“ Trinkvergnügen verheißt ein Schild vor der Kneipe, Bier macht schön ein anderes. Wir also geschlossen ins Bautzner Tor, wo eine lange Tafel ganz am Ende für den Trupp reserviert war. 25 Typies erregen ja sowieso Aufmerksamkeit, aber wenn sie auch noch mit startnummernähnlicher Ausstattung sich als Teilnehmer einer Challenge zu erkennen geben, provoziert das Gespräche. Am langen Tisch gab’s Elbhang rot für die Damen, die Herren bekamen Bio-Neustadt-Pils. Beide Biere selbst gebraut natürlich, wenn auch nicht mehr (wie früher® mal) in der Gaststätte, sondern in eigenen Produktionsräumen der Hausbrauerei Schwingenheuer in der Neustadt. Die Vorspeise zum Bier erahnte, wer sich auskennt, vorab: Worcester Sauce Dresdner Art stand da dekorativ herum und wartete worauf? Na klar, auf Überbackenes Würzfleisch vom Huhn, das sie im Bautzner Tor für „ab 4,20 €“ verkaufen (das Bier übrigens für 2,20 € im 0,25-l-Glas).
So wohl gestärkt machten wir uns auf, die längste Etappe der Challenge zu wuppen. 800 Meter – das Achtfache der ersten Teilstrecke! Das Ziel war die Kunsthofpassage und dort die lila soße, wo Boris Kögel schon mal einen Wein ausgesucht und auch sonst was vorbereitet hatte. Der Wein hatte schon einige Jährchen auf dem Buckel, es handelte sich um eine trockene 2001 Rüdesheimer Berg Rottland Riesling Spätlese von Carl Ehrhard aus dem Rheingau. Das war nicht Honig im Kopf, aber schon ein wenig Honig im Glas – wie bei einem Wein zu erwarten, der nicht mehr ganz so jugendlich frisch ist. Aaaaber: dann servierten Jana und Jens frisch aus der Küche der lila soße eine auf den ersten Blick abenteuerliche Mischung von Kabeljaufilet mit Seeteufelbäckchen, Rote Beete, Blutwurst und eine Estragonnage. Serviert auf einem Teller, was man eigens erwähnen muss, da die lila soße vor knapp neun Jahren nicht nur durch den Namen auffiel, sondern auch weil sie „als eine Art deutsche Tapas“ (Kögel) ganz viel in Weckgläsern servierten. Und zu diesem Gang, Damen und Herren, da passte der Wein ganz wundervoll. Denn Blutwurst und Beete sind ja auch nicht ganz schwache Geschmackgeber. Prädikat: Lieblingsgang!
Nach dieser Stärkung kamen uns die 700 Meter bis zum nächsten Ziel deutlich kürzer vor – aber vielleicht ging’s ja auch bergab. Das Ziel war das Raskolnikoff, wo uns Ralf Hiener im Wohnzimmer begrüßte. Das Wohnzimmer ist wirklich das Wohnzimmer der Betreiber Ralf Hiener und Petra Burckhardt – aber für Sonderveranstaltungen öffnen sie es für liebe Gäste. Und weil wir alle lieb sind, durften wir rein und uns am Kamin wärmen. Es gab natürlich auch was zu essen (geschmorte Ochsenbacke mit Entenleber und einer dem Wein entsprechenden Sauce) und zu trinken (ein der Sauce entsprechenden Wein: Mea culpa von der Cantine Francesco Minini. Eine zart schmelzende Wuchtbrumme aus Apulien, in der viel Primitivo auf etwas Syrah und Merlot trifft. Die Ochsenbacke mit Entenleber, die dazu angesagt war, ist vielleicht erklärungsbedürftig, weil man ja völlig zu Recht (und auch nach dem bisherigen Pensum diverser Getränke) keinerlei Ente zwischen Ochsenbäckchen vermutet. Richtig: die hatte der Koch geschickt dort eingefädelt, man hätte möglicherweise von mit Entenleber gefüllte Ochsenbäckchen an in reichlich Butter geschmortem Wintergemüse auf ungeheuer schmackofatziger Sauce mit Kloß zum Ditschen reden können– aber das wäre dann ja eventuell zu kompliziert, wenn auch wahr. Wie auch immer: das war ein Komplettangebot, das Körper und Seele wärmte!
Jetzt wäre eine etwas längere Etappe zwecks Verdauung sicher willkommen gewesen – aber bis zum Curry & Co. ist es nun einmal nicht so weit. Wir nutzten zwar noch einen kleinen Umweg, um nicht zu früh einzutreffen, aber ob nun 300 oder 400 Meter –das machte den Kohl auch nicht fett. Das avisierte Dessert bestand erwartungsgemäß aus Currywurst, die ebenso erwartungsgemäß einen ordentlichen Champagner als Getränkebegleitung gereicht bekam. Champagne Charles Heidsieck Brut Réserve aus der Magnum (was hätten wir denn tun sollen?) an Currywurst mit scharfer Sauce (hieß so, war aber nicht dolle hot) auf, immerhin, Steingut und ordentlicher Aufpieksgabel. Bei Wurst und Sauce sollte einem ja nichts egal sein, wir konnten also wählen unter zwei verschiedenen Schweinswürsten (geräuchert und nicht), einer Rindswurst und zwei veganen Varianten sowie sechs Saucen. Da könnte man ja mal alle Kombinationen hin-und-her-wie-quer testen – aber wir mussten ja weiter! Eine Challenge ist schließlich kein Familienspaziergang, sondern eine Herausforderung!
Also spazierten wir weiter gen Start und Ziel – die ganz gewieften hatten sich ihr Glas noch einmal mit Champagner auffüllen lassen und nahmen es mit auf die Reise. Rein mengentechnisch wäre das nicht nötig gewesen, denn verdursten sollte an diesem Abend keiner. Verhungern auch nicht, denn zurück in der Weinzentrale erwartete uns Fritz Blomeyer aus Berlin. Der hatte sich nach Feierabend gen Dresden aufgemacht, um eine Auswahl seiner Käse zu einem Buffett aufzubauen. Auch die Angebotstafel in der Weinzentrale wurde aktualisiert: Hier standen, passend zum Buffet, acht Positionen zum Aussuchen. Musste man nicht alle probieren, aber so ein wänziges Schlöckchen vom 2004 Altenberg Riesling der Weinfunatiker ist ja nie verkehrt…
Eine Siegerehrung fand nicht statt – alles nur glückliche Gewinner! Und der Chronist ging danach die erste Etappe erneut ab, aber dieses Mal nur bis zur Haltestelle…
Neustadt-Team-Challenge 1.0
Strecke von 2,6 km mit 5 Verpflegungsstationen. Laufschuhe nicht erforderlich.
- Start – Aperitif in der Weinzentrale
- (100 m) Vorspeise im Bautzner Tor
- (800 m) Zwischengang in der Lila Soße / Kunsthofpassage
- (700 m) Hauptgang im Raskolnikoff
- (300 m) „Dessert“ bei Curry&Co mit Champagnerbegleitung
- (700 m) Ziel – Käsebuffet mit Fritz Blomeyer aus Berlin in der Weinzentrale
Viele Gänge, inkl. Wasser, Champagner und Weinbegleitung 135,00 €
Weinzentrale
Hoyerswerdaer Straße 26
01099 Dresden
Tel. +49 351 / 89966747
www.weinzentrale.com
Öffnungszeiten
Mo – Fr ab 17 Uhr
Hinweis:
Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.
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